Emotionsarbeit - Was können Arbeitgeber tun?

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Was ist Emotionsarbeit?

Emotionsarbeit bedeutet, dass eine Person bei der Arbeit bestimmte Gefühle zeigen soll, wenn sie in Kontakt mit anderen (außenstehenden) Personen tritt. An die Person wird diese Erwartungshaltung gestellt und sie sollte z. B. ihre Mimik, Gestik sowie ihre Stimme daran anpassen. Dabei kann es sein, dass das gezeigte Gefühl nicht mit dem eigentlichen Gefühl der Person übereinstimmt. Die eigenen Emotionen werden also kontrolliert, sodass ein Gefühl zum Ausdruck gebracht wird, unabhängig davon, ob dies mit den eigenen inneren Empfindungen übereinstimmt oder nicht. [1]
Beispiel: Von einer Stewardess wird ein freundliches, lächelndes Auftreten von Flugpassagieren erwartet. Stewardess A ist in Realität allerdings durch eine private Angelegenheit unzufrieden und ihr ist eigentlich nicht zum Lächeln zumute. Dennoch lächelt sie viel, weil dies von ihr erwartet wird.
Es lassen sich fünf Aspekte der Emotionsarbeit feststellen:

  • Ausdruck positiver Gefühle
  • Ausdruck negativer Gefühle, Umgang mit negativen Gefühlen
  • Wahrnehmung von Gefühlen anderer
  • Interaktionsspielraum: Einfluss auf die Interaktion mit dem Kunden/Klienten
  • Emotionale Dissonanz (Ausdruck positiver Gefühle, trotzdessen man gar nichts oder etwas anderes empfindet)

Warum ist es wichtig, auf Emotionsarbeit zu achten?

Als Mitarbeiter bestimmte Gefühle zeigen zu müssen ist besonders im Dienstleistungssektor ein wichtiges Thema. Egal ob diese vor Kunden, Patienten oder Schülern gezeigt werden sollten, bei allen ist Emotionsarbeit fast immer gefordert [1],[3].
Doch auch im Umgang mit Kollegen oder Vorgesetzten kann Emotionsarbeit gefordert sein. Dabei geht es nicht nur darum, ein positives Gefühl zu erzeugen, sondern oft auch darum, ein negatives zu unterdrücken. Mitarbeitende haben zwei Möglichkeiten, die gewünschten Gefühle zu erzeugen:
Sie können sie entweder nur oberflächlich darstellen (psychologisch: Oberflächenhandeln) oder versuchen, sie selbst zu verspüren und daraufhin zu zeigen (psychologisch Tiefenhandeln). Wenn die Person das gezeigte Gefühl so nicht empfindet, hat das häufig zur Folge, dass es dem Gegenüber nicht glaubhaft erscheint.
Es kommt darüber hinaus zu einem Widerspruch zwischen den wahren und den gezeigten Gefühlen der Person. Dies kann Stress verursachen und langfristig sogar ein Burnout hervorrufen.
Viele Studien haben bereits zeigen können, dass in Bereichen, in denen viel Emotionsarbeit gefordert ist (z.B. Call Center Agenten, Lehrer, im Kranken- und Pflegedienst usw.), Burnout als Berufskrankheit zu sehen ist. Um dem vorzubeugen, ist Tiefenhandeln langfristig gesehen dem Oberflächenhandeln vorzuziehen [2][3].
Die gewünschten Emotionen auch zu empfinden ist jedoch gar nicht so leicht. Deshalb ist es für Betriebe interessant, wie sie ihre Mitarbeiter bei Emotionsarbeit unterstützen können und somit langfristig deren psychische Gesundheit aufrecht erhalten.

Was kann das Unternehmen tun?

Soziale Unterstützung kann vor emotionaler Erschöpfung schützen. In Zusammenhang mit Emotionsarbeit helfen verschiedene organisationale Interventionsmaßnahmen, welche die Emotionsarbeit nicht reduzieren, jedoch deren Bedingungen optimieren. Diese Maßnahmen konzentrieren sich auf die emotionalen Anforderungen, wo es darum geht die stressauslösenden Situationen zu identifizieren (in der Psychologie "Stressoren" genannt) sowie mögliche Energiequellen, also Dinge die Kraft spenden können, zu fördern (psychologisch "Ressourcen" genannt).

Anpassung emotionaler Anforderungen

Emotionale Anforderungen an den Stelleninhaber können durch Job Rotation oder Teilzeitanstellungen verringert werden.

Vermeidung von Stressoren

Stressoren mit emotionalem Gehalt, z.B. durch lange Wartezeiten verärgerte Kundinnen und Kunden, können durch Arbeitsgestaltungsmaßnahmen verhindert werden. Lange Wartezeiten können durch genügend Personal verhindert werden. Fehlende Informationen beim Dienstleistungspersonal, welches zu Wutausbrüchen bei den Kundinnen und Kunden führen könnte, kann durch spezielle Schulungen zu Risikobereichen vorgebeugt werden.

Stärkung von Ressourcen

Emotional belastende Situationen können durch die Erhöhung des Handlungsspielraums oder bessere Kontrollmöglichkeiten verringert werden. Eine Studie aus dem Jahre 2012 an 326 Sachbearbeitenden eines Versicherungsunternehmens zeigt, dass insbesondere die Erhöhung situativer Kontrollspielräume, also die individuelle Gestaltung des zeitlichen Ablaufs sowie der Art der Aufgabenbearbeitung, als schützende Ressource dienen und somit Burnout vorbeugen kann.


Die Organisation hat dabei verschiedene Möglichkeiten:

  • Die Mitarbeitenden verfügen bei den Darbietungsregeln über einen gewissen Ermessensspielraum
  • Die Mitarbeitenden verfügen über einen Zeitspielraum, z. B. durch Kurzpausen und Auszeiten
  • Die Mitarbeitenden verfügen über einen Entscheidungsspielraum, beispielsweise ist es möglich »schwierige Fälle« an andere Mitarbeitende zu übergeben
  • Mitarbeitende werden bereits im Auswahlprozess auf ihre emotionale Stabilität hin geprüft. (Person-Job-Fit) [4]


File:Handout Möglichkeiten bei Emotionsarbeit.pdf

Der Person-Job-Fit und seine wichtige Rolle bei Personalentscheidungen

Der "Person-Job-Fit" ist definiert als die Passung zwischen den Fähigkeiten einer Person und den Ansprüchen des Jobs oder den Wünschen einer Person und den Aufgaben des Jobs. Beim Person-Job Fit soll unter allen sich Bewerbenden die Person gefunden werden, die die nötigen Fertigkeiten, Fähigkeiten und das geforderte Wissen für die zu besetzende Stelle aufweist. Deshalb spielt der Person-Job Fit eine zentrale Rolle bei Personalentscheidungen. Die generelle Arbeitszufriedenheit wird am meisten vom Person-Job Fit beeinflusst. Darum ist es wichtig die am besten geeignetste Person für eine Stelle zu finden. Dies garantiert langfristig eine hohe Arbeitszufriedenheit. [5]

Weiterführende Quick Wins, Ideen und Impulse

In Gesprächen mit Mitarbeitenden, Führungskräften und Experten aus der Praxis wurden zusätzliche Ideen und Impulse gesammelt. Diese spiegeln somit persönliche Erfahrungen aus der Praxis wieder, die nicht per se wissenschaftlich gesichert sind. Gern können Sie diese Ideen und Impulse als zusätzliche Inspiration nutzen.

  • Offene Tür beim Vorgesetzten und Bereitschaft für Gespräche
  • MA-Gespräche in geregelten Zeitabständen (eventuell auch mit der Teamleitung)
  • Sozialberatung/ wöchentliche psychologische Sprechstunde im Unternehmen
  • Vorleben & Akzeptanz der Führungskraft von Gesundheitsmaßnahmen
  • Mitarbeiter für Emotionsarbeit sensibilisieren und aufklären
  • Einzelne gezielte Aktionen (z.B. Entspannungsmaßnahmen) für kleine, bestimmte Gruppen anbieten
  • Arbeitszeit für solche Maßnahmen zur Verfügung stellen
  • Kleine Büros statt der üblichen Großraumbüros

Literatur

[1] Kauffeld, S., & Martens, A. (2014). Arbeitsanalyse und -gestaltung. Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (S. 211-240), (S. 290-291). Heidelberg: Springer.
[2] Nerdinger, F. (2012). Emotionsarbeit im Dienstleistungsbereich. Report Psychologie, 37, 1, 8-18.
[3] Schulz, A. & Schöllgen, I. (2017). Emotionsarbeit – Ein Review zu Gestaltungsaussagen. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 71, 26-38.
[4],[5] Kauffeld, S., & Martens, A. (2014). Arbeitsanalyse und -gestaltung. Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (S. 291). Heidelberg: Springer.