Finanzielle Absicherung - Was können Arbeitgeber tun?

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Was ist eigentlich finanzielle Absicherung?

Finanzielle Absicherung bedeutet, dass Ihre Mitarbeitenden keine finanziellen Sorgen haben. Sie können also zum Beispiel auch Geld sparen oder sich etwas gönnen [1]. Finanzielle Absicherung kann auch im Zusammenhang mit Arbeitsplatzsicherheit gesehen werden: Wenn Ihre Mitarbeitenden einen sicheren Arbeitsplatz haben und darauf vertrauen können, dass Sie auch in Zukunft ein regelmäßiges Einkommen haben, werden sie auch in Zukunft ausreichend Geld zur Verfügung haben. Zusammen sind Arbeitsplatzsicherheit und finanzielle Absicherung Grundbedürfnisse arbeitender Menschen [2].

Warum ist es wichtig auf finanzielle Absicherung zu achten?

In Anlehnung [3]

Finanzielle Absicherung gehört zu den Grundbedürfnissen eines Menschen. Sie erfüllt vor allem das Bedürfnis nach Sicherheit. Zudem können mit ausreichend Geld die grundlegendsten Bedürfnisse nach Essen, Wohnen und Trinken befriedigt werden [3]. Es ist also naheliegend, dass sich eine fehlende finanzielle Absicherung negativ auf Ihre Mitarbeitenden auswirkt. Finanzielle Absicherung gehört also zu den Grundbedürfnissen und nimmt einen hohen Stellenwert ein. Ähnlich wie Arbeitsplatzsicherheit kann sich eine unzureichende finanzielle Absicherung negativ auf das Verhalten Ihrer Mitarbeitenden auswirken: die Sorge, ob man auch in Zukunft noch ausreichend Geld zu Leben hat, kann zu einer geringeren Motivation, Arbeitsunzufriedenheit und Krankheit führen [4]. Außerdem können finanzielle Sorgen auch familiäre Probleme mit sich bringen: Die Angst, nicht ausreichend Geld zur Verfügung zu haben, kann sich auf die Kinder einer Familie übertragen. Sie empfinden dann, wie auch ihre Eltern, finanzielle Ängste und Sorgen. Diese Ängste und Sorgen gehen oft mit Selbstzweifeln der Kinder einher, insbesondere dann, wenn sie sich mit anderen Kindern vergleichen [5]. Darüber hinaus hängen finanzielle Sicherheit und Lebenszufriedenheit, sowie das Wohlbefinden miteinander zusammen [6].

Wie kann finanzielle Absicherung gestärkt werden?

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Finanzielle Absicherung kann sowohl durch die Organisation, also auch ihre Mitarbeitenden gestärkt werden. Dabei kann zwischen mehreren Wegen gewählt werden:

  1. Selbstständige Analyse und Neustrukturierung der Finanzen
  2. Unterstützung durch die Organisation
  3. Nothilfe bei finanziellen Problemen

Die Selbstständige Analyse und Neustrukturierung der Finanzen können ihre Mitarbeitenden auch vorbeugend umsetzen, um effektiv mit ihren Einnahmen zu wirtschaften und Geld anzusparen. Unterstützung durch die Organisation kann zum Beispiel durch Workshops zu Finanzplanung für Mitarbeitende geschehen oder auch durch ein Mitarbeitendendarlehen. Die Nothilfe ist bei drohender (oder bereits vorhandener) Verschuldung geeignet, wenn ihre Mitarbeitenden professionelle Unterstützung brauchen. Um abzuwägen, welche Maßnahmen geeignet sind, führen Sie zunächst mit der betroffenen Person ein Einzelgespräch. Dazu können Sie folgendes Arbeitsblatt verwenden: Media:Personalgespräch bei Geldsorgen.pdf. Wenn sich in diesem Gespräch zeigt, dass die betroffene Person tatsächlich Geldsorgen hat und ein Unterstützungsangebot durch Sie angenommen wird, können Sie das Arbeitsblatt Media:Finanzielle Situation von Mitarbeitenden.pdf verwenden, um sich gemeinsam eine Übersicht über die aktuelle finanzielle Situation zu verschaffen.

Selbstständige Analyse und Neustrukturierung der Finanzen

Bei der selbstständigen Analyse und Neustrukturierung der Finanzen erhalten betroffene Mitarbeitende Hilfe zur Selbsthilfe. Ziel ist ein Überblick über die aktuelle finanzielle Situation (alle Einnahmen und Ausgaben), das Erkennen "versteckter" Kosten, das Einsparen unnötiger Ausgaben und die Neustrukturierung der Finanzen. Dazu eignen sich: eine genaue Dokumentation und Analyse der Einnahmen und Ausgaben, sowie das 3-Konten-Modell:

Dokumentation und Analyse der Einnahmen und Ausgaben

Die betroffene Person dokumentiert über einen längeren Zeitraum alle Einnahmen (z. B. Gehalt) und Ausgaben, zum Beispiel in einem Haushaltsbuch. Sie können ihren Mitarbeitenden dafür gerne diese Vorlage ausdrucken und zur Verfügung stellen: Media:Haushaltsbuch_1.pdf. Eine genaue Dokumentation bedeutet, dass auch Kleinstbeträge im Centbereich dokumentiert werden. So können ihre Mitarbeitenden "versteckte" Ausgaben aufdecken und schauen, wo sie zukünftig Geld einsparen können. [7]

Neustrukturierung über das 3-Konten-Modell

Eine Methode zur Stärkung der finanziellen Absicherung ist die mentale Buchhaltung und das 3-Konten-Modell. Es basiert auf dem Prinzip der mentalen Buchhaltung: die Person wird zu ihrem eigenen Buchhalter und dokumentiert alle Einnahmen und Ausgaben über den laufenden Monat. Dafür kann zum Beispiel die Vorlage des Haushaltsbuchs verwendet werden. Anschließend werden Pauschalen für Fixkosten (Miete, Strom, Handytarif etc.), Konsumkosten (z. B. Lebensmittel, Kosten für das Auto etc.) und definitiv sicherer Einnahmen (z. B. monatliches Nettogehalt) anhand der Dokumentation festgelegt. Die Pauschalen für Fix- und Konsumkosten sollen maximal 70% des Nettoeinkommens einnehmen (Nettoeinkommen x 0,7). Anschließend werden separate Konten angelegt:
Ein Hauptkonto: hier verbleiben 70% der monatlichen Einkünfte. Davon werden ausschließlich Fix-und Konsumkosten bezahlt.
Ein Vermögensaufbaukonto: auf dieses Konto werden per Dauerauftrag jeden Monat 20% der Nettoeinkünfte überwiesen. Die Hälfte dieses Betrags dient dem Sparen, die andere Hälfte deckt ungeplante hohe Kosten (z. B. eine teure Reparatur am Auto). Für dieses Konto gibt es keine EC- oder Kreditkarte. Geld kann nur am Bankschalter abgehoben oder überwiesen werden. Da dieses Konto dem Vermögensaufbau dient, ist ein kostenloses Konto zu bevorzugen (z. B. Cash-Konto).
Ein "Spaßkonto": auf dieses Konto werden jeden Monat 10% der Nettoeinkünfte per Dauerauftrag überwiesen. Davon werden Ausgaben bezahlt, die nicht unbedingt notwendig sind, aber das Leben angenehm und schön machen (z. B. der Abend in einer Bar mit Freunden, der Kinobesuch, Konzerttickets, Wellness, etc.). [7,8]
Mehr zu mentaler Buchhaltung und dem 3-Konten-Modell finden Sie auch auf der Seite zur finanziellen Absicherung für Mitarbeitende. Sie könnten zum Beispiel für ihre Mitarbeitenden Workshops organisieren, in denen ihnen die mentale Buchhaltung und das 3-Konten-Modell erklärt werden.
Diese Maßnahmen eignen sich, wenn Mitarbeitende finanzielle Schwierigkeiten haben. Außerdem helfen sie, finanziellen Problemen vorzubeugen. Die Maßnahmen sind nicht geeignet, wenn Mitarbeitende bereits hoch verschuldet sind. Dann eignet sich eher die Nothilfe bei finanziellen Problemen.

Unterstützung durch die Organisation

Als Organisation können Sie Mitarbeitende in finanziellen Angelegenheiten unterstützen. Eine Möglichkeit ist, dass Sie Workshops organisieren, in denen die Mitarbeitenden mehr über Finanzplanung im privaten Rahmen kennen lernen (z. B. das 3-Konten-Modell). Außerdem können Sie in ihrer Organisation anregen, dass Mitarbeitendendarlehen ermöglicht werden: um großer finanzieller Belastung vorzubeugen können Mitarbeitende einen Kredit von der Organisation erhalten, wenn absehbar ist, dass größere Kosten anfallen werden (z. B. bei Umzügen, Autokauf oder -Reparatur, etc.). Mitarbeitende zahlen den Kredit in Raten an die Organisation zurück, indem die vereinbarte Rate vom Gehalt einbehalten wird.

Notfilfe bei finanziellen Problemen

Manchmal werden finanzielle Sorgen so groß, dass die betroffenen Personen starke Ängste empfinden. Wenn es sich um Mitarbeitende mit Kindern handelt, können sich die Ängste und Sorgen sogar auf die Kinder übertragen und deren Wohlbefinden und Entwicklung negativ beeinflussen. [5] Wenn Mitarbeitende drohen, in die Verschuldung abzurutschen oder bereits verschuldet sind, sind Maßnahmen zur Selbsthilfe nicht mehr ausreichend. Sie brauchen dann professionelle Unterstützung durch entsprechend geschulte Beraterinnen oder Berater. Ansprechpartner bei finanziellen Notsituationen können Sie dem Handout Media:Ansprechpartner_bei_finanziellen_Sorgen.docx.pdf entnehmen, welches Sie auch der betroffenen Person ausdrucken und geben können. Bitte behandeln Sie die Gesprächsinhalte mit der betroffenen Person vertraulich.

Weiterführende Ideen und Impulse

Hier kommt der Textbaustein von Eva hin

  • Bieten Sie Mitarbeitenden die Teilnahme an Workshops zum Thema finanzielle Absicherung an.
  • Bieten Sie Mitarbeitenden die Möglichkeit eines Mitarbeiterdarlehens für private Zwecke (z. B. Hausbau, Autokauf oder Umzugskosten) an: die Organisation wird dabei zum Kreditgeber, die Mitarbeiterin / der Mitarbeiter zur Kreditnehmerin / Kreditnehmer.
  • Bieten Sie Mitarbeitenden eine Prämienzahlung für besondere Leistungen an.
  • Führen Sie für Ihre Mitarbeitenden Urlaubs- und Weihnachtsgeld ein.
  • Stellen Sie für Workshops oder Gespräche bezüglich eines Darlehens Arbeitszeit zur Verfügung.
  • Literatur

    [1] Schulte, E.-M., Wittner, B., & Kauffeld, S. (2019). Ressourcen und Anforderungen in der Arbeitswelt umfassend messen: Entwicklung und Validierung eines Fragebogens (ReA). Manuskript in Vorbereitung.

    [2] Kauffeld, S. (Hrsg.). (2019). Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (Springer-Lehrbuch). Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg.

    [3] Maslow, A. H. (1954). Motivation and Personality. New York: Harper & Row.

    [4] Albs, N. (2005). Wie man Mitarbeiter motiviert. Motivation und Motivationsförderung im Führungsalltag. Berlin: Cornelsen.

    [5] Lim, V. K. G. & Sng, Q. S. (2006). Does parental job insecurity matter? Money anxiety, money motives, and work motivation. The Journal of Applied Psychology, 91(5), 1078–1087.

    [6] Stevenson, Betsey; Wolfers, Justin (2013) : Subjective Well-Being and Income: Is There Any Evidence of Satiation?, IZA Discussion Papers, No. 7353, Institute for the Study of Labor (IZA), Bonn.