(Entwicklung) Vorversion Führung: Wertschätzung – Was können Arbeitgeber tun?

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Was ist Wertschätzung?

Kennzeichen von Wertschätzung

Wertschätzung ist ein kostbares Gut für Mitarbeitende und Organisationen, das ohne große finanzielle Investitionen auskommt. Dennoch bekommen Mitarbeitende in vielen Fällen weniger Wertschätzung als sie sich wünschen [1,2].

Wertschätzung beschreibt eine Handlung der Zuwendung, bei der eine Person einer anderen zeigt, dass diese wertvoll ist. Das kann eine Anerkennung des Individuums an sich und/oder seines Verhaltens sein [3]. Das Loben besonderer Leistungen ist eine häufige Form der Anerkennung, ist aber nur ein Teil von Wertschätzung [4,5].

Wesentliche Kennzeichen von Wertschätzung sind Akzeptanz, Wärme, Authentizität und Empathie [6 zitiert nach [5]]. Respekt, Unterstützung und Gerechtigkeit in der Organisation sind daher nicht das gleiche wie Wertschätzung, sondern nur Ausdrucksformen von Wertschätzung [7,8]. Konkrete Beispiele für Wertschätzung am Arbeitsplatz sind zum Beispiel das Ermöglichen von Partizipation [7] und das Übertragen von Verantwortung [1].

Es gibt verschiedene Ansätze, wie Führungskräfte ihre Wertschätzung besser ausdrücken können. Bevor diese vorgestellt werden, wird zunächst beschrieben, warum Wertschätzung so wichtig ist und welche Vorteile sie für eine Organisation bringen kann.

Warum ist Wertschätzung wichtig?

Wenn Mitarbeitende sich an ihrem Arbeitsplatz wertgeschätzt fühlen, hat das sowohl für sie selbst als auch für die Organisation viele Vorteile. Zum Beispiel engagieren sich Mitarbeitende, die Wertschätzung erfahren, mehr bei der Arbeit [7,13,14]. Das lässt sich gut anhand der Sozialen Austauschtheorie erklären: Erleben Mitarbeitende Wertschätzung, fühlen sie sich eher verpflichtet, der Organisation etwas zurückzugeben. Das tun sie zum Beispiel, indem sie sich bei der Arbeit mehr anstrengen [7]. Auch darüber hinaus beeinflusst Wertschätzung das Verhalten der Mitarbeitenden positiv, zum Beispiel

  • zeigen Mitarbeitende häufiger freiwilliges Verhalten im Sinne der Organisation [7],
  • bewerten ihren Arbeitsplatz positiver [5] und
  • sind auch gegen Ende der Berufstätigkeit weiterhin motiviert [15].

Viele der Vorzüge, die Wertschätzung für Mitarbeitende hat, führen auch dazu, dass sie mehr für die Organisation leisten. Einige solcher Effekte sind:

  • ein höhere Arbeitszufriedenheit [8],
  • ein höheres Wohlbefinden [5,16],
  • eine bessere psychische Belastbarkeit [5],
  • ein stärker positives Erleben ihres Berufs [5] und
  • weniger Gefühle von Groll [8].

Wertschätzung schafft nicht nur viel Positives, sondern kann auch negative Auswirkungen abfedern und dabei helfen, mit herausfordernden Situationen bei der Arbeit umzugehen [3,7,13]. Eine Studie zeigte beispielsweise, dass längere Arbeitsstunden bei einer geringen Wertschätzung zu einer niedrigen Arbeitszufriedenheit führten. Erlebten die Mitarbeitenden eine hohe Wertschätzung, erhöhte sich die Arbeitszufriedenheit trotz der längeren Arbeitsstunden [8].

Eine andere Untersuchung ergab, dass Wertschätzung, die Führungskräfte ihren Mitarbeitenden gegenüber zeigten, vor den Auswirkungen von stressenden Arbeitsunterbrechungen auf die Arbeitszufriedenheit, arbeitsbezogene depressive Stimmung, Schlafschwierigkeiten und Selbstwirksamkeit schützt [3].

Eine repräsentative Befragung zeigte, dass Wertschätzung Erwerbstätigen dabei hilft, ihre Arbeit als sinnvoll zu erachten. Obwohl Wertschätzung für viele Mitarbeitende wichtig ist, wird sie nur selten als ausreichend erlebt. Nehmen Mitarbeitende hingegen wahr, dass die Wichtigkeit und das Erleben von Wertschätzung übereinstimmen, werden unter anderem weniger Fehlzeiten und weniger arbeitsbezogene gesundheitliche Probleme berichtet [17].

All das zeigt, dass es notwendig ist, dass Organisationen handeln und Maßnahmen einführen, die das Erleben von Wertschätzung ermöglichen. Insbesondere Führungskräfte haben hier einen großen Handlungsspielraum – zumal sich Mitarbeitende am stärksten von ihnen Wertschätzung wünschen [1]. Was Führungskräfte (und Arbeitgeber/innen) konkret tun können, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.

Was können Sie tun, um Wertschätzung bei der Arbeit zu fördern?

Übersicht über Maßnahmen zur Förderung von Wertschätzung

Im Folgenden erfahren Sie, was Sie als Führungskraft oder als Arbeitgeber/in konkret tun können, damit Ihre Mitarbeitenden sich an ihrem Arbeitsplatz stärker wertgeschätzt fühlen. Nicht alle vorgeschlagenen Maßnahmen passen für jede Organisation gleichermaßen und lassen sich überall genauso umsetzen. Verstehen Sie die Maßnahmen als Ideen und Anregungen, die Sie auch an Ihre Organisation anpassen können.

Um zu überlegen, welche Maßnahmen sich für Ihre Organisation eignen, können Sie sich nacheinander 4 Fragen stellen: Was schätzen Sie an Ihren Mitarbeitenden? Wie können Sie Wertschätzung zeigen? Was ist die richtige Form der Wertschätzung für Ihre Mitarbeitenden? Zeigen Sie allen Mitarbeitenden ausreichend Wertschätzung?

In den nächsten Abschnitten werden die Maßnahmen genauer beschrieben. Dort finden Sie auch Beispiele und Materialien. Das Schema links gibt Ihnen einen Überblick darüber, was Sie tun können, um Wertschätzung bei der Arbeit zu fördern.

Was schätzen Sie an Ihren Mitarbeitenden?

Als Führungskraft können Sie die Wertschätzung, die Ihre Mitarbeitenden wahrnehmen, auf zwei Arten steigern: Sie selbst können Wertschätzung zeigen und Sie können fördern, dass die Mitarbeitenden sich gegenseitig wertschätzen. Das folgende Beispiel zeigt, warum eine positive Teamatmosphäre genauso wichtig wie die Wertschätzung durch Sie als Führungskraft ist:

A. Bauer arbeitet in der Personalabteilung eines Schreibwarenherstellers. Dort bringt A. viele gute Ideen zur Verbesserung bestimmter Abläufe in der Verwaltung ein. Die Führungskraft N. Meier lobt A. häufig dafür, zum Beispiel auch in den Meetings mit anderen Teammitgliedern. Die Kolleginnen und Kollegen von A. Bauer reagieren gereizt darauf. Sie sind neidisch auf die guten Leistungen und positiven Rückmeldungen. In der Kaffeeküche machen sie ihrem Ärger Luft. Als A. dazu kommt, verlassen sie den Raum. Immer häufiger fühlt sich A. von ihnen ausgeschlossen. Obwohl die Arbeit A. Freude macht und die Führungskraft gutes Feedback gibt, überlegt A. daher, die Organisation zu verlassen.

Solche und ähnliche Situationen können Sie vermeiden, indem Sie mit Ihrem Team Regeln für das Miteinander festlegen. Halten Sie zum Beispiel ein Meeting mit dem gesamten Team ab. Hier fragen Sie Ihre Mitarbeitenden direkt, wie sie sich eine gute Zusammenarbeit vorstellen und wie sie sich dafür verhalten möchten. Darüber hinaus können Sie ein Vorbild sein, indem Sie selbst Wertschätzung zeigen. Auch damit kann eine wertschätzende Teamatmosphäre hergestellt werden. Auf der verlinkten Seite finden Sie auch ein Handout mit einigen Ideen, wie Sie eine wertschätzende Teamatmosphäre fördern können.

Im Folgenden liegt der Schwerpunkt darauf, wie Sie als Führungskraft direkt den einzelnen Mitarbeitenden gegenüber Wertschätzung zeigen. Bevor Sie sich damit auseinandersetzen, wie Sie Wertschätzung zeigen, können Sie anhand des Arbeitsblatts erst einmal überlegen, was Sie überhaupt an Ihren Mitarbeitenden schätzen. Dabei hilft die grobe Orientierung an zwei Aspekten: Zum einen kann man eine Person aufgrund bestimmter, persönlicher Eigenschaften schätzen, zum anderen aufgrund ihrer beruflichen Fähigkeiten und Leistungen. Forschende, wie etwa Günther und Kolleg/inn/en nennen diese beiden Aspekte sympathiebasierte und kompetenzbasierte Wertschätzung [18].

Reflexion: Was schätze ich an meinen Mitarbeitenden?

Diese beiden Aspekte von Wertschätzung haben verschiedene Wirkungen: Während kompetenzbasierte Wertschätzung besonders die oder den einzelnen Mitarbeitenden belohnt, sorgt sympathiebasierte Wertschätzung eher für eine insgesamt gute Stimmung im Team. Es ist also entscheidend zu wissen, dass diese beiden Seiten von Wertschätzung einander nicht ersetzen können [18]. Notieren Sie im Arbeitsblatt daher am besten für alle in Ihrem Team sowohl sympathiebasierte als auch kompetenzbasierte Aspekte, die Sie an ihnen wertschätzen.

Die letzte Spalte auf dem Arbeitsblatt können Sie nutzen, um mit einem Ausrufezeichen (!) die Mitarbeitenden zu kennzeichnen, die Ihnen unähnlich sind. Dies hat folgenden Hintergrund: Eine Studie zeigt, dass Führungskräfte insgesamt häufiger Wertschätzung gegenüber Mitarbeitenden zeigen, die ihnen ähneln. Eher unähnliche Mitarbeitende werden leicht übersehen [14]. Am besten lassen sich die Vorteile von Wertschätzung jedoch nutzen, wenn alle Mitglieder eines Teams Wertschätzung erfahren. Deshalb ist es wichtig, dass sich Führungskräfte den Effekt von Ähnlichkeit bewusst machen. Nutzen Sie daher die freie Spalte des Arbeitsblatts als Erinnerung, auf welche Mitarbeitenden Sie umso bewusster zugehen möchten.


Wie können Sie Wertschätzung zeigen?

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, Wertschätzung zu zeigen. Diese gehen über das Loben hinaus [4,5]. Im Folgenden werden Ihnen neue Ideen gegeben, wie Sie Wertschätzung für Ihre Mitarbeitenden ausdrücken können. Einen guten Überblick hierfür geben die 4 Sprachen der Wertschätzung des Psychologen Paul White [19].

Diese 4 Sprachen der Wertschätzung sind:

  • Worte der Bestätigung
    Abbildung 4 Worte der Bestätigung.png
mündliche oder schriftliche Anerkennung guter Leistungen oder bestimmter Eigenschaften der Person
  • unterstützende Handlungen
    Abbildung 5 unterstützende Handlungen.PNG
Unterstützung bei schwierigen oder sehr dringlichen Arbeitsaufgaben
  • gemeinsame, wertvolle Zeit
    Abbildung 6 wertvolle Zeit.PNG
gemeinsam Zeit verbringen, in der die oder der Mitarbeitende nicht-arbeitsbezogene Aufmerksamkeit erhält
  • kleine Geschenke
    Abbildung 7 kleine Geschenk.PNG
kleine, durchdachte Geschenke, die die Vorlieben der oder des Mitarbeitenden berücksichtigen

Quellen

[1] Göll, S. & Rettler, P. (2010). Anerkennung und Kritik in der modernen Personalführung – Ein empirischer Befund zum Einsatz von Anerkennung, Wertschätzung und Kritik als Führungsinstrumente. Journal für Psychologie, 18(2).

[2] Zwack, M., Muraitis, A. & Schweitzer-Rothers, J. (2011). Wozu keine Wertschätzung? Zur Funktion des Wertschätzungsdefizits in Organisationen. Organisationsberatung, Supervision, Coaching, (18), 429–443. https://doi.org/10.1007/s11613-011-0258-5

[3] Stocker, D., Keller, A. C., Meier, L. L., Elfering, A., Pfister, I. B., Jacobshagen, N. et al. (2018). Appreciation by supervisors buffers the impact of work interruptions on well-being longitudinally. International Journal of Stress Management, 26(4), 331–343. https://doi.org/10.1037/str0000111

[4] Bruch, H. & Kowalevski, S. (2013). Gesunde Führung. Wie Unternehmen eine gesunde Performancekultur entwickeln. Überlingen: compamedia GmbH. Verfügbar unter: https://www.nachhaltigkeit-ingna.ch/wp-content/uploads/2014/12/gesundefuehrung.pdf

[5] Hinding, B., Akca, S. & Kastner, M. (2012). Wertschätzung als Prädiktor für die Leistungsfähigkeit und Gesundheit des Pflegepersonals im Krankenhaus. Plexus, 20, 64–75. Verfügbar unter: http://miph.umm.uni-heidelberg.de/innogeso/index_htm_files/plexus_suppl2012%20korr.pdf#page=64

[6] Rogers, C. R. (1982). Die Kraft des Guten - Ein Appell zur Selbstverwirklichung (14. Aufl.). Fischer-Taschenbücher Geist und Psyche: Bd. 42271. Fischer-Taschenbuch-Verlag.

[7] Gauglitz, R. E. (2019). Feedback and Appreciation at Work. Dissertation. Technische Universität Darmstadt, Darmstadt. Zugriff am 06.10.2020. Verfügbar unter: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/8855/1/2019-02-16-Diss_final.pdf

[8] Stocker, D., Jacobshagen, N., Semmer, N. K. & Annen, H. (2010). Appreciation at Work in the Swiss Armed Forces. Swiss Journal of Psychology, 69(2), 117–124. https://doi.org/10.1024/1421-0185/a000013

[9] Bishop, W. H. (2013). Defining the authenticity in authentic leadership. Journal of values-based leadership, 6(1). Verfügbar unter: https://scholar.valpo.edu/jvbl/vol6/iss1/7/

[10] Fiske, S. T., Cuddy, A. J. C. & Glick, P. (2007). Universal dimensions of social cognition: warmth and competence. Trends in Cognitive Sciences, 11(2), 77-83. https://doi.org/10.1016/j.tics.2006.11.005

[11] Margraf, J. & Müller-Spahn, F. (Hrsg.). (2009). Pschyrembel Psychiatrie, klinische Psychologie, Psychotherapie. Berlin: de Gruyter.

[12] Fischer, P., Jander, K. & Krueger, J. (2018). Sozialpsychologie für Bachelor (Springer-Lehrbuch). Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56739-5

[13] Bakker, A. B., Hakanen, J. J., Demerouti, E. & Xanthopoulou, D. (2007). Job resources boost work engagement, particularly when job demands are high. Journal of Educational Psychology, 99(2), 274–284. https://doi.org/10.1037/0022-0663.99.2.274

[14] Groeneveld, A. (2018, 18. Juni). The importance of feeling appreciated at work. How leadership style, perceived appreciation and congruence in personality are related to employee work engagement. Masterarbeit. Utrecht University, Utrecht.

[15] Bruch, H. & Kunze, F. (2007). Management einer Aging Workforce: Ansätze zu Kultur und Führung. Zeitschrift Führung + Organisation : ZfO, 76(2), 72-77. Verfügbar unter http://kops.uni-konstanz.de/handle/123456789/28519

[16] Stocker, D., Jacobshagen, N., Krings, R., Pfister, I. B. & Semmer, N. K. (2014). Appreciative Leadership and Employee Well-Being in Everyday Working Life. German Journal of Human Resource Management: Zeitschrift für Personalforschung, 28(1-2), 73–95.

[17] Waltersbacher, A., Zok, K., Böttger, S. J. & Klose, J. (2018). Sinnerleben bei der Arbeit und der Einfluss auf die Gesundheit. Ergebnisse einer repräsentativen Befragung unter Erwerbstätigen. In B. Badura, A. Ducki, H. Schröder, J. Klose & M. Meyer (Hrsg.), Sinn erleben - Arbeit und Gesundheit. Zahlen, Daten, Analysen aus allen Branchen der Wirtschaft (Fehlzeiten-Report, Bd. 2018, S. 23–46). Berlin: Springer.

[18] Günther, F., Binkowski, S. & Hoppe, A. (2014, Februar). Einfluss der Wertschätzung durch Führungspersonen auf die Arbeitszufriedenheit. 13. Symposium Energieinnovation, Graz. Zugriff am 06.10.2020. Verfügbar unter: https://www.tugraz.at/fileadmin/user_upload/Events/Eninnov2014/files/lf/LF_Hoppe_Wertschaetzung.pdf

[19] White, P. (2017). How do employees want to be shown appreciation? Results from 100,000 employees. Strategic HR Review, 16(4), 197–199. https://doi.org/10.1108/SHR-06-2017-0037

[20] Hamrick, N. & White, P. (2020). Specific acts of appreciation valued by employees. Strategic HR Review, 19(4), 163–169. https://doi.org/10.1108/SHR-03-2020-0024

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