Störungen im Arbeitsablauf - Was können Arbeitgeber tun?

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Was sind Störungen im Arbeitsablauf ?

Wenn Sie bei der Arbeit oft unterbrochen werden, selten ungestört arbeiten und sich durch die Störungen nicht voll und ganz konzentrieren können, dann erleben Sie hohe Anforderungen durch Störungen bei der Arbeit [1]. Es sind damit Unterbrechungen gemeint, die durch einen äußeren Einfluss entstehen [2]. Sie treten unvorhergesehen ein, z.B. weil ein Kollege Ihnen eine Frage stellt [3]. Durch die Unterbrechung entsteht ein Konflikt zwischen zwei Aufgaben [4]: Zum Beispiel besprechen Sie mit einem Kollegen die Lösung eines Problems (Aufgabe 1) und währenddessen kommt ein Telefonanruf für Sie rein (Aufgabe 2). Dann unterbricht der Telefonanruf nicht nur das Gespräch in dem Moment und den Gedanken, den Sie gerade hatten. Zusätzlich müssen Sie auch noch entscheiden, ob Sie den Anruf annehmen oder lieber das Gespräch fortführen.

Warum ist es wichtig, auf Störungen im Arbeitsablauf zu achten?

44 % der Beschäftigten gaben im Stressreport 2012 an, am Arbeitsplatz Störungen und Unterbrechungen ausgesetzt zu sein [5]. Inwiefern sich Arbeitsunterbrechungen negativ auswirken, hängt jedoch von der Aufgabenschwierigkeit ab [3]: Bei leichten Aufgaben können Unterbrechungen eine willkommene Abwechslung sein. Bei schwierigen Aufgaben hingegen werden Unterbrechungen eher als störend wahrgenommen. Durch Unterbrechungen können dann Leistungseinbußen entstehen - diese zeigen sich in Form einer höheren Anzahl von Fehlern und auch einer längeren Bearbeitungsdauer [6]. Treten Unterbrechungen immer wieder auf, so muss die Leistungsfähigkeit jedes Mal wieder neu aufgebaut werden (siehe Abbildung) [7]. Durch häufige Unterbrechungen entsteht auch eine erhöhte Wahrnehmung von Belastung, ein verstärktes Erschöpfungserleben, ein höherer Zeitdruck sowie eine negativere Stimmung [8, 9].

Daher wird von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) eine generelle Reduktion von Unterbrechungen empfohlen [10].

Leistungsfähigkeit bei Arbeitsunterbrechung in Anlehnung an Weisweiler, Discherl und Braumandl (2013) und Seiwert (1999)

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Was kann gegen Störungen im Arbeitsablauf getan werden?

Um geeignete Maßnahmen gegen Störungen im Arbeitsblauf ergreifen zu können, ist es im ersten Schritt wichtig die genauen Ursachen der Störungen zu ermitteln. Besprechen Sie sich dazu am besten mit Ihrem Team, um die größten und wichtigsten Störquellen herauszufinden. In einem zweiten Schritt können Sie dann gemeinsame Maßnahmen ergreifen.

Team-Besprechung zu Störungen

Nehmen Sie sich mit Ihrem Team ausreichend Zeit, um das Thema "Störungen bei der Arbeit" zu besprechen. Sorgen Sie zudem dafür, dass Sie bei der Besprechung nicht gestört werden, damit Sie und Ihr Team sich voll und ganz auf das Thema konzentrieren können. Empfehlen Sie Ihren Mitarbeitenden sich die Seite Störungen im Arbeitsablauf für Mitarbeitende zur Vorbereitung anzuschauen.

Falls Sie eine Anregung brauchen wie Sie den Termin prinzipiell aufbauen könnten, schauen Sie sich den Beispielablauf für einen Workshop auf der Seite Hinweise für Führungskräfte an.

Schritt 1: Störungsquellen sammeln

Lassen Sie die Teammitglieder die auftretenden Störungen sammeln. Notieren Sie diese für alle gut sichtbar. Versuchen Sie dabei jede Störung möglichst genau zu erfassen (Wann tritt sie auf? Wo tritt sie auf? Wodurch wird sie ausgelöst?). Überlegen Sie zudem mit Ihrem Team, ob es bestimmte Faktoren gibt, die mit mehr Störungen einher gehen: gewisse Zeiten, Orte oder Auslöser (siehe Abbildung). Sammeln Sie in diesem Schritt erstmal alles, was Ihnen und den Mitarbeitenden einfällt. Sie können dafür auch die beigefügte Vorlage zum Notieren der Störungen nutzen. Im nächsten Schritt wählen Sie erst aus und überlegen sich Maßnahmen.

Ursprung von Störungen ermitteln in Anlehnung an [BAUA], © Präventa

Schritt 2: Störungen sortieren und entsprechende Maßnahmen ergreifen

In einem zweiten Schritt im Workshop werden die gesammelten Störungen von allen Teilnehmenden sortiert. Dabei bietet es sich an, eine Magnettafel, den Boden (Zeichen Sie verschiedene Bereiche auf oder legen Sie Plakate in unterschiedlichen Farben aus) oder auch digitale Visualisierungen zu nutzen, um die verschiedenen genannten Aspekte der Teilnehmer, den unterschiedlichen Kategorien zuzuordnen. Hierfür nehmen Sie sich die drei Kategorien des „Circle of Influence“ zur Grundlage (Einfluss, eingeschränkter Einfluss, kein Einfluss: siehe Abbildung und verlinkte Seite).

Circle of Influence, © Präventa
  • Einfluss: Im gelben Bereich ordnen Sie alle Störungen ein, die Ihre Mitarbeitenden selber beeinflussen können. Die Teilnehmer sollen gemeinsam überlegen, wie Sie mit den Situationen, die diesem Bereich zugeordnet worden sind, umgehen können. Sie können zum Beispiel gemeinsame Regeln für das Team festlegen. Dazu gehört auch die Festlegung störungsfreier Zeiten. In folgendem Handout erfahren Sie mehr dazu wie sie störungsfreie Zeiten bei sich im Team einführen könnten.
  • Eingeschränkter Einfluss: In diesen Bereich gehört alles, bei dem sich die Teilnehmenden nicht sicher sind, ob sie die Dinge beeinflussen können. Das ist bspw. der Fall, wenn man jemanden um etwas bittet, aber die Veränderung eben davon abhängt, ob die Person dem zustimmt, sich das Feedback zu Herzen nimmt oder sein Verhalten verändert. Motivieren Sie Ihre Mitarbeitenden hierbei, nicht zu früh aufzugeben, sondern sich dafür einzusetzen, etwas zu ändern. Überlegen Sie außerdem im Team gemeinsam, wie man vorgehen könnte. Wer aus dem Team würde sich bereiterklären, die entsprechende Person anzusprechen? Wie sucht man am besten das Gespräch?
  • Kein Einfluss: Hierher gehören alle Dinge, die die Teilnehmenden nicht beeinflussen können. An dieser Stelle ist es nun wichtig, die Gegebenheiten zu akzeptieren und einen angemessenen Umgang damit zu finden. Dabei ist es hilfreich, Gelassenheit zu entwickeln und sich Unterstützung bei Freunden, Partnern, Familie, Kollegen, Führungskräften oder auch Beratungsstellen zu suchen, um den eigenen individuellen Weg zur Kompensation zu finden. [11] Mehr Infos zu der 4-A-Strategie finden Sie hier.

Ermutigen Sie die teilnehmenden Mitarbeiter dazu, sich untereinander über Bewältigungsstrategien auszutauschen und sich gegenseitig Tipps zu geben.

Ein Training zum Umgang mit E-Mails

In der modernen Arbeitswelt können Störungen durch E-Mails am Arbeitsplatz hervorgerufen werden. Durch die Verwendung von E-Mails kann es am Arbeitsplatz zu einer Informationsüberlastung kommen. Die Unterbrechungen der Arbeit durch E-Mails führen bei Mitarbeitenden zu höherem Zeitdruck und negativer Stimmung. Diese kann mit psychosomatischen Beschwerden einhergehen und niedriger Arbeitszufriedenheit [12].

Ursachen dafür sind [13]:

  • die zunehmende Menge der Nachrichten per E-Mail
  • die vielen Möglichkeiten für Missverständnisse bei Textnachrichten
  • die unklar kommunizierten Erwartungen an die Antwortgeschwindigkeit
  • die häufig fehlende Medienkompetenz der Beschäftigten mit den E-Mails umzugehen

Daher wurde ein Trainingskonzept zur Vermittlung eines gesunden Umgangs mit E-Mail-Komunikation entwickelt und evaluiert [14, zitiert nach 15]. Das Training besteht aus den drei Modulen Medienkompetenz erhöhen, Vermittlung von Arbeitstechniken und Regelung der Kommunikation in Arbeitsgruppen. Mehr Informationen zu dem Training erhalten Sie in unten stehendem Handout. Das zweite Handout enthält generelle Tipps, wie Störungen im Arbeitsablauf durch E-Mail-Kommunikation verringert werden können.

Quellen

[1] Schulte, E.-M., Wittner, B., & Kauffeld, S. (2020).Ressourcen und Anforderungen (ReA) in der Arbeitswelt: Entwicklung und erste Validierung eines Fragebogens. Manuskript eingereicht zur Publikation.

[2] Rothe, I., Adolph, L., Beermann, B., Schütte, M., Windel, A., Grewer, A., Lenhardt, U., Michel, J., Thomson, B., Formazin, M. (2017). Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt. Wissenschaftliche Standortbestimmung: Forschung Projekt F 2353 (1. Auflage).

[3] Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (2019). Arbeitsunterbrechungen und Multitasking täglich meistern. Bönen: Kettler. Zugriff am 14.01.20

[4] Altmann, E. M. & Trafton, J. G. (2002). Memory for goals: An activation-based model. Cognitive Science, 26, 39-83.

[5] Lohmann-Haislah, A. (2013). Stress aktuell – Ergebnisse der Erwerbstätigenbefragung. In A. Lohmann-Haislah (Hrsg.), Stressreport Deutschland 2012: Psychische Anforderungen, Ressourcen und Befinden. (S.34-106). Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

[6] Eyrolle, H. & Cellier, J. M. (200). The effects of interruptions in work activity: Field and labo-ratory results. Applied Ergonomics, 31, 537-543.

[7] Weisweiler S., Dirscherl B.,Braumandl I. (2013). Zeit- und Selbstmanagement, Berlin: Springer-Verlag.

[8] Rigotti, T., Baethge, A., & Freude, G. (2012). Arbeitsunterbrechungen als tägliche Belastungsquelle. In: B. Badura, A. Ducki, H. Schröder, J. Klose & M. Meyer (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2012. Gesundheit in einer flexiblen Arbeitswelt: Chancen nutzen – Risiken minimieren (S. 61–69). Berlin Heidelberg: Springer.

[9] Sonnentag, S. Reinecke, L., Mata, J., & Vorderer, P. (2017). Feeling interrupted—Being responsive: How online messages relate to affect at work. Journal of Organizational Behavior, 39(3), 369-383.

[10] Rigotti, T. (2016). Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt: Störungen und Unterbrechungen. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

[11] Kaluza, G. (2015). Stressbewältigung: Trainingsmanual zur psychologischen Gesundheitsförderung. Springer-Verlag.

[12] Moser K., Preising K., Göritz A. S. & Paul K. (2002). Steigende Informationsflut am Arbeitsplatz: belastungsgünstiger Umgang mit elektronischen Medien (E-Mail, Internet). Dortmund: Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

[13] Soucek, R. (2009). Informationsüberlastung durch E-Mail-Kommunikation. In B. U. Stetina & I. Kryspin-Exner (Hrsg.), Gesundheit und Neue Medien. (S.57-70). Wien: Springer.

[14] Moser, K. & Soucek, R. (2002). Entwicklung und Evaluation eines Trainingsmoduls zum Umgang mit Informationsüberflutung (Forschungsbericht für das BMA bzw. BMWA). Universität Erlangen-Nürnberg.

[15] Moser, K. & Soucek, R. (2004). Training zur E-Mail-Kommunikation gegen Informationsüberflutung: Erfahrungen und Empfehlungen. Arbeit: Zeitschrift für Arbeitsforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik, 13, 320-322.

[] Seiwert, L.J. (1999). Wenn Du es eilig hast, gehe langsam. Das neue Zeitmanagement in einer beschleunigten Welt. Campus, Frankfurt a. M.

Bildquellen

© Präventa aufbauend auf Oliver Schlüter-Kalkstein, 2020, Störungen im Arbeitsverlauf, Seminar Arbeit und Gesundheit 2019/20