Unterstützung Kollegen – Was können Sie persönlich für sich tun?

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Was ist Unterstützung durch Kollegen?

Soziale Unterstützung bedeutet, jemandem mit Respekt, Bestätigung und tatsächlicher Hilfe zur Seite zu stehen [1]. Es geht somit einerseits um positive Gefühle gegenüber einer Person als auch um tatsächliches Mithelfen [2]. Konkret bedeutet soziale Unterstützung durch Kollegen somit, dass sich alle Mitarbeitenden gegenseitig unterstützen und ermuntern und jederzeit hilfsbereit sind [3]. Somit hat jeder das Gefühl, sich auf die Anderen verlassen und bei Bedarf offen um Hilfe bitten zu können [3].

Warum ist es wichtig, auf Unterstützung durch Kollegen zu achten?

Wirkung von sozialer Unterstützung, © Präventa

Für Menschen ist es wichtig, sich als Teil einer Gruppe zu fühlen. Durch die Unterstützung von Kollegen untereinander entsteht das Gefühl einer Gemeinschaft, was zu mehr Wohlbefinden bei den Mitarbeitenden führt und Stress abpuffern kann. Dabei ist nicht unbedingt die tatsächliche Hilfeleistung ausschlaggebend, sondern die wahrgenommene Verfügbarkeit und Bereitschaft. Dementsprechend reicht oft das Gefühl aus, dass Hilfe da wäre, wenn sie gebraucht wird [4].

Beispiel:  Stellen Sie sich bspw. vor, dass Sie bereits viel zu tun haben und dann noch eine wichtige zusätzlich Aufgabe von Ihrer Führungskraft bekommen – die muss natürlich schnellstens erledigt werden... Sie arbeiten in einem Team, in denen alle füreinander da sind und sich gegenseitig unterstützen und füreinander einspringen, wenn es nötig ist. Allein dieses Wissen, dass sie um Hilfe bitten können, wenn Sie wirklich nicht alles selbst schaffen, kann Ihnen viel Sicherheit und vor allem Ruhe geben. So können Sie erst mal loslegen und bei Bedarf Kollegen einbinden. Wenn Sie hingegen in einem Team arbeiten, in dem jeder für sich kämpft, werden Sie schneller in Panik geraten und sich fragen, wie das alles zu bewältigen sein soll. Allein dieses Gefühl, auf sich allein gestellt zu sein, führt somit zu Stress – also schon bevor Sie mit der Aufgabe beginnen. Dies frisst sowohl Ihre Energie, als auch zeitliche Ressourcen und es wird unwahrscheinlicher, dass Sie alles gut schaffen können (egal ob alleine oder doch mit Unterstützung).

Für die positive Wirkung sozialer Unterstützung gibt es mehrere Gründe (vgl. Abbildung oben). Zum einen reduziert soziale Unterstützung Belastungen, die durch die Arbeit entstehen, zum Beispiel indem Kollegen bei Aufgaben mithelfen. Darüber hinaus hilft soziale Unterstützung bei der Stressbewältigung, indem sie Belastungen abpuffert. Hier kommt das bereits angesprochene Gefühl „da ist jemand, an den ich mich wenden kann“ zum Tragen. Zudem wirkt soziale Unterstützung nachweislich positiv auf die Gesundheit. Sind Mitarbeitende gegenseitig füreinander da, kommt es seltener zu psychosomatischen Beschwerden, Burnout oder arbeitsbezogenen Ängsten. Fehlt soziale Unterstützung am Arbeitsplatz hingegen, treten häufiger Schulter-, Nacken- und Rückenbeschwerden auf, sowie Herz-Kreislauf-Krankheiten, die Fehlzeiten sind höher und die Fluktuationsrate nimmt zu [5].

Unterstützung kann generell in vier verschiedenen Formen geleistet werden [5]:

  • Emotionale Unterstützung (z.B. persönliches Interesse, Nachfrage und Mitgefühl)
  • Informationale Unterstützung (z.B. Wissensweitergabe)
  • Instrumentelle Unterstützung (z.B. praktische Hilfe)
  • Bewertungsbezogene Unterstützung (z.B. hilfreiches, konstruktives Feedback geben)

Behalten Sie diese vier Formen bei den folgenden Maßnahmen immer im Blick und überlegen Sie, wo Sie schon gut aufgestellt sind und an welcher Stelle Sie mehr Unterstützung brauchen.

Was kann für Unterstützung durch Kollegen gemacht werden?

Im Folgenden geht es zunächst darum, dass Sie Ihren aktuellen Stand reflektieren: Wie sieht Ihr Netzwerk (für mehr Informationen s.u.) aus und wen unterstützen Sie auf welche Weise? Daraufhin finden Sie Anregungen für Maßnahmen, mehr Unterstützung einzuholen und auch zu geben (denn ein guter Weg, um die eigene Unterstützung zu steigern, ist gegenseitig füreinander da zu sein – also Geben und Nehmen).

Maßnahmenübersicht, © Präventa



Info: Was ist ein Netzwerk?
Ein Netzwerk auf der Arbeit besteht aus sämtlichen Beziehungen, die eine Person zu anderen pflegt. Diese Beziehungen sind häufig durch unterschiedliche Aspekte geprägt - manche dienen dem reinen Informationsaustausch, andere sind freundschaftlich, wieder andere entstehen durch Hierarchien und Weisungsbefugnisse. Daher hat jede Person ihr eigenes individuelles Netzwerk, auf das sie zurückgreifen kann.

Aktuellen Stand ermitteln

Zunächst ist es wichtig herauszufinden, wie Ihr aktuelles Netzwerk aussieht, wer Sie unterstützt und welche Unterstützung Sie auch Ihren Kollegen zukommen lassen.

Wie sieht mein Netzwerk aus?

Ihr Netzwerk

Um Ihr aktuelles Netzwerk festzuhalten, können Sie das folgende Arbeitsblatt nutzen. Hier finden Sie konkrete Fragen zu Personen und Verbindungen.

Beispiel Netzwerk, © Präventa

Wie unterstütze ich meine Kollegen?

Reflexion Unterstützung

Da soziale Unterstützung ein Nehmen und Geben ist, ist es auch wichtig zu überlegen, welche Unterstützung Sie Ihren Kollegen geben. Im vorherigen Arbeitsblatt haben Sie bereits eingetragen, wen Sie selbst unterstützen. Nun geht es darum zu reflektieren, wie diese Unterstützung konkret aussieht. Denken Sie anhand der folgenden Fragen auf dem Arbeitsblatt einmal darüber nach und machen Sie sich kurze Notizen.

Mehr Unterstützung einholen (und geben)

Sie haben bereits festgehalten, wie Ihr Netzwerk aussieht, wer Sie aktuell unterstützt und wem Sie Ihre Unterstützung zukommen lassen. Nun geht es darum zu schauen, von wem Sie sich mehr Unterstützung wünschen und wie Sie dies erreichen können. Bedenken Sie jedoch immer, dass Unterstützung einfordern auch bedeutet, dass Sie diese gegebenenfalls auch zurückgeben müssen. Das kann durchaus auch für Sie Stress bedeuten, wenn Sie viele andere unterstützen müssen. Wägen Sie dies daher für sich individuell ab und überlegen Sie, auf welche Beziehungen Sie fokussieren möchten.
Wenn Sie wissen, von wem Sie sich mehr Unterstützung wünschen (und auch welche Art von Unterstützung), dann geht es darum dies in Gesprächen zu klären. Hier kann man in der Regel 3 Fälle unterscheiden:

1) Sie haben eine gute Beziehung zu der Person, von der Sie sich mehr Unterstützung wünschen – dann können sie das Gespräch vermutlich recht unkompliziert vorbereiten und angehen. Denn Sie wissen jetzt was Sie brauchen und was Sie geben können und gehen damit in das Gespräch. Die Tipps unten (Harvard-Prinzip oder vorbereitende Fragen) können zur Vorbereitung des Gesprächs natürlich dennoch hilfreich sein.

2) Sie kennen die Person nicht so gut oder wissen nicht, wie sie reagieren wird. Es könnte also ein schwierigeres Gespräch werden. Im Folgenden stellen wir Ihnen dafür zunächst das Harvard-Prinzip vor. Dies kann Ihnen sowohl helfen zu erkunden, was Ihnen bezüglich der Unterstützung besonders wichtig ist (was sind Ihre Interessen) als auch dabei helfen, das anstehende Gespräch dann konkret vorzubereiten, so dass dieses konstruktiv verlaufen wird. Nehmen Sie sich daher für die Vorbereitung ausreichend Zeit.

3) Es sind mehrere Personen involviert – vielleicht läuft es auch insgesamt in Ihrem Team einfach nicht so wie Sie sich das Wünschen. In diesem Fall kann ein Gespräch mit der Führungskraft (statt mit einzelnen Kollegen) hilfreich sein. Auch hierfür ist es aber wichtig, Ihre eigenen Interessen – aber auch die der Kollegen – zu erkunden und sich entsprechend vorzubereiten. Auch dafür können Sie das Harvard-Prinzip nutzen.

Harvard-Prinzip

Das Harvard-Prinzip befasst sich mit zielführendem Kommunizieren und Verhandeln. Im Folgenden finden Sie die Grundsätze des Prinzips sowie zwei konkrete Übungen zum Thema "Interessen erkunden".

Grundsätze

Die Grundsätze des Harvard-Prinzips sind in dem kurzen Video erklärt. Zum Nachlesen finden Sie dies auch nochmal in dem Handout zusammengefasst.


Interessen erkunden

Treten Konflikte mit Kollegen oder andere schwierige Situationen auf, in denen Sie unterschiedliche Seiten wahrnehmen, dann kann es helfen, gemäß des Harvard-Prinzips, die Interessen zu erkunden. Machen Sie sich also bewusst, was Ihnen WIRKLICH wichtig ist – und was den anderen Beteiligten wichtig sein könnte. Lesen Sie sich dazu das folgende Handout durch oder hören Sie sich die Geschichte als Audiodatei [in Anlehnung an [6]] an.

Nachdem Sie nun gelesen bzw. gehört haben, was es für gewinnbringende Auswirkungen haben kann, die Interessen des Gegenübers zu erkunden, geht es nun um Ihre aktuellen Situationen: In welchen Situationen oder bei welchen Konflikten bzw. Herausforderungen wünschen Sie sich mehr Unterstützung? Hierzu finden Sie auf dem Arbeitsblatt Anweisungen zur Reflexion derzeitiger Konfliktsituationen sowie weiterer schwieriger Situationen auf der Arbeit. Nutzen Sie am besten aktuelle Beispiele, bei denen Sie sich alleine gelassen gefühlt haben.


Das Gespräch suchen

Vorbereitung

Ein weiterer Schritt ist, das Gespräch mit der Person zu suchen, von der Sie sich mehr Unterstützung wünschen. Dafür finden Sie auf dem folgenden Arbeitsblatt Fragen, die Sie zur Vorbereitung nutzen können. Suchen Sie für das Gespräch einen ruhigen Moment, an dem Sie möglichst alleine mit der Person sind. Bleiben Sie konstruktiv, treffen Sie keine Anschuldigungen oder Vorwürfe – also nutzen Sie alle Tipps aus dem Harvard Prinzip. Und bedenken Sie immer, dass es um ein Nehmen und Geben geht: Überlegen Sie daher auch, was Sie gegebenenfalls an Unterstützung zurückgeben können.


Weiterführende Quick Wins, Ideen und Impulse

In Gesprächen mit Mitarbeitenden, Führungskräften und Experten aus der Praxis wurden zusätzliche Ideen und Impulse gesammelt. Diese spiegeln somit persönliche Erfahrungen aus der Praxis wieder, die nicht per se wissenschaftlich gesichert sind. Gern können Sie diese Ideen und Impulse als zusätzliche Inspiration nutzen.

  • Einige Anliegen lassen sich besser im persönlichen Gespräch klären (als per E-Mail). Wägen Sie dies gern gründlich ab. Insbesondere Feedback oder auch komplexe Fragen sollten eher im direkten Kontakt geklärt werden.

Quellen

[1] Kahn, R. L., & Antonucci, T. C. (1980). Convoys over the Life Course: Attachment, Roles, and Social Support. In P. B. Baltes & O. G. Grim (Hrsg.), Life Span Development and Behavior, Vol. 3 (S. 253-286). New York, NY: Academic Press.
[2] Frese, M. (1989). Gütekriterien der Operationalisierung von sozialer Unterstützung am Arbeitsplatz. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 43, 112-122.
[3] Schulte, E.-M., Wittner, B., & Kauffeld, S. (2021). Ressourcen und Anforderungen (ReA) in der Arbeitswelt: Entwicklung und erste Validierung eines Fragebogens. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO), 52, 405-415.
[4] Holz, M., Zapf, D., & Dormann, C. (2016). Soziale Stressoren in der Arbeitswelt: Kollegen, Vorgesetzte und Kunden. Arbeit, 13, 278-291, doi:10.1515/arbeit-2004-0312
[5] Struhs-Wehr, K. (2017). Betriebliches Gesundheitsmanagement und Führung: Gesundheitsorientierte Führung als Erfolgsfaktor im BGM. Wiesbaden, Deutschland: Springer. doi:10.1007/978-3-658-14266-7
[6] Hall, D.T. (1975). Experiences in Management and Organizational Behavior. Chicago, IL: St. Clair Press.


Bildquellen
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