Arbeitsplatzsicherheit-Was können Arbeitgeber tun?

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Was ist Arbeitsplatzsicherheit?

Arbeitsplatzsicherheit bedeutet, dass Ihre Mitarbeitenden sich keine Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen. Die Mitarbeitenden vertrauen darauf, dass sie bis zu ihrer Rente in der Organisation arbeiten können (wenn sie das möchten) und es immer einen Platz für sie geben wird. Diese Sicherheit besteht auch wenn sich die Organisation verändern sollte. [1]

Es kann dabei zwischen vier Arten der Arbeitsplatzsicherheit unterschieden werden [2]:

  • Formale Sicherheit: Unter formaler Sicherheit wird der gesetzlich, tariflich oder vertraglich geregelte Kündigungsschutz verstanden.
  • Materielle Sicherheit: Bei der materiellen Sicherheit spielen u.a. die Länge der Kündigungsfristen und eventuell vereinbarte Abfindungszahlungen, Versicherungsschutz und Altersversorgung eine Rolle.
  • Inhaltliche Sicherheit: Inhaltliche Sicherheit ergibt sich aus der Bedeutung und Verzichtbarkeit der Aufgabenstellung für die Organisation und den Qualifikationen und Leistungen der Mitarbeitenden.
  • Sicherheit durch Vertrauen: Damit Sicherheit durch Vertrauen entsteht, ist eine feste und verlässliche Beziehung zwischen Mitarbeitenden und Führungskraft notwendig.

Warum ist es wichtig, auf Arbeitsplatzsicherheit zu achten?

Arbeitsplatzunsicherheit ist einer der häufigsten Stressoren im Arbeitsleben. [3]
Nach einer Befragung von 2.000 Beschäftigten in Deutschland kommt die Sicherheit und Stabilität des Arbeitsplatzes auf Platz 2 der Job-Eigenschaften, die für die Befragten von großer oder sehr großer Bedeutung für ihre Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit sind. Noch wichtiger ist lediglich das Gehalt. [4]

Arbeitsplatz(un)sicherheit wirkt sich vielfältig aus - sowohl für Mitarbeitende als auch die Organisation.
Die potentiellen Folgen von Arbeitsplatzunsicherheit können in vier verschiedene Hauptkategorien eingeteilt werden.
Zum Einen unterscheidet man kurzfristige und langfristige Folgen von Arbeitsplatzunsicherheit, zum Anderen Folgen für Mitarbeitende und für die Organisation.

4 Tabelle Folgen Arbeitsplatzunsicherheit.jpg

Zu den kurzfristigen Folgen von Arbeitsplatzunsicherheit für Mitarbeitende gehört unter anderem eine geringere Arbeitszufriedenheit. [5] Je größer die Arbeitsplatzunsicherheit, desto geringer ist tendenziell die Zufriedenheit mit den Aufgaben, der Bezahlung, Beförderungen, Teammitgliedern, der Führungskraft und dem eigenem Leben. [3] Arbeitsplatzunsicherheit steht auch moderat mit dem Arbeitsengagement von Mitarbeitenden in Beziehung. Das heißt wenn der Arbeitsplatz sicher ist, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass sich Mitarbeitende auch für ihre Arbeit engagieren. [5]
Langfristige Folgen für Mitarbeitende betreffen vor allem die Gesundheit. Das gilt vor allem für die psychische Gesundheit. Der Einfluss von Arbeitsplatzunsicherheit auf die körperliche Gesundheit ist vorhanden - aber weniger stark. [5] So steht Arbeitsplatzunsicherheit etwas in Verbindung mit Konflikten zwischen Arbeit und Leben, Angst, Belastung, emotionaler Erschöpfung, Zynismus/ Depersonalisation, Depression und Burnout. [3]
Kurzfristige Folge für die Organisation ist ein geringeres Vertrauen der Mitarbeitenden in diese. Arbeitsplatzunsicherheit hängt zudem moderat mit dem Engagement für die Organisation zusammen. Das heißt, dass sich Mitarbeitende deren Arbeitsplatz unsicher ist, weniger (wahrscheinlich) für die Organisation engagieren bzw. sich ihr weniger verpflichtet fühlen. [5]
Langfristig gesehen, gibt es einen moderaten Zusammenhang zwischen Kündigungsabsicht und Arbeitsplatzunsicherheit. Die Beziehung zwischen Arbeitsplatzunsicherheit und Arbeitsverhalten ist dagegen komplex und es gibt (noch) keine eindeutigen Forschungsergebnisse. [5] Bisherige Befunde zeigen aber, dass es unter anderem eine Verbindung zwischen Arbeitsplatzunsicherheit und kontraproduktiven Arbeitsverhalten sowie der Suche nach anderen Arbeitsplätzen gibt.[3]

Darüber hinaus kann zwischen kognitiver und affektiver Arbeitsplatzunsicherheit unterschieden werden. Kognitive Arbeitsplatzunsicherheit ist die wahrgenommene Bedrohung der Fortdauer der eigenen Beschäftigung und/ oder der Eigenschaften des Arbeitsplatzes. Affektive Arbeitsplatzunsicherheit umfasst dagegen die emotionalen Reaktionen auf die wahrgenommene Bedrohung des eigenen Arbeitsplatzes (zum Beispiel Angst und Sorgen). Somit hat Arbeitsplatzunsicherheit kognitive und affektive Bestandteile. [3]
Die affektiven Arbeitsplatzunsicherheit scheint eine besonders große Rolle zu spielen: die Mehrheit der Folgen und Faktoren, die mit Arbeitsplatzunsicherheit verbunden sind, haben eine stärkere Beziehung zur affektiven Arbeitsplatzunsicherheit als zur kognitiven. [3] Außerdem entscheidet die Stärke der emotionalen Reaktionen (also die affektive Arbeitsplatzunsicherheit) auch, wie groß die Folgen von kognitiver Arbeitsplatzunsicherheit sind. Das heißt, dass eine Person, die ihren Arbeitsplatz als bedroht empfindet und sich deshalb sehr starke Sorgen macht und große Angst hat, stärker unter den Folgen von kognitiver Arbeitsplatzunsicherheit leidet. [3]

Eine wichtige Rolle spielt zudem die Bedeutung der eigenen Arbeit für das eigene Leben. Personen, denen Arbeit generell (abgesehen vom aktuellen Arbeitsplatz) sehr wichtig ist, für die Arbeit also "wertvoller" ist, können auch mehr verlieren. Dadurch sind sie psychologisch verletzlicher. Im Fall von kognitiver Arbeitsplatzunsicherheit, reagieren diese Personen stärker emotional als Personen, denen Arbeit weniger wichtig ist. Sie leiden also stärker unter den Folgen von Arbeitsplatzunsicherheit. [3]

Einige Faktoren können dazu beitragen, dass die wahrgenommene Arbeitsplatzunsicherheit geringer ist. Dazu gehören unter anderem Vertrauen in die Organisation und das Management, Gerechtigkeit (zwischenmenschliche Gerechtigkeit, Verfahrensgerechtigkeit, Verteilungsgerechtigkeit, organisationale Gerechtigkeit), Unterstützung (durch die Führungskraft, Organisation, Teammitglieder) sowie auf eine eigene positive Grundstimmung. [3]

Was können Sie tun, um die Arbeitsplatzsicherheit zu erhöhen?

Die wahrgenommene Arbeitsplatzunsicherheit hängt sowohl von objektiven Bedrohungen als auch von individuellen Merkmalen ab. Die individuellen Merkmale einer Person beeinflussen, wie sie ihre objektive Situation interpretiert. Zu den objektiven Gründen gehören etwa das betriebliche Umfeld, die gesamtgesellschaftliche Rahmenbedingungen und die individuellen Beschäftigungsbedingungen. [6] In Bezug auf die gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen kommen insbesondere der Arbeitslosenquote und dem Wirtschaftswachstum eine besondere Bedeutung zu. Ist die Arbeitslosenquote gering und das Wirtschaftswachstum hoch, ist die wahrgenommene Arbeitsplatzsicherheit größer, als bei einer schlechten wirtschaftlichen Lage. [6]
Zu den individuellen Beschäftigungsbedingungen zählen die Art des Arbeitsvertrages, die Dauer der Organisationszugehörigkeit sowie die Größe und Branche der Organisation. Hinsichtlich der Art des Arbeitsvertrages zeigt sich, dass Mitarbeitende mit befristeten Verträgen ihren Arbeitsplatz als unsicherer wahrnehmen. Auch Leiharbeiter haben eine erhöhte Wahrscheinlichkeit ihren Arbeitsplatz zu verlieren.
Der Zusammenhang zwischen Arbeitsplatzunsicherheit und Organisationszugehörigkeit ist komplexer: die kognitive Arbeitsplatzunsicherheit nimmt mit längerer Beschäftigungsdauer erst ab, bevor sie dann aber wieder zunimmt.
Die Forschungsergebnisse zum Einfluss der Größe des Betriebs und der Branche sind weniger eindeutig. Gezeigt hat sich aber, dass Beschäftigte im öffentlichen Dienst im Vergleich zu Beschäftigten in der freien Wirtschaft sich deutlich weniger um ihren Arbeitsplatz sorgen. [6]
Auch individuelle Merkmale spielen eine große Rolle, wenn es um die wahrgenommene Arbeitsplatz(un)sicherheit geht. So gibt es Hinweise darauf, dass die subjektive Arbeitsplatzunsicherheit mit steigendem Alter erst zunimmt und dann wieder abnimmt. Besonders mittlere Altersgruppen (40 bis 54 Jahre) halten ihren Arbeitsplatz daher für unsicher(er). Das Geschlecht scheint dagegen keinen bedeutsamen Einfluss auf die kognitive und affektive Arbeitsplatzunsicherheit zu haben. Anders sieht es in Bezug auf den sozioökonomischen Status, also die Stellung einer Person in der Gesellschaft: je höher der sozioökonomische Status ist (d.h. je höher das Bildungsniveau, die berufliche Position und das Einkommen), desto sicherer wird der Arbeitsplatz wahrgenommen. Auch die Wohnregion kann Einfluss auf die Arbeitsplatzunsicherheit haben. Beschäftigte in Ostdeutschland sorgen sich etwa deutlich mehr um ihren Arbeitsplatz, als Beschäftigte in Westdeutschland. Zu berücksichtigen ist auch der Lebenslauf einer Person. Wurde in den zurückliegenden Jahren Arbeitslosigkeit erlebt, so ist die Wahrscheinlichkeit Arbeitsplatzunsicherheit zu erleben deutlich höher. Zwischen Partner- oder Elternschaft und Arbeitsplatzunsicherheit scheint es dagegen keinen klaren Zusammenhang zu geben, zumindest auf die kognitive Arbeitsplatzunsicherheit. Die affektive Arbeitsplatzunsicherheit scheint in Deutschland aber durch Partnerschaft und Kinder verstärkt zu werden. [6]

Somit lässt sich die Arbeitsplatzsicherheit nur zum Teil beeinflussen, gerade wenn sie stark durch äußere Umstände beeinflusst wird.
Trotzdem können Sie aktiv etwas für die Arbeitsplatzsicherheit Ihrer Mitarbeitenden tun! Im Folgenden werden Ihnen dafür verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt. Dabei wird sich an den oben vorgestellten vier Formen der Arbeitsplatzsicherheit orientiert.

Mit folgenden Maßnahmen können Sie die Arbeitsplatzsicherheit Ihrer Mitarbeitenden erhöhen.

Maßnahme 1_ Transparent kommunizieren

Wenn es in Ihrem Unternehmen möglich ist, vermeiden Sie befristete Arbeitsverträge. Je näher das Befristungsdatum rückt, desto mehr sorgen sich Mitarbeitende, ob ihre Arbeitsplätze auch weiterhin sicher sind. Dies kann sich negativ auf die Motivation und Leistung auswirken.[5] Teilen Sie Mitarbeitenden mit befristeten Arbeitsverträgen rechtzeitig mit, ob ihre Verträge verlängert werden.[5]

Maßnahme 2: Entwicklungswege aufzeigen

Mitarbeitende erhalten Aufgaben, die mit einer Perspektive verbunden sind, sowie Beratung zu ihren Entwicklungsmöglichkeiten in der Organisation (zum Beispiel, welche Weiterbildungen geeignet sind). Dies ist vor allem dann wichtig, wenn absehbar ist, dass eine Stelle zukünftig wegfallen oder sich stark verändern könnte. Mit geeigneten Personalentwickungsmaßnahmen erhalten Sie die Beschäftigungsfähigkeit Ihrer Mitarbeitenden. [5]
Auf der Seite Karriereentwicklungsmöglichkeiten erfahren Sie mehr darüber, was Sie für die Karrierentwicklungsmöglichkeiten in Ihrer Organisation konkret tun können.



Maßnahme 3: Gespräch anbieten für finanzielle Sicherheit

Auf der Seite finanzielle Absicherung werden Möglichkeiten beschrieben, wie Sie als Führungskraft auf finanzielle Sorgen Ihrer Mitarbeitenden reagieren können. Dort finden Sie Handouts, die Ihnen helfen Gründe für finanzielle Sorgen herauszufinden und ein fürsorgliches Gespräch zu führen. Denn manchmal hilft es schon, wenn sich Mitarbeitende ernst genommen fühlen und wissen, dass sie mit ihrer Führungskraft vertrauensvoll über finanzielle Sorgen sprechen können. Finden sie gemeinsam heraus, ob es Lösungsmöglichkeiten gibt und wie diese umgesetzt werden können.
Auf der Seite finden Sie ebenfalls Hinweise zur Hilfe im Notfall.


Maßnahme 4: Stärkung der Sicherheit durch Vertrauen

Versprechen Sie nur Dinge, die Sie auch einhalten können, sonst können Zweifel an Ihrer Zuverlässigkeit, Kompetenz oder Ehrlichkeit aufkommen. [5]
Informieren Sie Ihre Mitarbeitenden offen, rechtzeitig und freiwillig. So haben Ihre Mitarbeitenden das Gefühl, best- und frühestmöglich informiert zu sein. Dies ist nicht immer einfach, vor allem, wenn es um unangenehme Informationen geht. Lesen Sie hierzu auch Transparenz.



Maßnahme 5: Mit Mitarbeitenden Vereinbarungen treffen

Treffen Sie Zielvereinbarungen. Mitarbeitende erhalten damit Sicherheit, dass sie an den richtigen Zielen arbeiten und auch zukünftig in den Plänen Ihres Unternehmens bedacht zu werden. [5]
Zur Planung von Personalentwicklungsmaßnahmen, Zielentwicklung und Zielvereinbarung können Sie das vertiefende Handout mit einer Muster-Zielvereinbarung gerne ausdrucken und verwenden.

Literatur

[1] Schulte, E.-M., Wittner, B., & Kauffeld, S. (2020). Ressourcen und Anforderungen (ReA) in der Arbeitswelt: Entwicklung und erste Validierung eines Fragebogens. Manuskript eingereicht zur Publikation.
[2] Maslow, A. H. (1954). Motivation and Personality. New York: Harper & Row.
[3]Kauffeld, S. (Hrsg.). (2019). Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (Springer-Lehrbuch). Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg.
[4] Sverke, M., Hellgren, J., & Näswall, K. (2002). No Security: A Meta-Analysis and Review of Job Insecurity and Its Consequences. Journal of Occupational Health Psychology, 7(3), 242-264.
[5] Albs, N. (2005). Wie man Mitarbeiter motiviert. Motivation und Motivationsförderung im Führungsalltag. Berlin: Cornelsen.