Technische Probleme - Was können Arbeitgeber tun?

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Was sind technische Probleme am Arbeitsplatz?

Behindert die geringe Leistungsfähigkeit der technischen Geräte an ihrem Arbeitsplatz die Arbeit Ihrer Mitarbeitenden? Die Programme, die sie nutzen, stürzen häufig ab? Dann geht es Ihren Mitarbeitenden wahrscheinlich ähnlich wie Ralph. Sie sind dadurch verärgert und frustriert.

Fallbeispiel Ralph Technische Probleme, © Präventa

Ungefähr 56% der Befragten geben an, an ihrem Arbeitsplatz durch Maschinen oder Geräte lange Wartezeiten zu erleben, da ungeplante technische Störungen auftreten. 48% sind damit unzufrieden [1]. Technisches Versagen eines Werkzeugs bezeichnet man als Defekt [2]. Defekte können selbstständig auftreten oder aber durch fehlerhaftes, menschliches Verhalten erzeugt werden [2]. Wird die Arbeit regelmäßig durch technische Probleme, wie etwa geringe Leistungsfähigkeit von Computern oder das Abstürzen von Software, behindert, kann dies zu einer Belastung werden. Die technischen Rahmenbedingungen der Arbeit sind sogenannte Umgebungsfaktoren, also Rahmenbedingungen, unter denen Sie und Ihre Mitarbeitende Ihre Arbeitsaufgabe ausführen [3].

Technische Probleme können in Form kleinerer Störungen auftreten, wie beispielsweise durch entladene Akkus oder Batterien drahtloser Geräte (Tablets, Fernbedienungen, Lautsprecher, Tastaturen). Software-Updates können ebenfalls Störungen darstellen, wenn sie zu ungünstigen Zeiten und vom System erzwungen installiert werden. Diese kurzen Störungen führen dazu, dass eine Arbeitsaufgabe unterbrochen werden muss. Sie können in der Regel relativ schnell wieder behoben werden. Es gibt aber auch größere technische Probleme, die nicht kurzfristig behoben werden können. So kann es sein, dass der Computer permanent langsam arbeitet oder eine Software nicht funktioniert. Insbesondere in handwerklichen Tätigkeitsbereichen ist es möglich, dass der Verschleiß benutzter Werkzeuge und Maschinen zu einem Ausfall eben dieser führt.

Warum ist es wichtig, auf technische Probleme zu achten?

Durch die Digitalisierung stehen Mitarbeitende, Führungskräfte und Organisationen vor neuen Herausforderungen [4]. Wir sind immer mehr auf technische Geräte angewiesen und arbeiten zunehmend mit digitalen Daten und moderner Technologie [5;6]. Das kann dazu führen, dass sich Störungen durch technische Probleme häufen.

Technische Störungen während der Arbeitstätigkeit, in Anlehnung an [7]

Im täglichen Ablauf der Arbeit sind keine Störungen vorgesehen. Treten diese jedoch auf, entstehen Unterbrechungen, durch die die Aufgabe nicht wie geplant ausgeführt werden kann. Es entsteht Zeitdruck. Dieser begünstigt Stress und Frustration. Durch diese negativen Emotionen ist die Aufmerksamkeit reduziert, was zu ungünstigen Entscheidungen führen kann. So kann Frustration u.a. sicherheitskritisches Verhalten bedingen. Die betroffene Person gerät beispielsweise in Hektik, improvisiert oder trägt die Schutzausrüstung nicht [7;8]. Weitere negative Folgen bei Stress durch technische Probleme können sein [9]:

  • soziale Konflikte zwischen den Kollegen und Kolleginnen
  • stärkere Erschöpfung der Mitarbeitenden und eine damit einhergehende Gefahr vonBurnout; allgemein schlechterer Gesundheitszustand und damit geringere Arbeitsfähigkeit
  • geringere Produktivität und damit geringere Wettbewerbsfähigkeit
  • geringere Arbeitszufriedenheit
  • betroffene Mitarbeitende wollen häufiger die Tätigkeit wechseln oder ihren Beruf aufgeben

Was kann gegen technische Probleme getan werden?

Übersicht möglicher Problemursachen, in Anlehnung an [7]

Um technische Störungen eindämmen zu können, ist es zunächst wichtig herauszuwinden wo genau die Ursachen für die auftretenden Probleme liegen. So könnten sowohl die technische Ausstattung, die organisationalen Arbeitsabläufe oder die Mitarbeitenden selbst für die Störungen verantwortlich sein. Reflektieren Sie zunächst über die Problemursachen mithilfe folgender Fragestellungen:

  • Sind die Störungen tatsächlich auf mangelhafte Ausstattung bzw. Technologien zurückzuführen?
  • Beeinflussen organisationale Gegebenheiten stetig die Technologien, z.B. durch Updates über Nacht oder Wartungsarbeiten?
  • Ist der oder die Mitarbeitende ausreichend unterwiesen und qualifiziert für die Anwendung der Technologie oder Software?

Wenn Sie die Ursachen der Probleme identifiziert haben, können Sie Maßnahmen planen, um ihnen entgegenzuwirken. Allgemein unterscheidet man zwischen verhältnispräventiven (bei der Umwelt ansetzend, z.B. Gestaltung des Arbeitsplatzes) und verhaltenspräventiven Maßnahmen (bei der Person ansetzend, z.B. Qualifizierungsmaßnahmen) [1]. Laut Arbeitsschutzgesetz sind den verhaltenspräventiven Maßnahmen Vorrang zu gewähren. Das heißt, der Arbeitsplatz ist in erster Linie an den Mitarbeitenden anzupassen, bevor versucht wird den Mitarbeitenden an den Arbeitsplatz anzupassen [1]. Die Rangfolge der Umsetzung der Maßnahmen ist dabei 1. technisch, 2. organisatorisch und 3. personenbezogen [1]. Weiterhin sollten Sie zunächst die Vermeidung von Belastungen fokussieren, bevor Sie sich dem Schaffen und Ausbau von Ressourcen widmen [1].

Bei der Technik ansetzen: Technik an dem Menschen orientieren

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Als erstes sollten Sie bereits bei der Anschaffung neuer Technologien für Ihr Team darauf achten, diese an Ihren Mitarbeitenden zu orientieren. Stehen Sie ständig im Austausch mit Ihren Mitarbeitenden zu den Technologien, die sie im Team bereits nutzen und eventuell neu einführen wollen:

  • Was trauen sich Ihre Mitarbeitenden im Umgang mit neuen Systemen zu?
  • Wie läuft es mit den aktuellen technischen Gegebenheiten?
  • Braucht Ihr Team eine neue/andere/bessere Ausstattung?
  • Zu viele Programme können zu Überforderung führen. Brauchen Sie unbedingt eine spezielle Software oder können die neuen Aufgaben auch mit bereits vorhandenen Systemen bearbeitet werden?

Finden Sie heraus, welche Stärken und Schwächen Ihre Teammitglieder haben und inwiefern es Systeme, Ausstattungen oder Geräte gibt, die eventuell diese Schwächen kompensieren oder bei denen die Mitarbeitenden ihre Stärken anwenden können. Besprechen Sie die Einführung neuer Programme vorher mit Ihren Mitarbeitenden und geben Sie ihnen genug Zeit, um sich ausführlich damit auseinanderzusetzen, bevor sie als Team eine Entscheidung treffen.
Manchmal werden Technologien auch unternehmensweit eingeführt – in diesem Fall kann Ihr Team die Entscheidung nicht selbstständig treffen. Sollte es bei solchen Technologien zu Störungen kommen, finden Sie hier Möglichkeiten, Ihre Mitarbeitenden zu motivieren und zu qualifizieren.

Sollten Störungen bei etablierten Technologien tatsächlich aufgrund mangelhafter Qualität auftreten, sammeln Sie die Anliegen Ihrer Mitarbeitenden und nehmen Sie unbedingt IT-Hilfe in Anspruch. Signalisieren Sie auch Ihren Mitarbeitenden, dass es in Ordnung ist Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn man selbst nicht weiterkommt.

Wenn sich die Probleme mit einer bestimmten Technologie häufen und diese zunehmend die Arbeit in Ihrem Team behindern, beginnen Sie nach Alternativen zu suchen. Delegieren Sie diese Aufgabe gerne auch an einen Mitarbeitenden. Ihre Mitarbeitenden kennen die Anforderungen an die Technologie möglicherweise besser, wenn sie täglich damit arbeiten.

Bei der Organisation ansetzen: Passende Rahmenbedingungen schaffen und Störungsmanagement

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Stress, den Ihre Mitarbeitenden im Umgang mit Technologien empfinden, kann auch auf die Rahmenbedingungen der Organisation zurückgeführt werden. Allgemein sorgt Handlungsspielraum für geringeren digitalen Stress. Lassen Sie Ihre Mitarbeitenden also, wenn dies möglich ist, selbstständig entscheiden, wann sie die Technologie nutzen [9].

Störungsmanagement

(Technische) Störungen können eine wirtschaftliche Gefahr für Organisationen darstellen. Sie unterbrechen die Arbeitsabläufe und sorgen damit für Ausfälle, die sich qualitativ, finanziell oder auch zeitlich negativ auf das Erreichen eines Ziels auswirken können. Ein effektives Störungsmanagement ermöglicht es, Störungen möglichst schnell zu erkennen und angemessene Maßnahmen zu ergreifen. Die Prozesse und Abläufe in Ihrer Organisation werden durch klare Strukturen und Standards definiert. Ursachen von Störungen werden identifiziert und damit ein häufigeres Auftreten der Fehler nachhaltig vermieden [10]. Meldesysteme für technische Störungen können eine effektive Grundlage darstellen, um Probleme zu reflektieren und Lösungen zu sammeln. Wichtig ist, den Mitarbeitenden die Informationen zur Verfügung zu stellen. Etablieren Sie z.B. ein wöchentliches Meeting, in dem sie im Team technische Störungen der letzten Woche zusammentragen und Lösungen für diese festhalten. Mehr dazu, wie Sie solche Meetings nutzen können, erfahren Sie in diesem Handout. Dabei kann Ihnen auch diese Tabelle helfen. Möglicherweise haben Ihre Mitarbeitenden Angst davor, technische Störungen zu melden. Das kann der Fall sein, wenn Sie bei einem Fehler negative Konsequenzen befürchten. Damit Ihre Mitarbeitenden hier offener berichten, schaffen Sie einen positiven Umgang mit Fehlern.

Bei der Person ansetzen: Mitarbeitende im Umgang mit Technologien befähigen

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Manchmal wird die Entscheidung eine neue Technologie einzuführen nicht von Ihrem Team, sondern unternehmensweit getroffen. In diesem Fall können Sie die Technologie nicht verändern, können aber Ihre Mitarbeitenden in der Anwendung unterstützen. Hat der oder die Mitarbeitende Schwierigkeiten dabei mit einer bestimmten Technologie umzugehen, kann das verschiedene Ursachen haben:

  • Nicht-Wollen: Dem oder der Mitarbeitenden fehlt die Motivation, die neuen Technologien tatsächlich zu nutzen oder deren Anwendung zu erlernen. Er oder sie hat möglicherweise Angst vor der Veränderung und möchte die alten Prozesse beibehalten [11]. Hier muss zunächst die Bereitschaft erzeugt werden, mit der Technologie zu arbeiten.
  • Nicht-Können: Der oder die Mitarbeitende weiß, wann und wofür er oder sie die Technologie anwenden soll. Ihm oder ihr fehlen aber die notwendigen Fähigkeiten, um diese auch tatsächlich anzuwenden [11]. Um dieses Defizit auszugleichen, müssen Sie Ihren Mitarbeitenden Qualifikation ermöglichen.

Veränderungsbereitschaft erzeugen

Wenn der oder die Mitarbeitende nicht bereit ist die Veränderung, also z.B. eine neue Technologie, anzunehmen, können Sie seine oder ihre Motivation dafür steigern. Dafür können Sie ihm oder ihr einerseits extrinsische Anreize anbieten, wie z.B. Geld oder zusätzlichen Urlaub. Häufig sind solche Anreize aber nicht so einfach zu realisieren. In diesem Fall können Sie versuchen die intrinsische Motivation Ihrer Mitarbeitenden zu erhöhen. Mehr dazu erfahren Sie in der Abbildung:

Intrinsische und extrinsische Motivation, in Anlehnung an [12]

Intrinsisch motivierte Personen sind zufriedener mit ihrer Aufgabe, zielstrebiger und können besser mit Misserfolgen umgehen. Intrinsische Motivation steigert die Arbeitsleistung der Mitarbeitenden, insbesondere die Qualität der Arbeit. Vor allem bei komplexen Tätigkeiten mit hoher Eigenverantwortung der Mitarbeitenden ist intrinsische Motivation wirksam. Extrinsische Motivation ist dagegen eher bei strukturierten Aufgaben wirksam, die wenig Eigeninitiative der Mitarbeitenden verlangen. Sie steigert vor allem die Quantität der Leistung. Extrinsische Motivation sollte lediglich eine Ergänzung zu der intrinsischen Motivation darstellen, wenn die Mitarbeitenden nicht ausreichend durch die Arbeitstätigkeit selbst motiviert werden können [13].

Ein Instrument um intrinsische Motivation zu fördern, ist die motivierende Gesprächsführung (motivational interviewing). Motivierende Gesprächsführung ist ein zielgerichteter Kommunikationsstil, der Veränderungsbereitschaft beim Gegenüber erzeugen kann. Ziel ist es, die Motivation für ein bestimmtes Ziel zu stärken indem man den Fokus auf die Veränderungssprache legt. Genaue Informationen und konkrete Übungen dazu finden Sie auf diesem Arbeitsblatt [14]. Weiterführend können Sie sich außerdem die Maßnahmenseite zu motivierender Gesprächsführung ansehen.

Qualifikation ermöglichen

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Fehlen einer Person in Ihrem Team die nötigen Fähigkeiten und Fertigkeiten, um mit den Technologien umgehen zu können, sind Qualifizierungsmaßnahmen angebracht. Vor allem Mitarbeitende, die mit vielen unterschiedlichen Technologien arbeiten, diese aber nicht häufig anwenden, sind dadurch belastet [9]. Bieten Sie dem oder der Mitarbeitenden interne oder externe Weiterbildungen an. Mehr dazu erfahren Sie auf der Seite zu Qualifikation.

Eine weitere Möglichkeit ist die Unterstützung durch Kollegen und Kolleginnen: Organisieren sie regelmäßige Workshops, zu denen das Team zusammenkommt und eine neue Funktion des verwendeten Programms kennenlernt. Die Mitarbeitenden können in diesem Workshop Unterstützung einfordern und auch selbst bereitstellen. Checklisten oder Handbücher für die Bedienung von neuen Technologien können zusätzlich die Handlungskompetenz erhöhen.

Quellen

[1] Cordes, A. (2015). Ermittlung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung (Unveröffentlichte Masterarbeit). Carl von Ossietzky Universität, Oldenburg.
[2] Hofinger, G. (2008). Fehler und Unfälle. In P. Badke-Schaub, G. Hofinger, & K. Lauche, K. (Hrsg.), Human Factors (1. Aufl., S. 36-55). Berlin, Deutschland: Springer.
[3] Schulte, E.-M., Wittner, B., & Kauffeld, S. (2021). Ressourcen und Anforderungen (ReA) in der Arbeitswelt: Entwicklung und erste Validierung eines Fragebogens. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO), 52, 405-415.
[4] Kauffeld, S. & Sauer, N. C. (2018). Vergangenheit und Zukunft der Arbeits- und Organisationspsychologie. In S. Kauffeld (Hrsg.), Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (3. Aufl., S. 21-46). Berlin, Deutschland: Springer.
[5] Brockhaus (2014). Digitalisierung. Verfügbar unter: https://brockhaus.de/ecs/enzy/article/digitalisierung
[6] Börner, F., Kehl, C., & Nierling, L. (2017). Chancen und Risiken mobiler und digitaler Kommunikation in der Arbeitswelt (TAB-Arbeitsbericht Nr. 174).
[7] Wenchel, K.-T. (2009). Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz: Orientierungshilfe. Bochum, Deutschland: InfoMediaVerlag.
[8] Jeon, M. (2015). Towards affect-integrated driving behavior research. Theoretical Issues in Ergonomics Science, 16, 553-585. doi:10.1080/1463922x.2015.1067934
[9] Gimpel, H., Lanzl, J., Regal, C., Urbach, N., Wischniewski, S., Tegtmeier, P., Kreilos, M., Kühlman, T. M., Becker, J., Eimecke, J., & Derra, N. D. (2019). Gesund digital arbeiten?! Eine Studie zu digitalem Stress in Deutschland. Verfügbar unter: https://gesund-digital-arbeiten.de/
[10] Brehm, N., Aksoy, O., & Wellbrock, W. (2017). Erfolgsfaktor Störungsmanagement: Entwicklung und Evaluation eines Reifegradmodells. ZWF Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb, 112, 843-847. doi:10.3139/104.111840
[11] Kauffeld, S., Endrejat, P. C., & Richter, H. (2018). Organisationsentwicklung. In S. Kauffeld (Hrsg.), Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (3. Aufl., S. 21-46). Berlin, Deutschland: Springer.
[12] Kauffeld, S. & Schermuly, C. C. (2018). Arbeitszufriedenheit und Arbeitsmotivation. In S. Kauffeld (Hrsg.), Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (3. Aufl., S. 237-260). Berlin, Deutschland: Springer.
[13] Becker, F. (2018). Mitarbeiter wirksam motivieren: Mitarbeitermotivation mit der Macht der Psychologie. Berlin, Deutschland: Springer. doi:10.1007/978-3-662-57838-4
[14] Miller, W. R. & Rollnick, S. (2013). Motivational Interviewing – Helping People Change. New York, NY: The Guilford Press.


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