Motivierende Gesprächsführung

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Was ist Motivierende Gesprächsführung (MI)?

Motivierende Gesprächsführung (engl., Motivational Interviewing, MI) ist eine Methode, um Personen zu einer Veränderung zu motivieren. Menschen, die etwas ändern wollen, sind oft ambivalent, d. h. sie sehen die Nachteile der bestehenden Optionen - aber eben auch die Vorteile. Mittels MI werden diese Ambivalenzen aufgezeigt und aufgelöst [1].
Was genau das bedeutet und wie die Methode funktioniert, erfahren Sie im folgenden Video.

Warum ist MI sinnvoll?

“Change is the new normal” ist ein oft zitierter Satz, der veranschaulicht, dass Phasen, in denen sich ein Unternehmen und somit seine Mitarbeitenden anpassen müssen, nicht mehr ausnahmsweise vorkommen, sondern vielmehr den normalen Alltag widerspiegeln. Um sich in der globalisierten und sich schneller verändernden Welt zu behaupten, müssen Veränderungen (mal kleinere, mal größere) zur Normalität werden. Die folgenden Forschungsbefunde zu MI zeigen, wie vielversprechend MI daher ist:

  • MI ist eine in ihrer Wirksamkeit bestätigte und nachhaltige Methode, die die Veränderungsbereitschaft von Personen nachweislich erhöhen kann. [1]
  • Durch MI können z.B. Führungskräfte als Change Agent/innen fungieren und die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeitenden selbst steigern. [2]
  • MI kann dadurch als Technik zum Gelingen großer Change-Prozesse beitragen und zum Beispiel im Zuge von Mitarbeitendengesprächen, Teammeetings oder Coachings als Methode gewinnbringend eingesetzt werden. [2], [3]
  • Wie funktioniert MI?

    Basistechniken

    Offene Fragen
    Offene Fragen regen den Mitarbeitenden zum Nachdenken und Reflektieren an. Offene Fragen geben Mitarbeitenden die Möglichkeit ihre Meinungen bezüglich der Veränderung offen und ausführlich darzulegen und drücken Interesse aus, mehr über die Mitarbeitenden erfahren zu wollen. Geschlossene Fragen dagegen verlangen nur konkrete Informationen und kurze Antworten. Die übermäßige Nutzung geschlossener Fragen ermöglicht es Ihnen nicht, in kurzer Zeit viele Informationen zu bekommen, die mehr als nur an der Oberfläche kratzen.
    Beispiel offene Frage: „Wie gehen Sie mit der Situation um?“
    Beispiel geschlossene Frage: „Sind Sie mit der Situation zufrieden?“.

    Aktives Zuhören
    Aktives Zuhören im MI meint, das Gesagte der Gesprächsperson (z.B. des Mitarbeitenden) zu paraphrasieren, d.h. in eigenen Worten wiederzugeben. Indem die Führungskraft Techniken des aktiven Zuhörens nutzt, stellt sie eine Vermutung darüber an, was der Mitarbeitende meint und überprüft, ob sie das Gesagte richtig verstanden hat. Außerdem drückt die Führungskraft durch aktives Zuhören aus, dass sie dem Gespräch aufmerksam folgt und ein Interesse an dem Gesagten des Mitarbeitenden hat. Darüber hinaus kann aktives Zuhören dem Mitarbeitenden helfen, seine geäußerten Gedanken und Gefühle noch einmal in anderen Worten zu hören und sich seiner Meinung bewusst werden.
    Beispiel:
    Mitarbeitender: „Seit ich in meiner neuen Position als Abteilungsleiter bin, schaffe ich es nicht, die ganzen Aufgaben an mein Team zu delegieren. Dabei ist mir das ein wichtiges Anliegen.“
    Führungskraft: „Die Arbeit wächst Ihnen über den Kopf. Sie möchten die Arbeit in Zukunft auf mehr Schultern verteilen“.

    Würdigen
    Die Führungskraft zeigt durch wertschätzende Äußerungen Ihren Respekt für den Mitarbeitenden. Sie drückt damit aus, dass sie auf die Stärken und Ressourcen des Mitarbeitenden und seine Fähigkeiten, sich zu ändern, traut. Durch Würdigungen kann die Führungskraft die bisherigen Bemühungen des Mitarbeitenden hervorheben und seine Selbstwirksamkeit stärken. Ein würdigender Kommentar ist zum Beispiel: „Danke, dass Sie trotz der vielen Termine kurz Zeit für ein kurzes Gespräch finden!“
    Beispiel: „Danke, dass Sie sich trotz der vielen Termine Zeit für ein kurzes Gespräch mit mir nehmen."

    Zusammenfassen
    Zusammenfassungen sind Reflektionen, welche weiter gefasst sind. Die Führungskraft kann zum Beispiel am Ende eines Gesprächs oder eines längeren Gesprächsabschnitts das Gesagte noch einmal bündeln und dann dem Mitarbeitenden die Frage stellen, wie er weiter vorgehen möchte, nachdem er seine Äußerungen noch einmal widergespiegelt bekommen hat. Zusammenfassungen zeigen dem Mitarbeitenden, dass die Führungskraft zugehört hat [1].

    Um die Basistechniken weiter zu vertiefen, ist das Bearbeiten der folgenden Übung empfehlenswert:

    Das Word-Dokument zum Download finden Sie hier.
    Im folgenden Dokument sehen Sie eine mögliche Beispiellösung.


    Veränderungsmotivation


  • Förderlich für eine Veränderung sind alle Äußerungen des Mitarbeitenden, die für diese Veränderung sprechen, auch Veränderungsspache genannt [1].
    Beispiel: Mitarbeitender: „Ich würde ja gerne die neuen Aufgaben übernehmen, weil es Abwechslung bietet.“

  • Hinderlich für die Veränderungsmotivation ist die sogenannte Status-Quo-Sprache. Dies ist das, was der Mitarbeitende gegen die Veränderung sagt [1].
    Beispiel: Mitarbeitender: „Allerdings weiß ich überhaupt nicht, wann ich das unterkriegen soll.“

  • Nun gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie die Führungskraft auf die Aussage des Mitarbeitenden reagieren kann.

  • Reaktion A der Führungskraft: „Sie befürchten also, dass Sie durch die veränderten Aufgaben unter Zeitdruck geraten.“
  • Reaktion B der Führungskraft: „Die Veränderung könnte Ihnen also durchaus Vorteile bieten? Zum Beispiel mehr Abwechslung im Alltag?“

  • Diese Reaktionen haben wiederum einen Einfluss auf die Reaktion des Mitarbeitenden:

  • Reaktion A der Führungskraft zeigt zwar Verständnis, betont aber auch die Bedenken des Mitarbeiters/ der Mitarbeiterin. Auf Reaktion A wird der Mitarbeiter/ die Mitarbeiterin wahrscheinlich mit weiteren Contra-Argumenten antworten.
  • Reaktion B der Führungskraft betont die Möglichkeiten, die sich durch die Veränderung ergeben. Darauf kann der Mitarbeiter/ die Mitarbeiterin mit weiteren Pro-Argumenten reagieren. Dadurch die Führungskraft nach weiteren Argumenten für eine Veränderung fragen und es wird eine Veränderungsmotivation aufgebaut.

  • Ein weiteres ausführliches Beispiel mit Erklärung finden Sie im Video oben.

    Grundhaltung der Führungskraft und vier Prozesse der MI

    In einem weiteren Handout können besonders Interessierte und Fortgeschrittene zusätzlich erfahren, welche Grundhaltung die Führungskraft im Rahmen von MI einnehmen sollte und welche vier Prozessphasen bei MI durchlaufen werden [1].

    Literatur

    [1] Miller, W. R., & Rollnick, S. (2012). Motivational interviewing: Helping people change. NY: Guilford press.
    [2] Güntner, A. V., Endrejat, P. C., & Kauffeld, S. (2019). Guiding Change: Using Motivational Interviewing Within Organizations. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO), 50(2), 129-139.
    [3[Klonek, F.E. & Kauffeld, S. (2012). "Muss, kann ... oder will ich was verändern?" Welche Chancen bietet die Motivierende Gesprächsführung in Organisationen. Wirtschaftspsychlogie (Pabst Science Publishers), 14(4), 58–71. Bildquellen