(Entwicklung) Vorversion Führung: Wertschätzung – Was können Arbeitgeber tun?

From Praeventa
Revision as of 13:48, 3 January 2021 by Johanna Gerste (talk | contribs) (Quellen)
Jump to navigation Jump to search

Was ist Wertschätzung?

Kennzeichen von Wertschätzung basierend auf [6 zitiert nach 5, 9, 10, 11, 12]

Wertschätzung ist sehr kostbar für Mitarbeitende und Organisationen, benötigt jedoch keine großen finanziellen Investitionen. In vielen Fällen bekommen Mitarbeitende dennoch weniger Wertschätzung als sie sich wünschen [1,2].

Wertschätzung beschreibt eine Handlung der Zuwendung, bei der eine Person einer anderen zeigt, dass diese wertvoll ist. Das kann eine Anerkennung des Individuums an sich und/oder seines Verhaltens sein [3]. Das Loben besonderer Leistungen ist eine häufige Form der Anerkennung, ist aber nur ein Teil von Wertschätzung [4,5].

Wesentliche Kennzeichen von Wertschätzung sind Akzeptanz, Wärme, Authentizität und Empathie [6 zitiert nach [5]]. Respekt, Unterstützung und Gerechtigkeit in der Organisation sind daher nicht das gleiche wie Wertschätzung, sondern nur Ausdrucksformen von Wertschätzung [7,8]. Konkrete Beispiele für Wertschätzung am Arbeitsplatz sind zum Beispiel das Ermöglichen von Partizipation [7] und das Übertragen von Verantwortung [1].

Es gibt verschiedene Ansätze, wie Führungskräfte ihre Wertschätzung besser ausdrücken können. Bevor diese vorgestellt werden, wird zunächst beschrieben, warum Wertschätzung so wichtig ist und welche Vorteile sie für eine Organisation bringen kann.

Warum ist Wertschätzung wichtig?

Wenn Mitarbeitende sich an ihrem Arbeitsplatz wertgeschätzt fühlen, hat das sowohl für sie selbst als auch für die Organisation viele Vorteile. Zum Beispiel engagieren sich Mitarbeitende, die Wertschätzung erfahren, mehr bei der Arbeit [7,13,14]. Das lässt sich gut anhand der Sozialen Austauschtheorie erklären: Erleben Mitarbeitende Wertschätzung, fühlen sie sich eher verpflichtet, der Organisation etwas zurückzugeben. Das tun sie zum Beispiel, indem sie sich bei der Arbeit mehr anstrengen [7]. Auch darüber hinaus beeinflusst Wertschätzung das Verhalten der Mitarbeitenden positiv, zum Beispiel

  • zeigen Mitarbeitende häufiger freiwilliges Verhalten im Sinne der Organisation [7],
  • bewerten ihren Arbeitsplatz positiver [5] und
  • sind auch gegen Ende der Berufstätigkeit weiterhin motiviert [15].

Viele der Vorzüge, die Wertschätzung für Mitarbeitende hat, führen auch dazu, dass sie mehr für die Organisation leisten. Einige solcher Effekte sind:

  • ein höhere Arbeitszufriedenheit [8],
  • ein höheres Wohlbefinden [5,16],
  • eine bessere psychische Belastbarkeit [5],
  • ein stärker positives Erleben ihres Berufs [5] und
  • weniger Gefühle von Groll [8].

Wertschätzung schafft nicht nur viel Positives, sondern kann auch negative Auswirkungen abfedern und dabei helfen, mit herausfordernden Situationen bei der Arbeit umzugehen [3,7,13]. Eine Studie zeigte beispielsweise, dass längere Arbeitsstunden bei einer geringen Wertschätzung zu einer niedrigen Arbeitszufriedenheit führten. Erlebten die Mitarbeitenden eine hohe Wertschätzung, erhöhte sich die Arbeitszufriedenheit trotz der längeren Arbeitsstunden [8].

Eine andere Untersuchung ergab, dass Wertschätzung, die Führungskräfte ihren Mitarbeitenden gegenüber zeigten, vor den Auswirkungen von stressenden Arbeitsunterbrechungen auf die Arbeitszufriedenheit, arbeitsbezogene depressive Stimmung, Schlafschwierigkeiten und Selbstwirksamkeit schützt [3].

Eine repräsentative Befragung zeigte, dass Wertschätzung Erwerbstätigen dabei hilft, ihre Arbeit als sinnvoll zu erachten. Obwohl Wertschätzung für viele Mitarbeitende wichtig ist, wird sie nur selten als ausreichend erlebt. Nehmen Mitarbeitende hingegen wahr, dass die Wichtigkeit und das Erleben von Wertschätzung übereinstimmen, werden unter anderem weniger Fehlzeiten und weniger arbeitsbezogene gesundheitliche Probleme berichtet [17].

All das zeigt, dass es notwendig ist, dass Organisationen handeln und Maßnahmen einführen, die das Erleben von Wertschätzung ermöglichen. Insbesondere Führungskräfte haben hier einen großen Handlungsspielraum – zumal sich Mitarbeitende am stärksten von ihnen Wertschätzung wünschen [1]. Was Führungskräfte (und Arbeitgeber/innen) konkret tun können, erfahren Sie im nächsten Abschnitt.

Was können Sie tun, um Wertschätzung bei der Arbeit zu fördern?

Übersicht über Maßnahmen zur Förderung von Wertschätzung

Im Folgenden erfahren Sie, was Sie als Führungskraft oder als Arbeitgeber/in konkret tun können, damit Ihre Mitarbeitenden sich an ihrem Arbeitsplatz stärker wertgeschätzt fühlen. Nicht alle vorgeschlagenen Maßnahmen passen für jede Organisation gleichermaßen und lassen sich überall genauso umsetzen. Verstehen Sie die Maßnahmen als Ideen und Anregungen, die Sie auch an Ihre Organisation anpassen können.

Um zu überlegen, welche Maßnahmen sich für Ihre Organisation eignen, können Sie sich nacheinander 4 Fragen stellen: Was schätzen Sie an Ihren Mitarbeitenden? Wie können Sie Wertschätzung zeigen? Was ist die richtige Form der Wertschätzung für Ihre Mitarbeitenden? Zeigen Sie allen Mitarbeitenden ausreichend Wertschätzung?

In den nächsten Abschnitten werden die Maßnahmen genauer beschrieben. Dort finden Sie auch Beispiele und Materialien. Das Schema links gibt Ihnen einen Überblick darüber, was Sie tun können, um Wertschätzung bei der Arbeit zu fördern.

Was schätzen Sie an Ihren Mitarbeitenden?

Als Führungskraft können Sie die Wertschätzung, die Ihre Mitarbeitenden wahrnehmen, auf zwei Arten steigern: Sie selbst können Wertschätzung zeigen und Sie können fördern, dass die Mitarbeitenden sich gegenseitig wertschätzen. Das folgende Beispiel zeigt, warum eine positive Teamatmosphäre genauso wichtig wie die Wertschätzung durch Sie als Führungskraft ist:

A. Bauer arbeitet in der Personalabteilung eines Schreibwarenherstellers. Dort bringt A. Bauer viele gute Ideen zur Verbesserung bestimmter Abläufe in der Verwaltung ein. Die Führungskraft N. Meier lobt A. Bauer häufig dafür, zum Beispiel auch in den Meetings mit anderen Teammitgliedern. Die Kolleginnen und Kollegen von A. Bauer reagieren gereizt darauf. Sie sind neidisch auf die guten Leistungen und positiven Rückmeldungen. In der Kaffeeküche machen sie ihrem Ärger Luft. Als A. Bauer dazu kommt, verlassen sie den Raum. Immer häufiger fühlt sich A. Bauer von ihnen ausgeschlossen. Obwohl die Arbeit A. Bauer Freude macht und die Führungskraft gutes Feedback gibt, überlegt A. Bauer daher, die Organisation zu verlassen.

Solche und ähnliche Situationen können Sie vermeiden, indem Sie mit Ihrem Team Regeln für das Miteinander festlegen. Halten Sie zum Beispiel ein Meeting mit dem gesamten Team ab. Hier fragen Sie Ihre Mitarbeitenden direkt, wie sie sich eine gute Zusammenarbeit vorstellen und wie sie sich dafür verhalten möchten. Darüber hinaus können Sie ein Vorbild sein, indem Sie selbst Wertschätzung zeigen. Auch damit kann eine wertschätzende Teamatmosphäre hergestellt werden. Auf der verlinkten Seite finden Sie auch ein Handout mit einigen Ideen, wie Sie eine wertschätzende Teamatmosphäre fördern können.

Reflexion: Was schätze ich an meinen Mitarbeitenden?

Im Folgenden liegt der Schwerpunkt darauf, wie Sie als Führungskraft direkt den einzelnen Mitarbeitenden gegenüber Wertschätzung zeigen. Bevor Sie sich damit auseinandersetzen, wie Sie Wertschätzung zeigen, können Sie anhand des Arbeitsblatts erst einmal überlegen, was Sie überhaupt an Ihren Mitarbeitenden schätzen. Dabei hilft die grobe Orientierung an zwei Aspekten: Zum einen kann man eine Person aufgrund bestimmter, persönlicher Eigenschaften schätzen, zum anderen aufgrund ihrer beruflichen Fähigkeiten und Leistungen. Forschende, wie etwa Günther und Kolleg/inn/en nennen diese beiden Aspekte sympathiebasierte und kompetenzbasierte Wertschätzung [18].

Diese beiden Aspekte von Wertschätzung haben verschiedene Wirkungen: Während kompetenzbasierte Wertschätzung besonders die oder den einzelnen Mitarbeitenden belohnt, sorgt sympathiebasierte Wertschätzung eher für eine insgesamt gute Stimmung im Team. Es ist also entscheidend zu wissen, dass diese beiden Seiten von Wertschätzung einander nicht ersetzen können [18]. Notieren Sie im Arbeitsblatt daher am besten für alle in Ihrem Team sowohl sympathiebasierte als auch kompetenzbasierte Aspekte, die Sie an ihnen wertschätzen.

Die letzte Spalte auf dem Arbeitsblatt können Sie nutzen, um mit einem Ausrufezeichen (!) die Mitarbeitenden zu kennzeichnen, die Ihnen unähnlich sind. Dies hat folgenden Hintergrund: Eine Studie zeigt, dass Führungskräfte insgesamt häufiger Wertschätzung gegenüber Mitarbeitenden zeigen, die ihnen ähneln. Eher unähnliche Mitarbeitende werden leicht übersehen [14]. Am besten lassen sich die Vorteile von Wertschätzung jedoch nutzen, wenn alle Mitglieder eines Teams Wertschätzung erfahren. Deshalb ist es wichtig, dass sich Führungskräfte den Effekt von Ähnlichkeit bewusst machen. Nutzen Sie daher die freie Spalte des Arbeitsblatts als Erinnerung, auf welche Mitarbeitenden Sie umso bewusster zugehen möchten.

Wie können Sie Wertschätzung zeigen?

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, Wertschätzung zu zeigen. Diese gehen über das Loben hinaus [4,5]. Im Folgenden werden Ihnen neue Ideen gegeben, wie Sie Wertschätzung für Ihre Mitarbeitenden ausdrücken können. Einen guten Überblick hierfür geben die 4 Sprachen der Wertschätzung des Psychologen Paul White [19].

Diese 4 Sprachen der Wertschätzung sind:

  • Worte der Bestätigung
    Abbildung 4 Worte der Bestätigung.png
mündliche oder schriftliche Anerkennung guter Leistungen oder bestimmter Eigenschaften der Person
  • unterstützende Handlungen
    Abbildung 5 unterstützende Handlungen.PNG
Unterstützung bei schwierigen oder sehr dringlichen Arbeitsaufgaben
  • gemeinsame, wertvolle Zeit
    Abbildung 6 wertvolle Zeit.PNG
gemeinsam Zeit verbringen, in der die oder der Mitarbeitende nicht-arbeitsbezogene Aufmerksamkeit erhält
  • kleine Geschenke
    Abbildung 7 kleine Geschenk.PNG
kleine, durchdachte Geschenke, die die Vorlieben der oder des Mitarbeitenden berücksichtigen
4 Sprachen der Wertschätzung basierend auf [19,20]

Eine Befragung von vielen Mitarbeitenden zeigte, dass nicht jede dieser 4 Sprachen gleichermaßen beliebt ist: Fast die Hälfte der Befragten gab an, sich am meisten Worte der Bestätigung zu wünschen. Damit war dies die beliebteste der 4 Sprachen.

Checkliste: Meine Möglichkeiten zur Wertschätzung
Arbeitsblatt: Lobkarten

Nur wenige fühlten sich am ehesten durch kleine Geschenke wertgeschätzt [20]. Verschiedene Personen bevorzugen also verschiedene Sprachen der Wertschätzung. Trotz der Bevorzugung von einem der 4 Aspekte, kann man sich dennoch auch durch die übrigen wertgeschätzt fühlen. Daher ist es hilfreich, als Führungskraft möglichst alle Sprachen zu nutzen.

Dabei kann Sie die nebenstehende Checklisteunterstützen. Sie bietet zunächst eine konkrete Übersicht, welche Möglichkeiten es für wertschätzendes Verhalten gibt. Gleichzeitig kann sie zur Reflexion anregen, ob und wie Sie diese Möglichkeiten nutzen möchten. Die Übersicht baut auf den 4 Sprachen der Wertschätzung auf. Sie wird zusätzlich durch Aspekte erweitert, die Forschende als Teil von wertschätzender Führung bezeichnen [16].

Beispiel für digitale Notiz

Um sich im Alltag leichter an die verschiedenen Möglichkeiten der Wertschätzung zu erinnern, können Sie sich einen Klebezettel an Ihren Arbeitsplatz anbringen oder sich eine Notiz auf dem Desktop Ihres Arbeitsrechners erstellen.

Ein Beispiel für eine Kurznotiz finden Sie links. Tragen Sie auf dem Klebezettel oder in der digitalen Notiz Ihre fünf besten Ideen ein, wie Sie persönlich wertschätzendes Verhalten zeigen möchten. Diese können Sie vorher zum Beispiel mithilfe der Checkliste auswählen.

Außerdem stehen Ihnen hier Vorlagen für Lobkarten zur Verfügung, mit denen Sie Ihre Wertschätzung ausdrücken können. Sie können diese entweder digital ausfüllen oder ausdrucken und handschriftlich ergänzen. Beim Ausfüllen können Sie zum Beispiel Ihre Überlegungen aus der Reflexion: "Was schätze ich an meinen Mitarbeitenden?" nutzen.

Was ist die richtige Form der Wertschätzung für Ihre Mitarbeitenden?

Die Wahrnehmung von Wertschätzung und der Wunsch nach Wertschätzung sind subjektiv [7]. Eine Lösung für alle zur Förderung wertschätzenden Verhaltens führt demnach nicht zum Ziel. Das folgende Beispiel verdeutlicht dies:

Die Führungskraft N. Meier hat sich entschieden, mehr Wertschätzung für Ihre Mitarbeitenden zu zeigen. Sie hat auch schon eine Idee wie: Immer, wenn eine Person ein Projekt abschließt, organisiert sie zum Feierabend ein extra Team-Treffen. Dabei lobt N. Meier die Person vor allen anderen und dankt ihr. Anschließend stoßen alle mit einem Glas Sekt auf den Erfolg an. Ihre Mitarbeitenden reagieren unterschiedlich auf diesen Vorschlag:

  • F. Neubauer ist mit allem im Team gut befreundet und mag es, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. F. Neubauer genießt daher diese Form der Anerkennung.
  • I. Ostermann ist schüchtern und vermeidet Veranstaltungen in Gruppen. Daher empfindet I. Ostermann ein Lob vor dem Team als unangenehm und nicht als Wertschätzung.
  • G. Peters arbeitet halbtags und macht daher früher Feierabend als die meisten im Team. Die von der Führungskraft geplante Veranstaltung kann aber wegen wichtiger Termine nicht vorverlegt werden. G. Peters fühlt sich von der neuen Regelung ausgeschlossen und daher nicht wertgeschätzt.
  • H. Rein trinkt, wie alle im Team wissen, keinen Alkohol. Dennoch wird, auch als H. Reins Projektabschluss gefeiert wird, nur Sekt ausgeschenkt. H. Rein fühlt sich zwar durch das öffentliche Lob wertgeschätzt, der gute Eindruck wird aber dadurch abgeschwächt, dass die Führungskraft nicht darauf eingegangen ist, dass H. Rein keinen Alkohol trinkt.

Das Beispiel zeigt, wie unterschiedlich Personen ein eigentlich wertschätzend gemeintes Verhalten wahrnehmen können. Es ist also wichtig, für jede Person die passende Art der Wertschätzung zu finden [1,2,20]. Im Beispiel wäre es eine Lösung, für H. Rein ein nicht-alkoholisches Getränk bereit zu haben, das diese Person mag. I. Ostermann könnte man statt in großer Runde, unter 4 Augen sagen, wie gut und wichtig der Projektabschluss war.

Um genau auf einzelne Mitarbeitende einzugehen, ist es wichtig, deren Wünsche zu kennen. Niemand kennt diese besser als die betreffenden Mitarbeitenden selbst! Um also sicherzugehen, dass Sie die richtige Form der Wertschätzung wählen, suchen Sie am besten den Austausch mit Ihren Mitarbeitenden. Zur Unterstützung können dabei die Beispiele aus der Checkliste zu den möglichen Arten der Wertschätzung dienen. So ist direkt ein Abgleich möglich zwischen dem, was Sie bereit sind zu geben und dem, was Ihr Gegenüber sich wünscht. Notieren Sie sich so für alle Ihre Mitarbeitenden, welche Möglichkeiten der Wertschätzung für sie passen und welche nicht.

Zeigen Sie allen Mitarbeitenden ausreichend Wertschätzung?

Führungskraft N. Meier leitet mittlerweile schon viele Jahre die Abteilung. In dieser Zeit hat sie feste Strukturen in der Abteilung eingeführt und Erfahrungen gewonnen, auf die sie sich verlässt. Gerade wurde eine Befragung der Mitarbeitenden der gesamten Organisation durchgeführt. Trotz der Bemühungen von Führungskraft N. Meier, gaben dort einige Mitarbeitende an, sich nicht ausreichend wertgeschätzt zu fühlen.

  • J. Schmidt arbeitet seit ein paar Monaten in der Abteilung. Für J. Schmidt ist es der erste Arbeitsplatz nach der Ausbildung. Daraus bringt J. Schmidt viel aktuelles und theoretisches Wissen mit. Mit diesem Wissen macht J. Schmidt häufig Verbesserungsvorschläge für bestimmte Arbeitsabläufe. Kollegen und Kolleginnen bietet J. Schmidt häufig Hilfe an. Trotzdem hört J. Schmidt selten ein Lob von Führungskraft N. Meier oder erhält Wertschätzung in anderer Form.
  • K. Thälmann arbeitet selbst bereits einige Jahre in der Abteilung. In dieser Zeit ist K. Thälmann nie zu spät zur Arbeit gekommen. Aufgaben erledigt K. Thälmann immer fristgerecht und auf Nachfrage hilft sie anderen Teammitgliedern. Zwar hat K. Thälmann nie die Erwartungen der Führungskraft übertroffen, ihre verlässliche Arbeit hilft jedoch, den Laden am Laufen zu halten. Das übersieht Führungskraft N. Meier.

Wie das Beispiel zeigt, kann es ohne bösen Willen passieren, dass nicht alle Mitarbeitenden genügend Wertschätzung erhalten. Dafür gibt es verschiedene Gründe: Zum einen neigen Führungskräfte dazu, Mitarbeitende, die ihnen ähneln, häufiger wertzuschätzen als Mitarbeitende, die sich von ihnen unterscheiden [14]. Das kann eine Erklärung dafür sein, warum J. Schmidt weniger Wertschätzung von Führungskraft N. Meier erhält.

Zum anderen kann es sein, dass nur besonders gute oder besonders schlechte Leistungen von Mitarbeitenden auffallen. Erfüllen Mitarbeitende - wie K. Thälmann im Beispiel - ihre Aufgaben den Erwartungen nach, ist es schwieriger sich dessen bewusst zu werden. Daher vergessen Führungskräfte die Wertschätzung solchen durchschnittlichen Verhaltens leichter [2]. Wenn Sie diese Effekte kennen, bemerken Sie sie auch leichter bei sich selbst. So können Sie aktiv darauf achten, dass Sie allen Mitarbeitenden gleich viel Wertschätzung entgegenbringen. Dabei kann Ihnen außerdem das folgende Stufenmodell [2] helfen:

Stufenmodell der Wertschätzung basierend auf [2]
Arbeitsblatt: Mein Wertschätzungsplan

Je höher die Stufe, desto eher fühlen sich die Mitarbeitenden wertgeschätzt. Auf der ersten Stufe nehmen Sie wahr, dass Ihre Mitarbeitenden anwesend sind und signalisieren dies auch, indem Sie Ihre Mitarbeitenden freundlich grüßen, Ihnen zulächeln oder in die Augen sehen, wenn Sie sich mit ihnen unterhalten.

Auf der nächsten Stufe nehmen Sie die Mitarbeitenden in ihrer Funktion bzw. in Bezug auf ihre Position in der Organisation ernst, indem Sie ehrlich Lob und Kritik äußern. Auf der dritten Stufe sprechen Sie Ihre Mitarbeitenden als Person an. Das bedeutet, dass Sie darüber reden, was Ihren Mitarbeitenden persönlich wichtig ist. Das können zum Beispiel Gespräche darüber sein, wie sich Ihre neuen Mitarbeitenden einleben, über Sorgen eines Vaters, nach der Elternzeit zurückzukehren oder Glückwünsche zur Hochzeit [2].

Um sich bewusst zu machen, wen Sie wie wertschätzen, können Sie das Arbeitsblatt nutzen, das sich am Stufenmodell orientiert. Fragen Sie sich, was Sie bei wem bereits tun, wo eventuell noch Bedarf besteht und was Sie konkret in der Zukunft tun möchten [2].

Quellen

[1] Göll, S. & Rettler, P. (2010). Anerkennung und Kritik in der modernen Personalführung – Ein empirischer Befund zum Einsatz von Anerkennung, Wertschätzung und Kritik als Führungsinstrumente. Journal für Psychologie, 18(2).

[2] Zwack, M., Muraitis, A. & Schweitzer-Rothers, J. (2011). Wozu keine Wertschätzung? Zur Funktion des Wertschätzungsdefizits in Organisationen. Organisationsberatung, Supervision, Coaching, (18), 429–443. https://doi.org/10.1007/s11613-011-0258-5

[3] Stocker, D., Keller, A. C., Meier, L. L., Elfering, A., Pfister, I. B., Jacobshagen, N. et al. (2018). Appreciation by supervisors buffers the impact of work interruptions on well-being longitudinally. International Journal of Stress Management, 26(4), 331–343. https://doi.org/10.1037/str0000111

[4] Bruch, H. & Kowalevski, S. (2013). Gesunde Führung. Wie Unternehmen eine gesunde Performancekultur entwickeln. Überlingen: compamedia GmbH. Verfügbar unter: https://www.nachhaltigkeit-ingna.ch/wp-content/uploads/2014/12/gesundefuehrung.pdf

[5] Hinding, B., Akca, S. & Kastner, M. (2012). Wertschätzung als Prädiktor für die Leistungsfähigkeit und Gesundheit des Pflegepersonals im Krankenhaus. Plexus, 20, 64–75. Verfügbar unter: http://miph.umm.uni-heidelberg.de/innogeso/index_htm_files/plexus_suppl2012%20korr.pdf#page=64

[6] Rogers, C. R. (1982). Die Kraft des Guten. Appell zur Selbstverwirklichung. München: Kindler.

[7] Gauglitz, R. E. (2019). Feedback and Appreciation at Work (Dissertation). Technische Universität Darmstadt. Verfügbar unter: https://tuprints.ulb.tu-darmstadt.de/8855/1/2019-02-16-Diss_final.pdf

[8] Stocker, D., Jacobshagen, N., Semmer, N. K. & Annen, H. (2010). Appreciation at Work in the Swiss Armed Forces. Swiss Journal of Psychology, 69(2), 117–124. https://doi.org/10.1024/1421-0185/a000013

[9] Bishop, W. H. (2013). Defining the authenticity in authentic leadership. Journal of values-based leadership, 6(1). Verfügbar unter: https://scholar.valpo.edu/jvbl/vol6/iss1/7/

[10] Fiske, S. T., Cuddy, A. J. C. & Glick, P. (2007). Universal dimensions of social cognition: warmth and competence. Trends in Cognitive Sciences, 11(2), 77-83. https://doi.org/10.1016/j.tics.2006.11.005

[11] Margraf, J. & Müller-Spahn, F. (Hrsg.). (2009). Pschyrembel Psychiatrie, klinische Psychologie, Psychotherapie. Berlin: de Gruyter.

[12] Fischer, P., Jander, K. & Krueger, J. (Hrsg.). (2018). Sozialpsychologie für Bachelor (Springer-Lehrbuch, 2. Auflage). Berlin, Heidelberg: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-56739-5

[13] Bakker, A. B., Hakanen, J. J., Demerouti, E. & Xanthopoulou, D. (2007). Job resources boost work engagement, particularly when job demands are high. Journal of Educational Psychology, 99(2), 274–284. https://doi.org/10.1037/0022-0663.99.2.274

[14] Groeneveld, A. (2018). The importance of feeling appreciated at work. How leadership style, perceived appreciation and congruence in personality are related to employee work engagement (Masterarbeit). Utrecht University.

[15] Bruch, H. & Kunze, F. (2007). Management einer Aging Workforce: Ansätze zu Kultur und Führung. Zeitschrift Führung + Organisation : ZfO, 76(2), 72-77. Verfügbar unter http://kops.uni-konstanz.de/handle/123456789/28519

[16] Stocker, D., Jacobshagen, N., Krings, R., Pfister, I. B. & Semmer, N. K. (2014). Appreciative Leadership and Employee Well-Being in Everyday Working Life. German Journal of Human Resource Management: Zeitschrift für Personalforschung, 28(1-2), 73–95. https://doi.org/10.1177/239700221402800105

[17] Waltersbacher, A., Zok, K., Böttger, S. J. & Klose, J. (2018). Sinnerleben bei der Arbeit und der Einfluss auf die Gesundheit. Ergebnisse einer repräsentativen Befragung unter Erwerbstätigen. In B. Badura, A. Ducki, H. Schröder, J. Klose & M. Meyer (Hrsg.), Sinn erleben - Arbeit und Gesundheit. Zahlen, Daten, Analysen aus allen Branchen der Wirtschaft (Fehlzeiten-Report, Bd. 2018, S. 23–46). Berlin: Springer.

[18] Günther, F., Binkowski, S. & Hoppe, A. (2014, Februar). Einfluss der Wertschätzung durch Führungspersonen auf die Arbeitszufriedenheit. 13. Symposium Energieinnovation, Graz. Verfügbar unter: https://www.tugraz.at/fileadmin/user_upload/Events/Eninnov2014/files/lf/LF_Hoppe_Wertschaetzung.pdf

[19] White, P. (2017). How do employees want to be shown appreciation? Results from 100,000 employees. Strategic HR Review, 16(4), 197–199. https://doi.org/10.1108/SHR-06-2017-0037

[20] Hamrick, N. & White, P. (2020). Specific acts of appreciation valued by employees. Strategic HR Review, 19(4), 163–169. https://doi.org/10.1108/SHR-03-2020-0024

Bildquellen