Emotionsarbeit - Was können Arbeitgeber tun?

From Praeventa
Revision as of 18:57, 9 November 2019 by Jenny (talk | contribs) (Was kann das Unternehmen tun?)
Jump to navigation Jump to search

Was ist Emotionsarbeit?

Emotionsarbeit bedeutet, dass eine Person auf der Arbeit bestimmte Gefühle zeigen soll, wenn sie in Kontakt mit anderen (außenstehenden) Personen tritt. Diese Gefühle werden von ihr erwartet und sie hat sich dementsprechend zu verhalten, indem sie Mimik, Gestik und Stimme daran anpasst. Dabei kann es sein, dass das gezeigte Gefühl nicht mit dem eigentlichen Gefühl der Person übereinstimmt. Emotionsarbeit ist eine bezahlte Arbeit, bei der ein Kontrollieren (Management) der eigenen Emotionen notwendig ist. Dieses Management hat zur Folge, dass durch Mimik, Stimme und Gestik ein bestimmtes Gefühl zum Ausdruck gebracht wird, unabhängig davon, ob dies mit den eigenen inneren Empfindungen übereinstimmt oder nicht.[1]

Warum ist es wichtig, auf Emotionsarbeit zu achten?

Als Mitarbeiter bestimmte Gefühle zeigen zu müssen ist besonders im Dienstleistungssektor ein wichtiges Thema. Egal ob diese vor Kunden, Patienten oder Schülern gezeigt werden sollten, bei allen ist Emotionsarbeit fast immer gefordert [1],[3]. Aber auch beim Umgang mit Kollegen oder Vorgesetzten kann Emotionsarbeit geleistet werden. Dabei geht es nicht nur darum, ein positives Gefühl zu erzeugen, sondern oft auch darum, ein negatives zu unterdrücken. Mitarbeitende haben zwei Möglichkeiten, die gewünschten Gefühle zu erzeugen: Sie können sie entweder nur oberflächlich darstellen (psychologisch: Oberflächenhandeln) oder versuchen, sie selbst zu verspüren und daraufhin zu zeigen (psychologisch auch Tiefenhandeln genannt). Wenn die Person das gezeigte Gefühl so nicht empfindet, hat das häufig zur Folge, dass es dem Gegenüber nicht glaubhaft erscheint. Es kommt darüber hinaus zu einem Widerspruch zwischen den wahren und den gezeigten Gefühlen der Person. Dies kann Stress verursachen und langfristig sogar ein Burnout hervorrufen. Viele Studien haben bereits zeigen können, dass in Bereichen, in denen viel Emotionsarbeit gefordert ist (z.B. bei Call Center Agenten, Lehrern, im Kranken- und Pflegedienst usw.), Burnout als Berufskrankheit zu sehen ist. Um dem vorzubeugen, ist Tiefenhandeln langfristig gesehen dem Oberflächenhandeln vorzuziehen [2][3]. Die gewünschten Emotionen auch zu empfinden ist jedoch gar nicht so leicht. Deshalb ist es für Betriebe interessant, wie sie ihre Mitarbeiter bei Emotionsarbeit unterstützen können und somit langfristig deren psychische Gesundheit aufrecht erhalten.

Was kann das Unternehmen tun?

Soziale Unterstützung kann vor emotionaler Erschöpfung schützen. In Zusammenhang mit Emotionsarbeit helfen verschiedene organisationale Interventionsmaßnahmen, welche die Emotionsarbeit nicht reduzieren, jedoch deren Bedingungen optimieren. Diese Maßnahmen konzentrieren sich auf die emotionalen Anforderungen, die stressauslösenden Situationen (in der Psychologie "Stressoren" genannt) sowie die möglichen Energiequellen, also Dinge die Kraft spenden können (psychologisch "Ressourcen" genannt). [4]

1. Anpassung emotionaler Anforderungen:
Emotionale Anforderungen an den Stelleninhaber können durch Job Rotation oder Teilzeitanstellungen verringert werden.

2. Vermeidung von Stressoren:
Stressoren mit emotionalem Gehalt, z.B. durch lange Wartezeiten verärgerte Kundinnen und Kunden, können durch Arbeitsgestaltungsmaßnahmen verhindert werden. Lange Wartezeiten können durch genügend Personal verhindert werden. Fehlende Informationen beim Dienstleistungspersonal, welches zu Wutausbrüchen bei den Kundinnen und Kunden führen könnte, kann durch Schulungen vorgebeugt werden.

3. Stärkung von Ressourcen:
Emotional belastende Situationen können durch die Erhöhung des Handlungsspielraums oder bessere Kontrollmöglichkeiten verringert werden. Eine Studie aus dem Jahre 2012 an 326 Sachbearbeitenden eines Versicherungsunternehmens zeigt, dass insbesondere die Erhöhung situativer Kontrollspielräume, also die individuelle Gestaltung des zeitlichen Ablaufs sowie der Art der Aufgabenbearbeitung, als schützende Ressource dienen und somit Burnout vorbeugen kann (Freund et al., 2012).


Die Organisation hat dabei verschiedene Möglichkeiten:

  • Die Mitarbeitenden verfügen bei den Darbietungsregeln über einen gewissen Ermessensspielraum.
  • Die Mitarbeitenden verfügen über einen Zeitspielraum, z. B. durch Kurzpausen und Auszeiten.
  • Die Mitarbeitenden verfügen über einen Entscheidungsspielraum, beispielsweise der Möglichkeit einer Übergabe von »schwierigen Fällen« an andere Mitarbeitende.
  • Mitarbeitende werden bereits im Auswahlprozess auf ihre emotionale Stabilität hin geprüft (Person-Job-Fit, 7 Kap. 6, vgl. Nerdinger, 2011).

Tipps aus der Praxis

  • Offene Tür beim Vorgesetzten und Bereitschaft für Gespräche
  • MA-Gespräche 1x jährlich (auch Teamleitung darf diese führen)
  • Kleine Büros statt Großraumbüro
  • Sozialberatung/ wöchentliche psychologische Sprechstunde im Unternehmen
  • Vorleben & Akzeptanz der Führungskraft von Gesundheitsmaßnahmen
  • Mitarbeiter für Emotionsarbeit sensibilisieren und aufklären
  • Einzelne gezielte Aktionen (z.B. Entspannungsmaßnahmen) für kleine, bestimmte Gruppen anbieten
  • Arbeitszeit für solche Maßnahmen zur Verfügung stellen

Literatur

[1] Kauffeld, S., & Martens, A. (2014). Arbeitsanalyse und -gestaltung. Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (S. 211-240), (S. 290-291). Heidelberg: Springer.
[2] Nerdinger, F. (2012). Emotionsarbeit im Dienstleistungsbereich. Report Psychologie, 37, 1, 8-18.
[3] Schulz, A. & Schöllgen, I. (2017). Emotionsarbeit – Ein Review zu Gestaltungsaussagen. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 71, 26-38.
[4] Kauffeld, S., & Martens, A. (2014). Arbeitsanalyse und -gestaltung. Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (S. 291). Heidelberg: Springer.