Private Belastung - Was können Sie persönlich für sich tun?

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Was ist private Belastung?

Wie sieht Ihr Privatleben aus? Können Sie nach einem Arbeitstag in Ruhe entspannen oder stehen schon die nächsten Verpflichtungen vor der Tür? Wenn auch Ihr Alltag zu Hause sehr anstrengend ist und Sie vielen Anforderungen nachkommen müssen, dann haben Sie eine hohe private Belastung [1].

Was können Auslöser für private Belastungen sein? [1]

  • Sie sind für andere Menschen verantwortlich, beispielsweise wenn Sie Kinder aufziehen oder Angehörige pflegen.
  • Sie haben viele fordernde Hobbys oder vielleicht ein Ehrenamt, das viel Zeit einfordert.
  • Wenn Sie nach Hause kommen, müssen Sie erst einmal viele Dinge erledigen.

Da Belastungen oft in Form von "Verpflichtungen" vorkommen, werden wir diesen Begriff im Text des Öfteren verwenden. Es gibt einige Strategien, die eigene private Belastung zu reduzieren. Bevor diese Strategien vorgestellt werden, wird zunächst aufgezeigt, warum das Thema für das eigene Wohlbefinden so wichtig ist.

Warum ist es wichtig auf private Belastung zu achten?

Nicht nur berufliche Anforderungen, sondern auch private Belastungen können Stress auslösen. Laut einer Studie der Penn State University haben viele Menschen sogar privat mehr Stress als auf der Arbeit [2]. Kurzfristige Stressreaktionen sind normal und gesund. Allerdings wird Stress zum Problem, wenn er länger anhält. Dann können sich verschiedene Krankheiten ergeben. Hierunter fallen zum Beispiel Herzkrankheiten, Probleme mit dem Immunsystem oder auch Störungen im Verdauungstrakt [3]. Es geht keinesfalls darum, gar keinen Stress mehr zu erleben. Für ein erfülltes Leben braucht es die Abwechslung zwischen Anspannung und Entspannung. Aber Sie sollten darauf achten, dass der Stress nicht zu hoch ausfällt und nicht zu lange andauert [4].

Was können Sie gegen Ihre private Belastung tun?

Was ist wirklich wichtig?

In unserem Alltag haben wir manchmal nicht die Zeit, all unseren Verpflichtungen nachzukommen. Daher ist es wichtig, sich bewusst zu machen, welche Dinge wirklich wichtig sind. Dadurch können wir uns unnötige Aufgaben sparen. Wir können auch Dinge, die gerade nicht dringend sind, auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Hier kann Ihnen das Eisenhower-Prinzip helfen. Das Eisenhower-Prinzip dient der Priorisierung von Aufgaben und ermöglicht zusätzlich eine flexible Einordnung von neuen Aufgaben. Lesen Sie sich zunächst das Handout durch. Dort finden Sie Informationen zur Vorgehensweise. Nachdem Sie die Vorgehensweise des Eisenhower-Prinzips kennengelernt haben, können Sie auf dem folgenden Arbeitsblatt Ihre eigene Priorisierung vornehmen [5].

Handout Eisenhower-Prinzip, in Anlehnung an Baus (2015) [5]
Arbeitsblatt Eisenhower Prinzip, in Anlehnung an Baus (2015)[5]

Viele weitere Infos, Techniken und Übungen rund um das Thema Zeitdruck und Zeitmanagement finden Sie auf dieser Seite.

Vielleicht kennen Sie das auch: Wenn Sie zuhause sind, machen Sie oft viele Dinge gleichzeitig. Sie machen Ihre Wäsche, schauen in den Kühlschrank, putzen hier ein bisschen und nehmen einen Anruf entgegen. Hierdurch reagieren Sie auf verschiedene kleine Reize, ohne wirklich ganz bei der Sache zu bleiben. Dadurch können Sie sich nicht wirklich auf eine Tätigkeit konzentrieren.

Hier spricht man auch von „Multitasking“. Beim Multitasking geht es nicht, wie häufig angenommen, darum, mehrere Aufgaben gleichzeitig zu bearbeiten, sondern dass man schnell zwischen verschiedenen Aufgaben hin und her wechselt [6]. Das parallele Bearbeiten von Aufgaben geht mit hohen Aufgabenanforderungen einher. Mehr dazu erfahren Sie hier.

Wenn Sie zuhause entspannter leben möchten, kann es hilfreich sein, wenn Sie Ihre Tätigkeiten zu Hause besser durchstrukturieren und sich immer nur auf eine Sache gleichzeitig konzentrieren. Führen Sie alle Dinge, die bei Ihnen zu Hause anfallen, bewusst aus. Das heißt, Sie planen sich für jede Aufgabe eine feste Zeit ein, in der Sie nur das tun, was Sie sich vorgenommen haben [2]. Im Folgenden ein paar Beispiele:

  • Sie wollen unbedingt Ihre Lieblingsserie weiterschauen oder da gibt es einen Film, den Sie unbedingt sehen wollen? Legen Sie sich einen bestimmten Tag, Abend oder eine bestimmte Zeit fest, wann Sie die Serie/den Film sehen wollen. Schauen Sie sie/ihn nicht einfach nebenbei.
  • Mahlzeiten sollten Sie in Ruhe am Tisch essen.
  • Es kann auch helfen, nach einer bestimmten Uhrzeit keine Textnachrichten oder E-Mails mehr zu beantworten.
  • Um Puffer für spontane Anforderungen oder Ruhephasen zu haben, kann es hilfreich sein, dass Sie nur 60% Ihrer Freizeit verplanen.

Nehmen Sie sich Zeit für sich!

Manchmal vergisst man vor lauter Stress und Verpflichtungen, dass es auch wichtig ist, sich selbst etwas Gutes zu tun. Planen Sie sich ganz bewusst Zeit nur für sich ein! Zeit, in der Sie niemandem etwas schuldig sind und in der Sie nur das machen, worauf Sie Lust haben. Hierdurch tanken Sie Kraft für alles, was der Alltag Ihnen abverlangt und bleiben gesund.

  • Ihre Familie und Ihre Freunde sollten Rücksicht nehmen, wenn Sie sich Zeit für sich nehmen. Hierfür kann es nützlich sein, feste Zeiten auszumachen, in denen Sie niemand stören kann. Wenn in dieser Zeit jemand etwas von Ihnen möchte, kann die Bitte zum Beispiel auf einen Zettel geschrieben werden, sodass Sie sich später darum kümmern können. Am besten bauen Sie diese Pausen fest in Ihren Alltag ein [2].
  • Nehmen Sie sich jeden Tag Zeit, um über Ihren Tag nachzudenken und sich aktiv an schönen Erlebnissen zu erfreuen. Hierbei üben Sie sich in Dankbarkeit und diese kann Ihnen dabei helfen, Stress zu reduzieren [7]. Hierbei kann Ihnen das Glückstagebuch helfen.
  • Nutzen Sie Entspannungsverfahren wie Yoga oder Achtsamkeitsübungen - weitere Informationen finden Sie hier.

Einfach mal Abschalten

Abschalten von der Arbeit - einfacher gesagt als getan. Dabei ist genau dieser gedankliche Abstand wichtig für unser gesundheitliches Wohlbefinden und eine gute Balance zwischen Arbeit und Privatleben. Gedanklicher Abstand bedeutet, sich zuhause oder abseits von der Arbeit auch gedanklich davon zu lösen und nicht weiter über Arbeitsaufgaben zu grübeln. Demzufolge dient das gedankliche Abschalten als Puffer und führt dazu, dass man auch bei erhöhtem Stress noch entspannt bleiben kann. Wie gut man sich gedanklich von der Arbeit entfernen kann, nimmt also Einfluss darauf, wie sehr einen Stress bei der Arbeit belastet [8]. Sie fragen sich, wie Sie am besten abschalten können? Klicken Sie hier, um sich ein passendes Handout anzusehen.

Sagen Sie auch mal "Nein" und "Bitte"!

Haben Sie Probleme damit, jemandem einen Wunsch abzuschlagen? Bürden Sie sich immer mehr Verpflichtungen auf, auch wenn Sie wissen, dass Sie dafür eigentlich keine Zeit haben? Es ist keine Schwäche, jemandem auch mal einen Wunsch abzuschlagen. Im Gegenteil: Sie haben das gute Recht, Ihre eigenen Wünsche einzufordern. Das bedeutet nicht, rücksichtslos zu sein. Es bedeutet, die eigenen Bedürfnisse so zu formulieren, dass andere sie verstehen und annehmen können. Hierdurch können sich Ihre Beziehungen zu anderen Menschen sogar zum Positiven verbessern, indem sie von mehr Vertrauen und Offenheit geprägt sind [4].

Zunächst sollten Sie Ihre privaten und beruflichen Ziele reflektieren. So können Sie für sich herausfinden, ob ein Nein in der jeweiligen Situation angemessen ist. Folgende Fragen liefern Anregungen dafür:

  • Was ist mir derzeit wichtiger, meine private oder meine berufliche Entwicklung?
  • Wenn mir aktuell meine private Entwicklung wichtiger ist: Welche Auswirkungen hat es darauf, wenn ich die Aufgabe annehme (z.B. Überstunden und weniger Freizeit)? Und welche, wenn ich sie ablehne?
  • Wenn mir aktuell meine berufliche Entwicklung wichtiger ist: Welche Auswirkungen hat es darauf, wenn ich die Aufgabe annehme (z.B. positiven Eindruck hinterlassen und Engagement zeigen)? Und welche, wenn ich sie ablehne?

Wenn Sie sich darüber im Klaren sind und in einer Situation eine Aufgabe ablehnen möchten, dann geht es nun darum, wie Sie dies wertschätzend tun können.
Auch ab und zu Nein zu sagen bedeutet umgekehrt, Ja zu wichtigeren Aufgaben zu sagen. Um sich auf die wichtigen Aufgaben konzentrieren zu können, ist es daher unabdingbar, dass Sie auch weniger relevante Aufgaben ablehnen. Nur durch das Setzen klarer Grenzen vermeiden Sie, durch zu viele Aufgaben unter Zeitdruck zu geraten [5].
Nein sagen fällt vielen Menschen schwer. Oft steckt dahinter die Angst, dass die Person dann weniger gemocht oder sogar abgelehnt wird. Sich nicht abgrenzen zu können, hat jedoch negative Folgen für Wohlbefinden und Karriere. Dementsprechend ist es wichtig zu lernen, seine eigenen Grenzen zu setzen und dafür einzustehen. Dies soll nicht aggressiv passieren, sondern wertschätzend und professionell. Eine geeignete Methode ist die Sandwich-Methode. Hier wird wie bei einem Sandwich die Nein-Botschaft in zwei beziehungsorientierte Aussagen (Brothälften) verpackt. Dadurch wird das Nein "schmackhafter" und wertschätzender. In der folgenden Abbildung sehen Sie den Ablauf der Sandwich-Methode [5].

Sandwich-Technik, in Anlehnung an Baus (2015)[5]
Selbstbehauptung lernen, © Präventa

Wie in der Abbildung zu sehen haben Sie die Möglichkeit, jemanden vorzuschlagen, der die Aufgabe vielleicht übernehmen könnte. Damit bleiben Sie lösungsorientiert und zeigen ernsthaftes Interesse, dass die Aufgabe erledigt wird. Ist es hingegen eine Aufgabe aus der Kategorie 'Papierkorb' des Eisenhower-Prinzips, so sollten Sie dies (vorsichtig und wertschätzend) ansprechen. So sparen nicht nur Sie die Zeit einer nicht notwendige Aufgabe, sondern auch die andere Person, die diese Aufgabe gegebenenfalls ausgeführt hätte.

Auf der anderen Seite ist es auch mal wichtig, andere um Hilfe zu bitten. Vielleicht haben Sie dabei Angst, anderen zur Last zu fallen? Aber vielleicht warten die Anderen nur darauf, Ihnen zu helfen! Also überlegen Sie ruhig einmal, welche Dinge sie an Menschen in Ihrem Umfeld abgeben können, um sich selbst zu entlasten [4]. Wenn Sie noch Probleme damit haben "Nein" zu sagen oder andere um Unterstützung zu bitten, probieren Sie bei Gelegenheit diese Übung aus.

Seien Sie nett zu sich!

Stellen Sie sich vor, Sie haben eine stressige Situation: Auf der Arbeit haben Sie Überstunden gemacht und jetzt sind Sie zu spät, um Ihre Tochter vom Sport abzuholen. Auf der Autobahn gibt es auch noch Stau. Die Situation ist schon blöd genug, aber jetzt fangen Sie auch noch an, sich selbst Vorwürfe zu machen: "Wäre ich doch früher losgefahren. War doch klar, dass das passiert. Was denkt meine Tochter jetzt von mir? Ich bin wirklich eine schlechte Mutter/ein schlechter Vater!"
Kommt Ihnen das bekannt vor? In stressigen Situationen neigen viele Menschen dazu, sich selbst zu beschimpfen oder sich die Schuld zu geben. Dadurch wird der Stress aber nur noch verstärkt! Außerdem entstehen zusätzliche negative Gefühle wie Schuld oder Scham. Dadurch wird es schwieriger, gut mit der Situation umzugehen [9]. Was sollten Sie stattdessen tun? Seien Sie nett zu sich! Dadurch machen Sie eine stressige Situation nicht noch stressiger [9]. In der oben geschilderten Situation könnten Sie zum Beispiel stattdessen denken: "Blöd, dass ich jetzt im Stau stehe. Aber dafür kann ich wirklich nichts. Ich werde meine Tochter anrufen und ihr sagen, dass ich mich ein bisschen verspäte. Dafür hat sie bestimmt Verständnis. Zur Entspannung nach diesem langen Tag werden wir nachher einen schönen Film gucken. Das haben wir uns verdient!" Lesen Sie hier mehr zum Thema "emotionale Belastungen" und zu den verschiedenen Strategien, um dieses zu reduzieren.

Weiterführende Quick Wins, Ideen und Impulse

In Gesprächen mit Mitarbeitenden, Führungskräften und Experten aus der Praxis wurden zusätzliche Ideen und Impulse gesammelt. Diese spiegeln somit persönliche Erfahrungen aus der Praxis wieder, die nicht per se wissenschaftlich gesichert sind. Gern können Sie diese Ideen und Impulse als zusätzliche Inspiration nutzen.

  • Sorgen Sie für genug Sport, Bewegung und Entspannung in Ihrem Alltag. Lesen Sie mehr dazu auf den Seiten Erholung und Entspannungstechniken.
  • Vielleicht können Familie und Freunde Sie in einigen Belangen unterstützen? Lesen Sie mehr zum Thema private Unterstützung auf dieser Seite.
  • Ein gemeinsamer Kalender mit Familie im privaten oder Kollegen und Kolleginnen im beruflichen Kontext könnte das Zeitmanagement erleichtern.
  • In den Gesprächen wurde unter anderem folgender Podcast zu den Themen Selbstliebe, Nachhaltigkeit und Achtsamkeit empfohlen: https://www.ohhhmhhh.de/der-podcast/
  • Trennen Sie Arbeit und Privatleben. Fangen Sie erst am Arbeitsplatz mit Ihrer (gedanklichen) Arbeit an und lesen keine beruflichen E-Mails im Urlaub oder am Wochenende, sofern es nicht notwendig ist.

Quellen

[1] Schulte, E.-M., Wittner, B., & Kauffeld, S. (2021). Ressourcen und Anforderungen (ReA) in der Arbeitswelt: Entwicklung und erste Validierung eines Fragebogens. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO), 52, 405-415.

[2] Bernstein, E. (2014). Privatleben verursacht oft mehr Stress als der Job. Abgerufen am 01.11.2019 von https://www.welt.de/wall-street-journal/article128865354/Privatleben-verursacht-oft-mehr-Stress-als-der-Job.html

[3] Kaluza, G. (2003). Stress, in: Jerusalem, M. (Hrsg.), Psychologische Gesundheitsförderung (S. 339-361). Göttingen: Hogrefe.

[4] Kaluza, G. (2007). Gelassen und sicher im Stress. Berlin: Springer.

[5] Baus, L. (2015). Wie realistische Zeitplanung funktioniert. In: Selbstmanagement: Die Arbeit ist ein ewiger Fluss. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-09593-2_14 Titel anhand dieser DOI in Citavi-Projekt übernehmen.

[6] Freude, G., & Ullsperger, P. (2010). Unterbrechungen bei der Arbeit und Multitasking in der modernen Arbeitswelt: Konzepte, Auswirkungen und Implikationen für Arbeitsgestaltung und Forschung. Zentralblatt für Arbeitsmedizin 60(4), 120–128.

[7] Morin, A. (2015). 7 Scientifically Proven Benefits of Gratitude. Abgerufen am 08.11.2019 von https://www.psychologytoday.com/intl/blog/what-mentally-strong-people-dont-do/201504/7-scientifically-proven-benefits-gratitude

[8] Sonnentag, S., & Fritz, C. (2015). Recovery from job stress: The stressor‐detachment model as an integrative framework. Journal of Organizational Behavior, 36(S1), S72-S103.

[9] Berking, M. (2017). Effektive Selbstunterstützung in in emotional belastenden Situationen, in: M. Berking (Hrsg.), Training emotionaler Kompetenzen (S. 103-112). Berlin: Springer.


Bildquellen


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