Difference between revisions of "Verfügbarkeit"

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Folgende Fragen können helfen, um sich den eigenen Beweggründe für ständige Verfügbarkeit für berufliche Anforderungen bewusst zu werden:
 
Folgende Fragen können helfen, um sich den eigenen Beweggründe für ständige Verfügbarkeit für berufliche Anforderungen bewusst zu werden:
 
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<li>Wird die ständige Verfügbarkeit von mir verlangt? Wer verlangt von mir, ständig Verfügbarkeit zu sein?</li>
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<li>Warum bin ich für Kollegen, Kunden oder meinen Vorgesetzten ständig erreichbar? Welcher Beweggrund steckt dahinter?</li>
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==Folgen von ständiger Verfügbarkeit: Empirische Zusammenhänge==
 
==Folgen von ständiger Verfügbarkeit: Empirische Zusammenhänge==

Revision as of 16:10, 23 October 2019

Was ist ständige Verfügbarkeit?

Ständige Verfügbarkeit definiert sich durch die unregulierte Verfügbarkeit für Arbeitsanforderungen in allen Lebensbereichen. Dazu zählen außerdem alle Zeiten außerhalb der tariflichen oder vertraglichen Regelarbeitszeit. Nicht-reguläre Arbeitszeiten sind etwa Wochenenden und Urlaube. Hierbei findet eine Kontaktierung der Beschäftigten zu dienstlichen Belangen statt. Die Kontaktaufnahme kann telefonisch, über Instant-Messenger oder über E-Mail erfolgen. Ständige Verfügbarkeit geht über einmalige Kontaktaufnahmen außerhalb der Arbeitszeit hinaus und wird als ein Zustand verstanden, der durch die fremd- oder selbstbestimmte Erreichbarkeitserwartung definiert ist. Folglich zeichnet sich dieser Zustand durch eine ständige Ansprechbarkeit und Reaktionsbereitschaft des Beschäftigten aus. Neben der ständige Verfügbarkeit außerhalb der Erwerbszeit gibt es tariflich und zeitlich befristete Verfügbarkeiten. Beispielsweise gibt es in der Großindustrie technische Mitarbeiter, die im Falle einer Störung ebenfalls in der Freiteit erreichbar sein müssen. Hierbei wird diese Verantwortung zusätzlich vergütet. Ein weiteres Beispiel sind Ärzte im Bereitschaftsdienst. Im Folgenden beschäftigt sich dieser Artikel mit der unregulierten Verfügbarkeit, ihren Folgen und Belastungen, die sie für das Indiviuum darstellt und möglichen Interventionsmöglichkeiten.

Wie lässt sich ständige Verfügbarkeit erklären?

Antezenden von ständiger Verfügbarkeit

Die Gründe einer ständigen Verfügbarkeit für Arbeitsbelange auch außerhalb der regulären Arbeitszeit sind vielfältig. Sie reichen von der direkten Einforderung der ständige Verfügbarkeit etwa durch Vorgesetzte und Kollegen über eine entsprechende Arbeitskultur bis hin zu einer freiwilligen und aus individuellem Antrieb gelebten Verfügbarkeit für die gestellten Arbeitsanforderungen. Im Sinne des Job-Demand-Resources-Modell von Bakker & Dermerouti (2007) kann die ständige Verfügbarkeit als eine Anforderung, die an die Beschäftigen gestellt wird, definiert werden. Eine Häufung von Anforderungen kann jenem Modell nach verschiedenste negative Folgen haben wie beispielsweise Stress, Depressionen oder gesundheitliche bzw. körperliche Beschwerden. Entsprechende negative Folgen können jedoch durch die vorhandenen Ressourcen gemildert werden (Bakker & Dermerouti, 2007). Die Folgen von ständiger Verfügbarkeit werden im Abschnitt 2.1 weiter ausgeführt. Auch eine vermutete oder wahrgenommene Erwartung anderer (subjektive Norm) entsprechend der Theorie des geplanten Verhaltens (Ajzen,1985) kann für die ständige Verfügbarkeit der Beschäftigten ursächlich sein. Demnach entwickelt sich aus der Überzeugung, dass die ständige Verfügbarkeit beispielsweise von Seiten des Arbeitgebers oder der Führungskraft erwartet wird, und der Motivation dieser Erwartung gerecht werden zu wollen, ein entsprechendes Verhalten, welches sich etwa in ständiger Ansprechbarkeit und Reaktionsbereitschaft zeigt. Seitens der Beschäftigten spielen insbesondere motivationale Faktoren wie beispielsweise Spaß an der Arbeit oder das Streben nach Anerkennung (Ohly & Latour, 2014) sowie eine hohe Identifikation mit der Arbeitsdomäne eine wichtige Rolle und bilden somit zentralen Beweggrund, sich auch außerhalb der regulären Arbeitszeit mit beruflichen Belangen zu beschäftigen (Matthews & Barnes-Farrell, 2010). Schließlich sind auch der Einsatz und die Weiterentwicklung von Kommunikationstechnologien, die die ständige Erreichbarkeit der Beschäftigen erst ermöglichen, für das Phänomen der ständigen Verfügbarkeit und letztendlich auch für die Entwicklung von Gegenmaßnahmen von großer Bedeutung (Bergman & Gardiner, 2007).

Fragen zur Selbstreflexion
Folgende Fragen können helfen, um sich den eigenen Beweggründe für ständige Verfügbarkeit für berufliche Anforderungen bewusst zu werden:

  • Wird die ständige Verfügbarkeit von mir verlangt? Wer verlangt von mir, ständig Verfügbarkeit zu sein?
  • Warum bin ich für Kollegen, Kunden oder meinen Vorgesetzten ständig erreichbar? Welcher Beweggrund steckt dahinter?

  • Folgen von ständiger Verfügbarkeit: Empirische Zusammenhänge


    Skala zur Erfassung von Verfügbarkeit


    Was kann man machen?

    Ständige Verfügbarkeit kann eine Belastung sein, die Folgen für die Gesundheit und das Wohlbefinden mit sich bringt. In dem folgenden Abschnitt werden verschiedene Maßnahmen und Interventionsmöglichkeiten aufgezählt, mit denen diesen negativen Folgen von ständiger Verfügbarkeit begegnet werden kann.

    Sofortmaßnahmen

    Durch mobile Technologien und Kommunikationsmittel können wir räumlich und zeitlich variabel arbeiten. Geräte wie Smartphones und Laptops ermöglichen uns die Arbeit von zu Hause oder unterwegs. Diese neue Art des Arbeitens bietet Chancen und Risiken. Die ständige Verfügbarkeit zählt zu einem Risiko, dass mit der mobilen Technologie einhergeht, denn die neuen Technologien fördern die Erwartungen der Beschäftigten auch außerhalb der offiziellen Arbeitszeit erreichbar sein zu müssen (Bergman & Gardiner, 2007). Konsistent mit dieser Argumentation geht mit mobilen Technologien ein höherer Arbeitsumfang und längere Arbeitszeiten einher (Tower, Duxbury & Thomas, 2005). Mithilfe der unten aufgeführten Sofortmaßnahmen kann die eigene Verfügbarkeit in beruflichen Belangen selbstbestimmt reguliert werden. Dies geschieht, unter anderem, indem die mobilen Technologien als Kommunikationsmittel bewusst eingesetzt und abgeschaltet werden. Eine Checkliste kann helfen die Selbstreflexion und erste Gegenmaßnahmen einzuleiten.










    Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen

    Ständige Verfügbarkeit kann subjektiv oder kulturell erwartet werden. Deswegen sehen Experten vor allem Unternehmen und Organisationen in der Pflicht zu regulierenden Maßnahmen (IGA-Report, 2013). Diese Maßnahmen sind sehr aufwendig (vgl. Volkswagen AG: Ausschalten Mailserver) und dementsprechend noch nicht die Regel. Es ist folglich davon auszugehen, dass der Mitarbeiter in der nahen Zukunft eigenverantwortlich für seine Gesundheit und sein Wohlbefinden zuständig bleibt. Beschäftigte können den negativen Folgen von ständiger Verfügbarkeit durch Entspannungs- und Achtsamkeitsübungen entgegenwirken.

    Entspannungsübung
    Die Muskelrelaxation nach Jacobsen ist eine effektive Methode, um im ganzen Körper Verspannungen in Muskeln zu lösen und dadurch zu einer tieferen Entspannung zu gelangen. Durch eine häufige Wiederholung der Übung kann immer schneller der Zustand der Entspannung erreicht werden. Zu Beginn wird empfohlen in liegender Position (evtl. vor dem Einschlafen) die Übung mithilfe der langen Audio-Anleitung durchzuführen. Mit zunehmender Übung kann die Muskelrelaxation nach Jacobsen auch im Sitzen (bspw. im Büro) mithilfe der kurzen Audio-Anleitung durchgeführt werden. Unter diesem Link finden Sie beide Audio-Anleitungen: https://www.tk.de/techniker/magazin/life-balance/aktiv-entspannen/progressive-muskelentspannung-zum-download-2021142

    Achtsamkeitsübung
    Achtsamkeit ist die Fähigkeit wahrzunehmen ohne zu bewerten. Achtsam kann man nur im Hier-und-Jetzt sein. Die Gedanken sollten nicht zu ToDo-Listen oder Rekapitulationen von Meetings abwandern. Achtsamkeit hilft bei der Stressreduktion und Entspannung. Die Übung Body-Scan geht schrittweise durch den Körper von den Füßen bis zum Kopf. Der Körper, die Empfindungen und Gefühle sollen intensiver gespürt werden. Die Übung kann mit und ohne Musik hier online heruntergeladen werden: https://www.tk.de/techniker/magazin/life-balance/aktiv-entspannen/body-scan-download-2007110

    Einstellungen, Gedanken und Verhalten gezielt verändern

    1. Schritt: Schaffung eines Bewusstseins
    2. Wie häufig beantworte ich in meiner Freizeit berufliche E-Mails bzw. nehme Anrufe entgegen? Führen Sie ein Ritual ein: Bei jedem Anruf, bei jeder E-Mail, die Sie in Ihrer Freizeit beantworten, legen Sie eine Kugel in ein Glas. Sie können dafür auch das folgende Handout ausdrucken und mit einer Strichliste Buch führen.











      Wie lange beschäftige ich mich mit arbeitsrelevanten Themen bzw. tue etwas für die Arbeit nach Feierabend/ am Wochenende/ an Feiertagen/ im Urlaub? Um die Dauer der unregulierten Arbeitszeit zu messen, tracken Sie die Bildschirmzeit über mehrere Tage hinweg.

    3. Schritt: Reflektion
    4. Wie fühle ich mich dabei? Was macht das mit mir? Führen Sie mit dem folgenden Handout Tagebuch über Ihre Gedanken und Gefühle im Laufe des Tages.


    Literatur


    Weiterführende Literatur