Unterforderung- Was können Arbeitgeber tun?

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Was ist Unterforderung?

Unterforderung lässt sich beschreiben, als das "Gefühl mehr leisten zu können als gefordert" wird [1,2]. Unterforderung wird von Betroffenen auch oft als Langeweile beschrieben, als ein Gefühl nicht gebraucht zu werden oder nur passiv handeln zu können [3, 2].

Es gibt zwei Arten von Unterforderung: die qualitative und die quantitative Unterforderung.

  • Bei der quantitativen Unterforderung gibt es zu wenig Arbeit, das heißt es entsteht Leerlauf [4, 5]. Diese Art der Unterforderung tritt vor allem auf, wenn es eine Anwesenheitspflicht am Arbeitsplatz oder festgelegte Arbeitszeiten gibt [3, 6]. Beispiel: Die Mitarbeitenden sind bereits nach 4 Stunden mit ihren Aufgaben fertig, müssen aber pro Tag 8 Stunden am Arbeitsplatz anwesend sein.
  • Bei der qualitativen Unterforderung sind die Aufgaben zu einfach, das heißt die Mitarbeitenden arbeiten unter den eigenen Leistungsmöglichkeiten [4, 5]. Diese Art der Unterforderung kann unter anderem auftreten, wenn monotone oder administrative Arbeiten getätigt werden (z.B. Ausfüllen von Formularen), für die das Wissen oder die Erfahrung der Mitarbeitenden nicht gebraucht werden [6, 7].

Unterforderung am Arbeitsplatz kann entstehen, wenn die Anforderungen einer Aufgabe nicht mit den Fähigkeiten eines Mitarbeitenden übereinstimmen. Das heißt Unterforderung entsteht immer dann, wenn das Verhältnis zwischen Anforderungen und Ressourcen nicht passt. Dieser Zusammenhang wird im sogenannten Person-Environment-Fit-Modell [3] genauer beschreiben. Schauen Sie dazu das Video auf der rechten Seite an (klicken Sie zum Starten einfach auf das Bild). Was sind dabei Anforderungen und Ressourcen?

  • Arbeitsanforderungen beinhalten alles, womit Mitarbeitende durch ihre Arbeit konfrontiert werden, also beispielsweise neue Aufgaben, lange Arbeitszeiten, die Zusammenarbeit mit Kollegen/innen, Kundengespräche, Abgabefristen und so weiter.
  • Ressourcen können alles sein, was dem Mitarbeitenden hilft seine Ziele zu erreichen. Dies kann soziale Unterstützung sein durch die Führungskraft, eigene Fähigkeiten wie zum Beispiel eine gute Merkfähigkeit, Autonomie durch viel Entscheidungsspielraum oder eine positive Arbeitsumgebung durch gute Stimmung im Unternehmen.

Warum ist es wichtig auf Unterforderung zu achten?

Unterforderung kann genauso wie Überforderung negative Konsequenzen für den betroffenen Mitarbeitenden haben. Das Gefühl innerer Leere kann zu körperlichen, emotionalen, motivationalen und kognitiven Einschränkungen führen. Dazu gehören Müdigkeit und Schlafschwierigkeiten, Gefühle von Lustlosigkeit, Antriebslosigkeit, und verschlechterte Aufnahmefähigkeit (zum Beispiel Konzentrationsstörungen) [8, 9, 10]. Aus Unterforderung kann auch eine innere Kündigung des Mitarbeitenden resultieren. Das heißt, dieser arbeitet mit weniger Motivation und erfüllt nur die notwendigen Aufgaben. [9] Des Weiteren bedeutet Unterforderung auch meist, dass das Potential der Mitarbeitenden nicht erkannt wird und es zu einem Potentialverlust kommt oder der qualifizierte Mitarbeitende den Betrieb wechselt. [9] Es ist also sowohl im Interesse der Mitarbeitenden als auch der Organisation Unterforderung zu vermeiden, psychischer Belastung vorzubeugen und negative Auswirkungen zu verhindern bzw. zu verringern

Für die Entstehung von Unterforderung am Arbeitsplatz kann es verschiedene Ursachen geben [4, 3, 6]:

  • Aufgaben werden nach klischeehaften Rollen oder Vorurteilen verteilt und nicht nach Fähigkeiten; so werden zum Beispiel Frauen, Berufseinsteiger und Migranten eher unter- oder fehlerhaft eingeschätzt
  • Aufgaben werden innerhalb des Teams ungleich verteilt, zum Beispiel reißt ein Teammitglied alle anspruchsvollen Aufgaben an sich und für die restlichen Teammitglieder bleiben nur die langweiligen Aufgaben übrig
  • Führungskraft übernimmt selber viele Aufgaben und gibt nur langweilige Aufgaben ab
  • Führungskraft verhindert Initiative und Verantwortung der Mitarbeitenden, indem zum Beispiel alle Entscheidungen erst von der Führungskraft abgesegnet werden müssen
  • Tatsächliche Aufgaben entsprechen nicht den angegeben Aufgaben in der Stellenausschreibung
  • Administrative Aufgaben ersetzen die fachlichen Tätigkeiten oder halten von diesen ab
  • Fehlende Flexibilität bei den Arbeitszeiten oder Abläufen führt zu Routine oder Leerlauf, maximale Routine besteht vor allem bei Berufen im Dienstleistungs- und Verwaltungssektor
  • Unternehmen hat keine Anerkennungskultur, das heißt gute Arbeit wird nicht belohnt

Betroffene von Unterforderung haben oft Sorge als faul oder dumm zu gelten, wenn sie ihre Unterforderung ansprechen. Dazu kommt die Angst vor Stellenkürzung oder Kündigung, wenn Mitarbeitende dies ansprechen, dass die Aufgaben zeitlich nicht ausreichen oder zu anspruchslos sind [3]. Aus diesem Grund ist der Umgang mit diesem Thema für Sie als Führungskraft von Hoher Bedeutung. Folgend erhalten Sie Anregungen und Maßnahmen, wie Sie damit umgehen können.



Literatur

[1] Rothlin, P. & Werder, P. R. (2007). Diagnose Boureout – Warum Langeweile im Job krank macht. Heidelberg, Deutschland: Redline Wirtschaft.
[2] Schulte, E.-M., Wittner, B., & Kauffeld, S. (2019). Ressourcen und Anforderungen in der Arbeitswelt umfassend messen: Entwicklung und Validierung eines Fragebogens (ReA). Manuskript in Vorbereitung.
[3] Prammer, E. (2013). Boreout – Biografien der Unterforderung und Langeweile. Wiesbaden, Deutschland: Springer Fachmedien. doi: 10.1007/978-3-658-00503-0
[4] Cürten, S. (2013). Boreout-Syndrom und Coaching. Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 20(4), 473-478. doi: 10.1007/s11613-013-0347-8
[5] Vedder, G. & Korinth, E. (2015, September). Unterforderung am Arbeitsplatz. Abgerufen von https://www.personalwirtschaft.de/produkte/archiv/magazin/ausgabe-9-special-betriebliches-gesundheitsmanagement-2015/0%3A7397704.html
[6] Warkentin, N. (2018, 18. Oktober). Unterforderung: Was tun?. Abgerufen von https://karrierebibel.de/unterforderung-im-job/
[7] Wenchel, K. T. (Hrsg.). (2009). Wann müssen Vorgesetzte eingreifen. Bochum: InfoMediaVerlag e.K.
[8] Brühlmann, T. (2015). Müdigkeit bei Burnout und Boreout. Swiss Medical Forum, 15(17), 387–390. doi: 10.4414/smf.2015.02259
[9] Prammer, E. (2013). Boreout – Biografien der Unterforderung und Langeweile. Wiesbaden, Deutschland: Springer Fachmedien. doi: 10.1007/978-3-658-00503-0
[10] Wenchel, K. T. (Hrsg.). (2009). Wann müssen Vorgesetzte eingreifen. Bochum: InfoMediaVerlag e.K.
[11]Caplan, R.D. (1983). Person-environment fit: Past, present, and future. In Cooper CL (Ed.), Stress research (S. 35-78). New York: Wiley.