(Prüfung) Unterforderung

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Unterforderung - Was ist das eigentlich?

Unterforderung lässt sich beschreiben, als das "Gefühl mehr leisten zu können als gefordert" wird (Rothlin & Werder, 2007, S.13-14). Unterforderung wird von Betroffenen auch oft als Langeweile beschrieben, als ein Gefühl nicht gebraucht zu werden oder nur passiv handeln zu können (Prammer, 2013).

Es gibt zwei Arten von Unterforderung: die qualitative und die quantitative Unterforderung.

  • Bei der quantitativen Unterforderung gibt es zu wenig Arbeit, das heißt es entsteht Leerlauf (Cürten, 2013; Vedder & Konrinth, 2015). Diese Art der Unterforderung tritt vor allem auf, wenn es eine Anwesenheitspflicht am Arbeitsplatz oder festgelegte Arbeitszeiten gibt (Prammer, 2013; Warkentin, 2018). Beispiel: Die Mitarbeitenden sind bereits nach 4 Stunden mit ihren Aufgaben fertig, müssen aber pro Tag 8 Stunden am Arbeitsplatz anwesend sein.
  • Bei der qualitativen Unterforderung sind die Aufgaben zu einfach, das heißt die Mitarbeitenden arbeiten unter den eigenen Leistungsmöglichkeiten (Cürten, 2013; Vedder & Korinth, 2015). Diese Art der Unterforderung kann unter anderem auftreten, wenn monotone oder administrative Arbeiten getätigt werden (z.B. Ausfüllen von Formularen), für die das Wissen oder die Erfahrung der Mitarbeitenden nicht gebraucht werden (Warkentin, 2018; Wenchel, 2009).

Wie entsteht Unterforderung?

Für die Entstehung von Unterforderung am Arbeitsplatz kann es verschiedene Ursachen geben (Cürten, 2013; Prammer, 2013; Warkentin, 2018):

  • Aufgaben werden nach klischeehaften Rollen oder Vorurteilen verteilt und nicht nach Fähigkeiten; so werden zum Beispiel Frauen, Berufseinsteiger und Migranten eher unter- oder fehlerhaft eingeschätzt
  • Aufgaben werden innerhalb des Teams ungleich verteilt, zum Beispiel reißt ein Teammitglied alle anspruchsvollen Aufgaben an sich und für die restlichen Teammitglieder bleiben nur die langweiligen Aufgaben übrig
  • Führungskraft übernimmt selber viele Aufgaben und gibt nur langweilige Aufgaben ab
  • Führungskraft verhindert Initiative und Verantwortung der Mitarbeitenden, indem zum Beispiel alle Entscheidungen erst von der Führungskraft abgesegnet werden müssen
  • Tatsächliche Aufgaben entsprechen nicht den angegeben Aufgaben in der Stellenausschreibung
  • Administrative Aufgaben ersetzen die fachlichen Tätigkeiten oder halten von diesen ab
  • Fehlende Flexibilität bei den Arbeitszeiten oder Abläufen führt zu Routine oder Leerlauf, maximale Routine besteht vor allem bei Berufen im Dienstleistungs- und Verwaltungssektor
  • Unternehmen hat keine Anerkennungskultur, das heißt gute Arbeit wird nicht belohnt

Problem und Folgen von Unterforderung

Warum wird das Problem oft nicht angesprochen?

Gesellschaftlich wird die Meinung vertreten beruflicher Stress und Überforderung seien "in". Eine Person, die durch ihren Job überfordert ist, bekommt Lob und Anerkennung, denn sie setzt sich für ihr Unternehmen ein (Prammer, 2013). Im Gegensatz dazu haben Betroffene von Unterforderung Sorge als faul oder dumm zu gelten, wenn sie ihre Unterforderung ansprechen. Dazu kommt die Angst vor Stellenkürzung oder Kündigung, wenn Mitarbeitende bei der Führungskraft ansprechen, dass die Aufgaben zeitlich nicht ausreichen oder zu anspruchslos sind (Prammer, 2013). Stattdessen kann es zu innerer Kündigung der Mitarbeitenden kommen, das heißt die Mitarbeitenden arbeiten mit wenig Motivation und erfüllen nur die notwendigen Aufgaben (Prammer, 2013). Im weiteren Verlauf kann es zur Kündigung kommen.


Warum ist es trotzdem wichtig etwas zu ändern?

Unterforderung kann genauso wie Überforderung negative Konsequenzen haben. Das Gefühl innerer Leere kann zu körperlichen, emotionalen, motivationalen und kognitiven Einschränkungen führen. Dazu gehören Müdigkeit und Schlafschwierigkeiten, Gefühle von Lustlosigkeit, Antriebslosigkeit, und verschlechterte Aufnahmefähigkeit (zum Beispiel Konzentrationsstörungen) (Brühlmann, 2015; Prammer, 2013; Wenchel, 2009).

Übung - Was sind Ihre Aufgaben und wie geht es Ihnen dabei?

Nachdem Sie nun viel zu Unterforderung, dessen Ursachen und Problemen gelernt haben, bekommen Sie nun die Möglichkeit verschiedene Übungen auszuprobieren. Alle Übungen sollen Ihnen helfen, Ihren eigenen Arbeitsalltag zu reflektieren und sich ein Bild zu machen, welchen Aufgaben Sie nachgehen und wie es Ihnen mit den Aufgaben geht.

Die Übungen sind nur für Sie bestimmt und werden nicht weitergegeben. Sie können also Ihre Gedanken frei äußern ohne sich einschränken zu müssen. Beschreiben Sie ihre Arbeitssituation ehrlich, Sie werden nicht bewertet.

Schauen Sie sich die Übungen in Ruhe an. Die Übungen können unabhängig voneinander oder ergänzend bearbeitet werden. Zum Ausfüllen drucken Sie sich die Übungen am besten aus (Nutzen Sie hierzu den Link neben dem Vorschaubild).


Gute Fee Praeventa.jpg

Übung gute Fee:

Diese Übung soll Ihnen ermöglichen, gezielt darüber nachzudenken, welche Veränderungen Sie sich an Ihrem Arbeitsplatz wünschen und wie sich diese Veränderungen konkret auswirken würden.

Media:Gute_Fee_Praeventa.pdf
(Kaluza, 2015)






Reflektionsfragen Praeventa-001.jpg

Übung Reflektionsfragen:

In dieser Übung geht es darum, sich die aktuelle Arbeitssituation und die Zufriedenheit hiermit bewusst zu machen.

Media:Reflektionsfragen_Praeventa.pdf
(Cürten, 2013; Prammer, 2013; Rothlin & Werder, 2007; Vedder & Konrinth, 2015; Warkentin, 2018; Wenchel, 2009)






Arbeitstagebuch Praeventa-002.jpg

Übung Arbeitstagebuch:

Das Arbeitstagebuch hilft Ihnen dabei, herauszufinden, wofür genau Sie Ihre Arbeitszeit nutzen.

Media:Arbeitstagebuch_Praeventa.pdf
(Cürten, 2013; Prammer, 2013; Rothlin & Werder, 2007; Vedder & Konrinth, 2015; Warkentin, 2018; Wenchel, 2009)




Merkmale guter Arbeit Praeventa.jpg

Übung Merkmale guter Arbeit:

Bei dieser Übung können Sie die Merkmale guter Arbeit mit Ihrer eigenen Arbeit vergleichen.

Media:Merkmale_guter_Arbeit_Praeventa.pdf
(nach DIN-Norm 9241-2; Wittig-Goetz, 2006)






Podcastfolge "Ausgebrannt vom Nichtstun - Bore-out":
In diesem Podcast finden Sie weitere Informationen über das Thema Unterforderung hinaus.
https://www.youtube.com/watch?v=Gf2_G_xu2p0 (Roth, 2018)

Maßnahmen gegen Unterforderung

Nachdem Sie Ihren Arbeitsalltag mithilfe der Übungen reflektiert haben, können Sie sicherlich besser einschätzen, weshalb Sie sich bei der Arbeit unterfordert fühlen. Diese Informationen können Sie für ein Gespräch mit Ihrer Führungskraft nutzen. Umso genauer Sie sagen können, wie Ihre derzeitige Arbeitssituation aussieht und wie es Ihnen damit geht, desto besser können Sie Ihre Führungskraft einbinden und gemeinsame Lösungen für Ihre Unterforderung finden. Im nächsten Handout finden Sie einige Maßnahmen, die Sie Ihrer Führungskraft in einem gemeinsamen Gespräch vorstellen könnten.

Handout Methoden: Media:Handout_Methoden_Unterforderung.pdf

Hilfreiche Gesprächsregeln

Bevor Sie das Gespräch mit Ihrer Führungskraft suchen, können Sie sich hier noch über mögliche Kommunikationsregeln informieren. Diese können Ihnen helfen, Ihr Anliegen im Gespräch klar zu formulieren, sodass die Führungskraft Sie nachvollziehen und somit unterstützen kann.

Handout Kommunikationsregeln: Media:Handout_Kommunikation_Unterforderung.pdf

Literatur

Brühlmann, T. (2015). Müdigkeit bei Burnout und Boreout. Swiss Medical Forum, 15(17), 387–390. doi: 10.4414/smf.2015.02259

Chung, K. H. & Ross, M. F. (1977). Differences in Motivational Properties between Job Enlargement and Job Enrichment. Academy of Management Review 2(1), 113-122.

Cürten, S. (2013). Boreout-Syndrom und Coaching. Organisationsberatung, Supervision, Coaching, 20(4), 473-478. doi: 10.1007/s11613-013-0347-8

de Menezes, L. M. (2011). Job Satisfaction and Quality Management: An Empirical Analysis. International Journal of Operations and Production Management, 32(3), 308-328. doi: 10.1108/01443571211212592

Herzberg, F. (1968). One More Time: How Do You Motivate Employees?. Abgerufen von: http://lideranca.blog.br/wp-content/uploads/2019/04/One_More_Time.pdf [10.10.2019]

Hulin, C. L. & Blood, M. R. (1968). Job Enlargement, Individual Differences, And Worker Responses. Psychological Bulletin 69(1), 41-55.

Jorgensen, M., Davis, K., Kotowski, S., Aedla, P., & Dunning, K. (2005). Charactierstics of Job Rotation in the Midwest US Manfacturing Sector. Ergonomis 48(15), 1721-1733.

Kaluza, G. (2015). Gelassen und sicher im Stress (6. Aufl.). Berlin Heidelberg, Deutschland: Springer. doi: 10.1007/978-3-662-45807-5

Kaymaz, K. (2010). The Effects of Job Rotation Practices on Motivation: A Research on Managers in the Automotive Organizations. Business and Economics Research Journal 1(3), 69-85.

Prammer, E. (2013). Boreout – Biografien der Unterforderung und Langeweile. Wiesbaden, Deutschland: Springer Fachmedien. doi: 10.1007/978-3-658-00503-0

Roth, J. (2018, 27. Februar). Ausgebrannt vom Nichtstun – Bore-out [Podcast]. In Zeitfragen Podcast. Köln, Deutschland: Deutschlandfunkradio. Abgerufen von https://www.youtube.com/watch?v=Gf2_G_xu2p0

Rothlin, P. & Werder, P. R. (2007). Diagnose Boureout – Warum Langeweile im Job krank macht. Heidelberg, Deutschland: Redline Wirtschaft.

Slaghuis, B. (2015, 11. Mai). Langeweile im Job: Was tun, wenn es nichts zu tun gibt?. Abgerufen von https://www.bernd-slaghuis.de/karriere-blog/boreout-langeweile-im-job/

Vedder, G. & Korinth, E. (2015, September). Unterforderung am Arbeitsplatz. Abgerufen von https://www.personalwirtschaft.de/produkte/archiv/magazin/ausgabe-9-special-betriebliches-gesundheitsmanagement-2015/0%3A7397704.html

Warkentin, N. (2018, 18. Oktober). Unterforderung: Was tun?. Abgerufen von https://karrierebibel.de/unterforderung-im-job/

Wenchel, K. T. (Hrsg.). (2009). Wann müssen Vorgesetzte eingreifen. Bochum: InfoMediaVerlag e.K.

Wittig-Goetz, U. (2006, Oktober). Menschengerechte Arbeitsgestaltung oder Merkmale guter Arbeit. Abgerufen von https://www.boeckler.de/pdf/mbf_as_arbeitsgestaltung_2006.pdf