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<h1>Was ist ständige Verfügbarkeit?</h1>
 
<h1>Was ist ständige Verfügbarkeit?</h1>
Ständige Verfügbarkeit definiert sich durch die unregulierte Verfügbarkeit für Arbeitsanforderungen außerhalb der außerhalb der tariflichen oder vertraglichen geregelten Arbeitszeit. Hierbei findet eine Kontaktierung der Beschäftigten zu dienstlichen Belangen statt. Die Kontaktaufnahme kann telefonisch, über Instant-Messenger oder über E-Mail erfolgen. Ständige Verfügbarkeit geht über einmalige Kontaktaufnahmen außerhalb der regulären Arbeitszeit hinaus und wird als ein Zustand verstanden, der durch die fremd- oder selbstbestimmte Erreichbarkeitserwartung definiert ist. Folglich zeichnet sich dieser Zustand durch eine ständige Ansprechbarkeit und Reaktionsbereitschaft des Beschäftigten aus (Bergman & Gardiner, 2007) Die Erreichbarkeit der Beschäftigten auch außerhalb der vereinbarten Arbeitszeit stellt ein verbreitetes Phänomen dar. So geben beinahe die Hälfte der Beschäftigten in Europa an, in der Freizeit oft oder manchmal zu berufliche Angelegenheiten kontaktiert zu werden (Arlinghaus & Nachreiner, 2013). Neben der ständige Verfügbarkeit außerhalb der regulären Arbeitszeit gibt es tariflich und zeitlich befristete Verfügbarkeiten. So gibt es beispielsweise in der Großindustrie technische Mitarbeiter, die im Falle einer technischen Störung jederzeit erreichbar sein müssen. Diese Verantwortung wird hierbei zusätzlich vergütet. Das folgende Kapitel beschäftigt sich jedoch vorrangig mit der unregulierten Verfügbarkeit für Arbeitsanforderungen, ihren Folgen und Belastungen für das Individuum und entsprechenden Interventionsmöglichkeiten.
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Ständige Verfügbarkeit definiert sich durch die unregulierte Verfügbarkeit für Arbeitsanforderungen außerhalb der außerhalb der tariflichen oder vertraglichen geregelten Arbeitszeit. Hierbei findet eine Kontaktierung der Beschäftigten zu dienstlichen Belangen statt. Die Kontaktaufnahme kann telefonisch, über Instant-Messenger oder über E-Mail erfolgen. Ständige Verfügbarkeit geht über einmalige Kontaktaufnahmen außerhalb der regulären Arbeitszeit hinaus und wird als ein Zustand verstanden, der durch die fremd- oder selbstbestimmte Erreichbarkeitserwartung definiert ist. Folglich zeichnet sich dieser Zustand durch eine ständige Ansprechbarkeit und Reaktionsbereitschaft des Beschäftigten aus (Bergman & Gardiner, 2007). Die Erreichbarkeit der Beschäftigten auch außerhalb der vereinbarten Arbeitszeit stellt ein verbreitetes Phänomen dar. So geben beinahe die Hälfte der Beschäftigten in Europa an, in der Freizeit oft oder manchmal zu berufliche Angelegenheiten kontaktiert zu werden (Arlinghaus & Nachreiner, 2013). Neben der ständige Verfügbarkeit außerhalb der regulären Arbeitszeit gibt es tariflich und zeitlich befristete Verfügbarkeiten. So gibt es beispielsweise in der Großindustrie technische Mitarbeiter, die im Falle einer technischen Störung jederzeit erreichbar sein müssen. Diese Verantwortung wird hierbei zusätzlich vergütet. Das folgende Kapitel beschäftigt sich jedoch vorrangig mit der unregulierten Verfügbarkeit für Arbeitsanforderungen, ihren Folgen und Belastungen für das Individuum und entsprechenden Interventionsmöglichkeiten.
 
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<h1>Antezenden von ständiger Verfügbarkeit</h1>
 
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==Sofortmaßnahmen==
 
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Durch mobile Technologien und neue Kommunikationsmittel können wir räumlich und zeitlich flexibel arbeiten. Smartphones oder auch Laptops erlabuen uns die Arbeit von zu Hause oder unterwegs. Diese neue Art des Arbeitens bietet Chancen und Risiken. Die ständige Verfügbarkeit stellt dabei insbesondere ein Risiko dar, denn die neuen Kommunikationsmittel fördern die Erwartungen der Beschäftigten auch außerhalb der regulären Arbeitszeit erreichbar sein zu müssen (Bergman & Gardiner, 2007). Konsistent mit dieser Argumentation geht mit mobilen Technologien ein höherer Arbeitsumfang und längere Arbeitszeiten einher (Tower, Duxbury & Thomas, 2005). Mithilfe der unten aufgeführten Sofortmaßnahmen kann die eigene Verfügbarkeit für beruflichen Belange außerhalb der Arbeitszeit selbstbestimmt reguliert werden. Dies geschieht, unter anderem, indem die mobilen Technologien als Kommunikationsmittel bewusst eingesetzt und ausgeschaltet werden. Eine Checkliste kann helfen, die Selbstreflexion anzuregen und erste Gegenmaßnahmen einzuleiten.
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Durch mobile Technologien und neue Kommunikationsmittel können wir räumlich und zeitlich flexibel arbeiten. Smartphones oder auch Laptops erlabuen uns die Arbeit von zu Hause oder unterwegs. Diese neue Art des Arbeitens bietet Chancen und Risiken. Die ständige Verfügbarkeit stellt dabei insbesondere ein Risiko dar, denn die neuen Kommunikationstechnologien fördern die Erwartungen der Beschäftigten auch außerhalb der regulären Arbeitszeit erreichbar sein zu müssen (Bergman & Gardiner, 2007). Konsistent mit dieser Argumentation geht mit mobilen Kommunikationstechnologien ein höherer Arbeitsumfang und längere Arbeitszeiten einher (Tower, Duxbury & Thomas, 2005). Mithilfe der unten aufgeführten Sofortmaßnahmen kann die eigene Verfügbarkeit für beruflichen Belange außerhalb der Arbeitszeit selbstbestimmt reguliert werden. Dies geschieht, unter anderem, indem die mobilen Technologien als Kommunikationsmittel bewusst eingesetzt und ausgeschaltet werden. Eine Checkliste kann helfen, die Selbstreflexion anzuregen und erste Gegenmaßnahmen einzuleiten.
 
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Revision as of 22:29, 26 October 2019

Was ist ständige Verfügbarkeit?

Ständige Verfügbarkeit definiert sich durch die unregulierte Verfügbarkeit für Arbeitsanforderungen außerhalb der außerhalb der tariflichen oder vertraglichen geregelten Arbeitszeit. Hierbei findet eine Kontaktierung der Beschäftigten zu dienstlichen Belangen statt. Die Kontaktaufnahme kann telefonisch, über Instant-Messenger oder über E-Mail erfolgen. Ständige Verfügbarkeit geht über einmalige Kontaktaufnahmen außerhalb der regulären Arbeitszeit hinaus und wird als ein Zustand verstanden, der durch die fremd- oder selbstbestimmte Erreichbarkeitserwartung definiert ist. Folglich zeichnet sich dieser Zustand durch eine ständige Ansprechbarkeit und Reaktionsbereitschaft des Beschäftigten aus (Bergman & Gardiner, 2007). Die Erreichbarkeit der Beschäftigten auch außerhalb der vereinbarten Arbeitszeit stellt ein verbreitetes Phänomen dar. So geben beinahe die Hälfte der Beschäftigten in Europa an, in der Freizeit oft oder manchmal zu berufliche Angelegenheiten kontaktiert zu werden (Arlinghaus & Nachreiner, 2013). Neben der ständige Verfügbarkeit außerhalb der regulären Arbeitszeit gibt es tariflich und zeitlich befristete Verfügbarkeiten. So gibt es beispielsweise in der Großindustrie technische Mitarbeiter, die im Falle einer technischen Störung jederzeit erreichbar sein müssen. Diese Verantwortung wird hierbei zusätzlich vergütet. Das folgende Kapitel beschäftigt sich jedoch vorrangig mit der unregulierten Verfügbarkeit für Arbeitsanforderungen, ihren Folgen und Belastungen für das Individuum und entsprechenden Interventionsmöglichkeiten.

Antezenden von ständiger Verfügbarkeit

Die Gründe einer ständigen Verfügbarkeit für Arbeitsbelange auch außerhalb der regulären Arbeitszeit sind vielfältig. Sie reichen von der direkten Einforderung der ständige Verfügbarkeit etwa durch Vorgesetzte und Kollegen über eine entsprechende Arbeitskultur bis hin zu einer freiwilligen und aus individuellem Antrieb gelebten Verfügbarkeit für die gestellten Arbeitsanforderungen. Im Sinne des Job-Demand-Resources-Modell von Bakker & Dermerouti (2007) kann die ständige Verfügbarkeit als eine Anforderung, die an die Beschäftigen gestellt wird, definiert werden. Eine Häufung von Anforderungen kann jenem Modell nach verschiedenste negative Folgen haben wie beispielsweise Stress, Depressionen oder gesundheitliche bzw. körperliche Beschwerden. Entsprechende negative Folgen können jedoch durch die vorhandenen Ressourcen gemildert werden (Bakker & Dermerouti, 2007). Die Folgen von ständiger Verfügbarkeit werden im Abschnitt 2.1 weiter ausgeführt. Auch eine vermutete oder wahrgenommene Erwartung anderer (subjektive Norm) entsprechend der Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen,1985) kann für die ständige Verfügbarkeit der Beschäftigten ursächlich sein. Demnach entwickelt sich aus der Überzeugung, dass die ständige Verfügbarkeit beispielsweise von Seiten des Arbeitgebers oder der Führungskraft erwartet wird, und der Motivation dieser Erwartung gerecht werden zu wollen, ein entsprechendes Verhalten, welches sich etwa in ständiger Ansprechbarkeit und Reaktionsbereitschaft zeigt. Seitens der Beschäftigten spielen insbesondere motivationale Faktoren wie beispielsweise Spaß an der Arbeit oder das Streben nach Anerkennung (Ohly & Latour, 2014) sowie eine hohe Identifikation mit der Arbeitsdomäne eine wichtige Rolle und bilden somit zentralen Beweggrund, sich auch außerhalb der regulären Arbeitszeit mit beruflichen Belangen zu beschäftigen (Matthews & Barnes-Farrell, 2010). Schließlich sind auch der Einsatz und die Weiterentwicklung von Kommunikationstechnologien, die die ständige Erreichbarkeit der Beschäftigen erst ermöglichen, für das Phänomen der ständigen Verfügbarkeit und letztendlich auch für die Entwicklung von Gegenmaßnahmen von großer Bedeutung (Bergman & Gardiner, 2007).

Fragen zur Selbstreflexion
Folgende Fragen können helfen, um die eigenen Beweggründe für eine ständige Verfügbarkeit für berufliche Anforderungen zu reflektieren:

  • Wird die ständige Verfügbarkeit von mir verlangt? Wer verlangt von mir, ständig verfügbar zu sein?
  • Warum bin ich für Kollegen, Kunden oder meinen Vorgesetzten ständig erreichbar? Welcher Beweggrund steckt dahinter?

Folgen von ständiger Verfügbarkeit: Empirische Zusammenhänge


Skala zur Erfassung von Verfügbarkeit


Was kann man machen, um den Folgen von ständiger Verfügbarkeit entgegenzuwirken?

Ständige Verfügbarkeit kann eine Anforderungen an die Beschäftigen darstellen, die negative Folgen für die Gesundheit und das indiviuelle Wohlbefinden mit sich bringt. In dem folgenden Abschnitt werden verschiedene kurz- und langfristige Maßnahmen und Interventionsmöglichkeiten vorgestellt, mit denen den negativen Folgen von ständiger Verfügbarkeit begegnet werden kann.

Sofortmaßnahmen

Durch mobile Technologien und neue Kommunikationsmittel können wir räumlich und zeitlich flexibel arbeiten. Smartphones oder auch Laptops erlabuen uns die Arbeit von zu Hause oder unterwegs. Diese neue Art des Arbeitens bietet Chancen und Risiken. Die ständige Verfügbarkeit stellt dabei insbesondere ein Risiko dar, denn die neuen Kommunikationstechnologien fördern die Erwartungen der Beschäftigten auch außerhalb der regulären Arbeitszeit erreichbar sein zu müssen (Bergman & Gardiner, 2007). Konsistent mit dieser Argumentation geht mit mobilen Kommunikationstechnologien ein höherer Arbeitsumfang und längere Arbeitszeiten einher (Tower, Duxbury & Thomas, 2005). Mithilfe der unten aufgeführten Sofortmaßnahmen kann die eigene Verfügbarkeit für beruflichen Belange außerhalb der Arbeitszeit selbstbestimmt reguliert werden. Dies geschieht, unter anderem, indem die mobilen Technologien als Kommunikationsmittel bewusst eingesetzt und ausgeschaltet werden. Eine Checkliste kann helfen, die Selbstreflexion anzuregen und erste Gegenmaßnahmen einzuleiten.










Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen

Ständige Verfügbarkeit kann subjektiv oder kulturell erwartet werden. Deswegen sehen Experten vor allem Unternehmen und Organisationen in der Pflicht zu regulierenden Maßnahmen (IGA-Report, 2013). Diese Maßnahmen sind jedoch sehr aufwendig (vgl. Volkswagen AG: Ausschalten der Mailserver) und dementsprechend noch nicht die Regel. Es ist folglich davon auszugehen, dass der Mitarbeiter in der nahen Zukunft eigenverantwortlich für seine Gesundheit und sein persönliches Wohlbefinden zuständig bleibt. Beschäftigte können den negativen Folgen von ständiger Verfügbarkeit und den damit einhergehenden Belastungen durch Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen entgegenwirken.

Entspannungsübung
Die Muskelrelaxation nach Jacobsen ist eine effektive Methode, um im ganzen Körper Verspannungen in den Muskeln zu lösen und dadurch zu einer tieferen Entspannung zu gelangen. Durch eine häufige Wiederholung der Übung kann immer schneller der Zustand der Entspannung erreicht werden. Zu Beginn wird empfohlen in liegender Position (evtl. vor dem Einschlafen) die Übung mithilfe der langen Audio-Anleitung durchzuführen. Mit zunehmender Übung kann die Muskelrelaxation nach Jacobsen auch im Sitzen (bspw. im Büro) mithilfe der kurzen Audio-Anleitung durchgeführt werden. Unter diesem Link finden Sie beide Audio-Anleitungen: https://www.tk.de/techniker/magazin/life-balance/aktiv-entspannen/progressive-muskelentspannung-zum-download-2021142

Achtsamkeitsübung
Achtsamkeit ist die Fähigkeit wahrzunehmen ohne zu bewerten. Achtsam kann man nur im Hier und Jetzt sein. Die Gedanken sollten daher nicht zu den ToDo-Listen oder einer Rekapitulationen von Meetings abwandern. Achtsamkeit kann bei der Stressreduktion und Entspannung helfen. Die Übung Body-Scan geht schrittweise durch den Körper von den Füßen bis hin zum Kopf. Der Körper, die Empfindungen und Gefühle sollen auf diese Weise intensiver gespürt werden. Die Übung kann mit und ohne Musik hier online heruntergeladen werden: https://www.tk.de/techniker/magazin/life-balance/aktiv-entspannen/body-scan-download-2007110

Einstellungen, Gedanken und Verhalten gezielt verändern

  1. Schritt: Schaffung eines Bewusstseins
  2. Wie häufig beantworte ich in meiner Freizeit berufliche E-Mails bzw. nehme Anrufe entgegen? Führen Sie ein Ritual ein: Bei jedem Anruf, bei jeder E-Mail, die Sie in Ihrer Freizeit beantworten, legen Sie eine Kugel in ein Glas. Sie können dafür auch das folgende Handout ausdrucken und mit einer Strichliste Buch führen.











    Wie lange beschäftige ich mich mit arbeitsrelevanten Themen bzw. tue etwas für die Arbeit nach Feierabend/ am Wochenende/ an Feiertagen/ im Urlaub? Um die Dauer der unregulierten Arbeitszeit zu messen, tracken Sie die Bildschirmzeit über mehrere Tage hinweg.

  3. Schritt: Reflektion
  4. Wie fühle ich mich dabei? Was macht das mit mir? Führen Sie mit dem folgenden Handout Tagebuch über Ihre Gedanken und Gefühle im Laufe des Tages.












Literatur


Weiterführende Literatur