Wissensmanagement – Was können Sie persönlich für sich tun?

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Was ist Wissensmanagement?

Wissen umfasst grob gesagt zunächst einmal sämtliche Vorstellungen über reale Sachverhalte. Diese müssen jedoch nicht objektiv ‚wahr‘ sein, denn es handelt sich um vereinfachte Modellvorstellungen der Realität - sogenannte mentale Modelle. Wissen kann sowohl von Menschen getragen werden, als auch zum Beispiel durch Dokumente oder Technologien. Das Wissen einer Person beeinflusst auch ihr Handeln [1]. Wissensmanagement in einem Unternehmen bedeutet, dass jedem Kollegen zuständige Ansprechpartner mit erforderlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten bekannt sind, dass Mitarbeitende Informationen verlässlich weitergeben und dass gleichzeitig Dokumente und Technologien genutzt werden um Wissen zu sichern und Wissen nutzbar zu machen [2]. Das bedeutet, dass Sie als Mitarbeitende/r zwei Rollen zur gleichen Zeit inne haben: Wissensgeber und Wissensnehmer. Zum einen verfügen Sie über Wissen, welches es lohnt weiter zu geben, damit auch andere davon profitieren können. Zum anderen können Sie auch weitergebenes Wissen nutzen und sich selbst dadurch weiterbilden. Beide Rollen sind unabdingbar für ein funktionierendes Wissensmanagement.

Warum ist es wichtig, auf Wissensmanagement zu achten?

Ein kleines Beispiel zum Einstieg: Wenn in Ihrer Abteilung eine neue Software eingeführt wird, die bereits in anderen Abteilung Verwendung findet, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder Sie arbeiten sich selbst in die Software ein und versuchen Probleme und Fragen dabei selbst zu klären oder Sie greifen auf die Erfahrungen der anderen Abteilungen zurück. Ersteres wird viel Zeit und Ressourcen kosten, wohingegen Zweiteres ein deutlich effizienterer Weg ist - und damit gutes Wissensmanagement. Dies muss jedoch aktiv gestaltet werden und kostet auch Zeit, die sich jedoch lohnt einzuzahlen.
Ein gutes Wissensmanagement ist ein wichtiger wirtschaftlicher Vorteil für Unternehmen. Erfahrene Mitarbeitende orientieren sich bei neuen Aufgaben und Herausforderungen an Wissen aus früheren Projekten, um diese erfolgreich zu meistern. Wird dieses zum Teil implizite Wissen (man kann etwas, jedoch kann nicht erklären, wie genau es funktioniert) nicht ausreichend an andere Mitarbeitende weitergegeben, führt dies häufig zu längeren Bearbeitungszeiten, Fehlern, die hätten vermieden werden können und zu einem höherem Arbeitsaufwand. Qualitative Lösungen werden zum Teil erst spät oder sogar gar nicht gefunden [3]. Wenn Beschäftigten nicht das nötige Wissen zur Verfügung steht, dann kann es sie somit sehr viel Zeit kosten, dieses aufzubauen. Dies hat daher auch wirtschaftliche Folgen für die Organisation. Auch der durch den demografischen Wandel bedingte Wegfall von älteren Wissensträgern führt dazu, dass Kenntnisse und Fähigkeiten dem Unternehmen im schlechtesten Fall nicht mehr zur Verfügung stehen. Aus diesen Gründen ist es wichtig, ein geeignetes Wissensmanagement einzurichten. Dieses kann dabei unterstützen, dass Wissen im Unternehmen weitergegeben wird und jeder Beschäftigte die für seine Arbeit nötigen Kenntnisse hat oder weiß, an wen er sich dafür wenden kann [4]. Damit haben Organisationen, die viel Wissensmanagement betreiben, einen entscheidenden Vorteil gegenüber Organisationen mit kaum bis keinem Wissensmanagement [3].
Damit ein Team gut und effektiv arbeiten kann, müssen die einzelnen Mitglieder über ein bestimmtes Expertenwissen verfügen, aber auch wissen, welche anderen Teammitglieder Experten für einen bestimmten Bereich sind. Für letzteres ist es wichtig, dass jedes Mitglied weiß, wer der jeweilige Experte ist [5]. Darüber hinaus wird der Wissensaustausch in Teams mit dadurch bestimmt, als wie verschieden sich die Mitglieder wahrnehmen und wie sie diese Verschiedenheit bewerten. Sehen die Teammitglieder die Vielfalt als Bereicherung, dann kann das Team als Gruppe gut zusammenarbeiten. Das bedeutet auch, wie sich in der Forschung gezeigt hat, dass Wissensaustausch in Teams nicht einfach angeordnet werden kann. Viel wirksamer ist es, im Team Werte zu schaffen, die Wissensaustausch unter allen Mitgliedern unterstützen [6].
Eines der Hauptprobleme, warum Wissensmanagement oft nicht funktioniert, ist, dass Mitarbeitende die Rolle des Wissensgebers nicht einnehmen wollen. Dies geschieht aus Angst, sich dadurch überflüssig zu machen und beispielsweise gekündigt zu werden [9]. Die sogenannte Wissenskooperation ist damit die Basis eines guten Wissensmanagements. Wird eine Wissenskooperation gelebt, besteht auch nicht die Angst der Ersetzbarkeit. Dazu kann jede/r Einzelne etwas beitragen. Wichtige Voraussetzungen sind folgende [10]:

  • Eine Unternehmenskultur, in der alle darauf Vertrauen können, dass Wissen geteilt wird
  • Eine langfristige Perspektive des Unternehmens, aber auch für jeden einzelnen individuellen Mitarbeitenden
  • Die Möglichkeit, Wissen nicht nur innerhalb sondern auch zwischen den Hierarchiestufen auszutauschen

Gerade in kleinen und mittelständischen Organisationen ist es daher nicht ausreichend, eine Software oder andere technische Mittel für das Wissensmanagement einzuführen. Auch die Mitarbeitenden müssen auf sozialer Ebene eingebunden werden [3].

Was kann für Wissensmanagement gemacht werden?

Wissensmanagement lässt sich in drei Schritte unterteilen: Wissen herausarbeiten, speichern und abrufbar machen. Danach muss der Wissenstransfer kontinuierlich angeregt werden. Das heißt, zunächst muss verfügbares Wissen herausgearbeitet werden, dann muss es in adäquater Weise festgehalten werden und abschließend für alle zugänglich gemacht werden. Generell kann Wissensmanagement dabei auf zwei verschiedenen Ebenen betrieben werden, die idealerweise miteinander vernetzt sind: auf technischer Ebene durch die Kodifizierung von Wissen mittels computergestützter Systeme und auf sozialer Ebene durch den persönlichen Austausch [7].
Bevor Sie sich die verschiedenen Maßnahmen durchlesen, denken Sie bitte über die folgende Frage nach: Was war bisher der Grund, dass das Wissensmanagement und die Weitergabe in Ihren Augen nicht gut funktioniert?

Diese Frage ist deshalb so relevant, da wie bereits unter Warum ist es wichtig, auf Wissensmanagement und zu achten? angesprochen wurde, vielfach die Sorge herrscht, durch die Weitergabe von eigenem Wissen macht sich der oder die Mitarbeitende überflüssig. Wissensträger sind jedoch im Gegenteil sehr wertvoll für Organisationen und ein solcher Expertenstatus ist etwas Positives. Nichtsdestotrotz kann Ihnen, sollten Sie eine solche Sorge teilen, am besten Ihre Führungskraft helfen. Suchen Sie daher mit ihr das Gespräch, bevor Sie weitere Maßnahmen umsetzen und teilen Sie Ihre Befürchtungen mit ihr.

Wissen herausarbeiten

Lessons learned festhalten

Eine Möglichkeit zum Sammeln von Wissen auf technischer Ebene ist das Festhalten von Lessons Learned.

Arbeitsblatt LL

Notieren Sie sich nach Beendigung einer Arbeit oder eines Projekts, welche Punkte Sie daraus mitnehmen. Nutzen Sie dafür gerne die nebenstehende Vorlage rechts.
Mit Hilfe der festgehaltenen Punkte können Sie das für Ihre Aufgaben relevante Wissen weiter ausbauen und gegebenenfalls auch weitergeben.

Wissen speichern

Reflexion des eigenen Wissensmanagements

Arbeitsblatt Reflexion

Lessons Learned sind eine einfache Methode zum Festhalten von Wissen. Darüber hinaus können Sie jedoch auch reflektieren, wie Ihr aktueller Wissenstand aussieht und wie Sie den Wissenstransfer weiter ausbauen können. Auf diese Weise wird das Wissen gespeichert. Nutzen Sie gerne wieder die bereitgestellte Vorlage. Diese Fragen können auch als Grundlage dienen, um mit Ihrer Führungskraft zu sprechen. Sollten Sie zum Beispiel deren Einwilligung brauchen oder es bedarf Änderungen im Unternehmen, um Zugang zu bestimmtem Wissen zu erhalten, dann können Sie dies konkret mit Ihrer Führungskraft besprechen.

Nutzen Sie die folgenden Fragen zur Reflexion und als Vorbereitung für ein Gespräch mit Ihrer Führungskraft.

  • Was waren in letzter Zeit herausfordernde Situationen, in denen ich mir mehr Wissen/ früher Informationen gewünscht hätte?
  • Welches Wissen hätte mir in diesen Situationen konkret geholfen?
  • Wie könnte ich dies früher bekommen?
  • Wie kann auch ich mein Wissen besser weitergeben?

Wissensstafette

Eine in der Praxis außerdem häufig eingesetzte Methode ist die Wissensstafette. Es gibt unterschiedliche Arten der Ausführung. Besonders erprobt gilt hier das Triadengespräch [11]. Wissen wird zwischen Ihnen als Mitarbeitenden geteilt und gespeichert, indem drei Personen zu einem Gespräch zusammenkommen. Dieses Gespräch gliedert sich in drei Sequenzen:

  • Ausgangssituation (Wie fängt alles an)
  • Fortgang (Wie entwickeln sich Dinge)
  • Auflösung (Was wird daraus)

Die drei teilnehmen Personen haben während des Gesprächs drei verschiedene Rollen:

  • Der Experte: Diese Person schildert die relevante Lernsituation so detailliert wie möglich.
  • Der Novize: Die weniger erfahrene Person nimmt die Rolle des Lernenden ein. Die Aufgabe besteht darin, das Erklärte zu verstehen und Rückfragen zu stellen.
  • Der Laie: Diese Person hat weniger fachliches Wissen, sondern mehr methodisches Wissen und moderiert deshalb das Gespräch. Seine Aufgabe ist das Einhalten der Gesprächsregeln zu beachten und dafür Sorge zu tragen, dass der Experte alles verständlich erklärt. Meistens ist diese Person extern.

Es lohnt sich, diese Gespräche von Anfang an in die Projektabläufe mit einzuplanen. Wenn Sie mehr zu dieser Methode und dessen Einführung erfahren möchten, lesen Sie hier weiter.

Wissen abrufbar machen und kontinuierlich anregen

Das Wissen herauszuarbeiten und zu speichern ist ein wichtiger Schritt. Doch genauso wichtig ist es, dieses Wissen auch abrufbar zu machen, denn was nützt einem das bestgesichertste Wissen, wenn es nie abgerufen wird?! Daher können Sie alle bisher genannten Maßnahmen auch gemeinsam mit Ihren Kollegen durchführen, wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie und Ihre Kollegen davon profitieren [6]. Hierzu können Sie Ihre Führungskraft auf das Einführen sogenannter Lessons-Learned-Runden ansprechen.

Reflecting Team

Reflecting Team

Ähnlich zur vorherigen Methode gibt es auch noch die Methode des Reflecting Team. Diese Methode hilft, sich besser in andere Personen hineinzuversetzen und so festgefahrene Situationen aufzulösen. So kann die Methode dazu beitragen, Prozesse und Aufgaben zu reflektieren, aber auch den Wissenstransfer im Team selbst zu verbessern, je nach aktuellem Bedarf. Auf dem Handout finden Sie weitere Erläuterungen und eine Anleitung dazu.

Gespräch mit der Führungskraft

Arbeitsblatt Gespräch mit FK

Wenn Sie an Grenzen stoßen, die Sie alleine nicht überwinden können, kann es hilfreich sein, das Gespräch mit Ihrer Führungskraft zu suchen.
Hierbei können Sie Hindernisse ansprechen und um Unterstützung bitten. Nutzen Sie dafür gerne das Arbeitsblatt als Vorbereitung.

Reflektieren Sie vor dem Gespräch:

  • Was läuft aktuell gut bezüglich der Wissensweitergabe und sollte beibehalten werden?
  • Welche Hindernisse bezüglich des Wissensmanagement sehe ich aktuell?
  • Was kann ich beitragen, um Vorgehensweisen zu verbessern?
  • Welche Wünsche habe ich bezüglich des Wissensmanagements an meine Führungskraft?

Mit diesen Notizen können Sie gut gerüstet das Gespräch mit Ihrer Führungskraft suchen.

Weiterführende Quick Wins, Ideen und Impulse

In Gesprächen mit Mitarbeitenden, Führungskräften und Experten aus der Praxis wurden zusätzliche Ideen und Impulse gesammelt. Diese spiegeln somit persönliche Erfahrungen aus der Praxis wieder, die nicht per se wissenschaftlich gesichert sind. Gern können Sie diese Ideen und Impulse als zusätzliche Inspiration nutzen.

  • Zeiten für den (Erfahrungs-)Austausch unter den Kollegen schaffen (z.B. Kaffeeküche, wo man sich regelmäßig trifft)
  • Ermöglichen des Zugangs zu relevanten Arbeitsmaterialien für alle Beschäftigten, und darauf aufmerksam machen in Teambesprechungen
  • Einzelne gezielte Aktionen für kleine, bestimmte Gruppen anbieten zur Schaffung und des Austausches von Erfahrungswerten (z.B. für einzelne Teams mit dem selben Ziel oder für erfahrene Kollegen und "Neulinge" gemeinsame Arbeitszeit für den kollegialen Austausch ermöglichen)

Quellen

[1] Bach, N. (2010). Mentale Modelle als Basis von Implementierungsstrategien - Konzepte für ein erfolgreiches Change Management. Ilmenau: Ilmedia.
[2] Schulte, E.-M., Wittner, B., & Kauffeld, S. (2021). Ressourcen und Anforderungen (ReA) in der Arbeitswelt: Entwicklung und erste Validierung eines Fragebogens. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO), 52, 405-415.
[3] Voigt, S. & Seidel, H. (2009). Herausforderung für Unternehmen. In H. Kohl, K. Mertins & H. Seidel (Hrsg.). Wissensmanagement im Mittelstand. S. 9–13. Berlin, Heidelberg: Springer .
[4] Ottersböck, N. (2019). Wissensmanagement kompakt. Düsseldorf: ifaa – Institut für angewandte Arbeitswissenschaft e. V.
[5] Ellwart, T., Konradt, U. & Rack, O. (2014). Team Mental Models of Expertise Location: Validation of a Field Survey Measure. Small Group Research, 45, 2, 119–153.
[6] Ellwart, T., Bündgens, S. & Rack, O. (2013),"Managing knowledge exchange and identification in age diverse teams", Journal of Managerial Psychology, Vol. 28 Iss 7/8 pp. 950 - 972.
[7] Probst, Gilbert J. B., Raub, Steffen P., and Romhardt, Kai. Wissen managen: Wie Unternehmen ihre wertvollste Ressource optimal nutzen. Wiesbaden: Springer Gabler (2012).
[8] Abele, E., Kuhn, S. & Liebeck, T. (2003). Wissensmanagement und KMU: Entwicklung eines Wissensmanagement-Werkzeugkastens für kleine und mittelständische Unternehmen. ZWF Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb. 98. 375-379. 10.3139/104.100666.
[9] Moser, K. S. (2002). Wissenskooperation: Die Grundlage der Wissensmanagement-Praxis, in: W. Lüthy, E. Voit, T. Wehner (Hrsg.). Wissensmanagement – Praxis: Einführung, Handlungsfelder und Fallbeispiele, Zürich: Hochschulverlag an der ETH.
[10] Moser, K. S., & Schaffner, D. (2004). Die Bedeutung der Wissenskooperation für ein nachhaltiges Wissensmanagement. Wissensmanagement komplex. Perspektiven und soziale Praxis, 227-242.
[11] Dick, M., Braun, M., Eggers, I., & Hildebrandt, N. Wissenstransfer per Triadengespräch: Eine Methode für Praktiker. zfo–Zeitschrift Führung+ Organisation, 79 (6), 2010.
Bildquellen

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