Vielfältigkeit - Was können Sie persönlich für sich tun?

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Was ist Vielfältigkeit?

Eine Arbeit ist vielfältig, wenn sie für Mitarbeitende verschiedene Aufgaben bereithält oder sie anregt Neues dazuzulernen. Das heißt, die Aufgaben wechseln sich ab, sodass nicht jeden Tag dieselbe Tätigkeit ausgeführt wird oder Mitarbeitende erledigen zwischendurch neue Aufgaben, die sie so vorher noch nicht kannten. Wichtig ist hierbei, dass die Vielfältigkeit der Aufgaben als positiv und motivierend und nicht als überfordernd erlebt wird [1].

Im Folgenden werden zunächst negative Konsequenzen von fehlender Vielfältigkeit bei der Arbeit aufgezeigt. Anschließend finden Sie Ansatzpunkte mit denen Sie die Vielfältigkeit Ihrer Arbeit steigern können.

Warum ist es wichtig auf vielfältige Arbeit zu achten?

Fallbeispiel, in Anlehnung an [2]

Stellen Sie sich vor Sie sind eine Ärztin/ ein Arzt aus dem Fallbeispiel rechts. Durch die Umstrukturierung sind Sie nun in weniger Fachbereichen tätig. Reflektieren Sie kurz für sich:

  • Wie zufrieden sind Sie mit dieser Umstrukturierung?
  • Was ergeben sich nun für Veränderungen in Ihrem Arbeitsalltag?
  • Was sind mögliche Konsequenzen für Sie persönlich?

Womöglich spiegeln sich einige Gedanken aus Ihrer Reflexion in der Forschung wider: Diese zeigt, dass die Möglichkeit, verschiedene Aufgaben auszuführen oder durch neue Aufgaben und Herausforderungen etwas Neues zu lernen, einen wesentlichen Einfluss auf die Zufriedenheit von Mitarbeitenden sowie auf ihre Arbeitsmotivation hat [3].

Wenn Aufgaben monoton sind und sich ständig wiederholen, entsteht Langeweile. Studien zeigen, dass Langeweile zu Aufmerksamkeitsproblemen bei der Arbeit führt, woraus wiederum schlechtere Leistung und mehr Fehler / Unfälle resultieren [4]. Außerdem lassen sich Mitarbeitende häufiger unterbrechen, hängen öfter Tagträumen nach und denken häufiger an aufgabenunabhängige Dinge. All dies stört die Konzentration immens. Zudem hat monotone Arbeit einen Einfluss auf das Zeitgefühl: Die Zeit bei der Arbeit scheint viel langsamer zu vergehen. Wiederholte und monotone Tätigkeiten können sogar zu Gefühlen von Feindseligkeit oder Depression führen [4].

Geht die fehlende Abwechslung bei den Arbeitsaufgaben auch noch mit strengen Vorgaben zur Bearbeitung dieser eintönigen Arbeit einher, können Mitarbeitende weder beim Inhalt noch bei der Organisation der Aufgaben selbst entscheiden und sind stark in ihren Handlungen eingeschränkt. Studien zeigen, dass diese Kombination mit Problemen wie Erschöpfung, Langeweile (s.o.), einseitige Belastungen oder Stress einhergeht. Die Probleme sind umso stärker, je geringer der eigene Handlungsspielraum von Mitarbeitenden ist, also je weniger sie selbst über das wann und wie entscheiden dürfen (mehr zu diesem Thema erfahren Sie auf der Seite zu Autonomie). Das heißt, je weniger Mitarbeitende die Möglichkeit haben, eigene Lösungen für ihre eintönige Arbeit zu finden, desto schlechter geht es ihnen auch damit [5].

Des Weiteren hat wenig Aufgabenvielfalt oder Möglichkeit, Neues zu lernen auch einen Einfluss auf die Arbeitsmotivation. Hackman & Oldham beschreiben in ihrem psychologischen Modell zur Arbeitsmotivation, dass vielfältige, bedeutsame und vollständige Aufgaben entscheidend für die Motivation sind [6, 7]. Vielfältige Aufgaben meint hier eine hohe Anforderungsvielfalt , d.h. dass die Arbeitstätigkeit viele verschiedene Aktivitäten beinhaltet, die auch verschiedene Fähigkeiten von Mitarbeitenden erfordern und anregen. Ist diese Anforderungsvielfalt nicht gegeben, sinkt auch die Arbeitsmotivation.

Weitere Informationen zu bedeutsamen und vollständigen Aufgaben finden Sie auch unter den Präventa-Seiten Ganzheitlichkeit der Arbeit und Sinnhafte Arbeit.

Denken Sie nun nochmal an das Fallbeispiel: Die Umstrukturierung hatte gute Gründe, sodass Sie (und auch Ihre Führungskraft) an dieser sehr wahrscheinlich nichts ändern können. Aber auch wenn Sie auf Rahmenbedingungen (wie die Umstrukturierung) keinen Einfluss haben, gibt es andere Dinge, die Sie für eine vielfältigere Arbeit tun können. Diese werden im Folgenden beschrieben.


Was können Sie für eine vielfältigere Gestaltung Ihrer Arbeit tun?

Reflexion der aktuellen Situation

Arbeitsblatt: Wie vielfältig ist Ihre Arbeit?, © Präventa

Zu Beginn können Sie Ihren Arbeitsalltag mithilfe des Arbeitsblattes rechts reflektieren. So schaffen Sie sich selbst Klarheit darüber, wann sich Aufgaben wiederholen und wann Sie welche Fähigkeiten einsetzen können. Formulieren Sie dann im Anschluss einen Veränderungswunsch.


Formulierung eines smarten Ziels

Wenn Sie die Reflexion mittels des Arbeitsblattes abgeschlossen haben, schauen Sie sich nochmal Ihren Veränderungswunsch an: Ist dieser schon konkret oder noch recht allgemein formuliert?
Aus der Forschung wissen wir, dass Ziele möglichst spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert formuliert werden sollten - man spricht dabei von SMARTen-Zielen. Um Ihren Veränderungswunsch möglichst gut umsetzen zu können, formulieren Sie diesen daher am besten nach den SMART-Regeln. Lesen Sie zunächst, was Sie bei der Formulierung beachten sollten: SMART-Methode. Formulieren Sie dann ein Ziel, wie Ihr Arbeitsalltag in Zukunft gestaltet sein sollte.
Wie können Sie Ihr Ziel aber nun erreichen? Dazu finden Sie im Folgenden unterschiedliche Ansatzpunkte.

Job Enrichment

Job Enrichment Übersicht, in Anlehnung an [7]

Job Enrichment ist eine Strategie der Arbeitsumstrukturierung, bei der die Aufgabeninhalte vergrößert oder bereichert („enrichment“) werden [8]. Dabei liegt der Fokus nicht auf der Arbeitsmenge (Quantität) sondern auf den Arbeitsinhalten (Qualität).

Im Rahmen von Job Enrichment erhalten Sie zusätzlich zu den aktuellen Arbeitstätigkeiten weitere Aufgaben auf einem höheren Anforderungsniveau. Dabei wird Ihr Handlungs- und Entscheidungsspielraum vergrößert, sodass Sie mehr Verantwortung und Kontrolle über Ihre Tätigkeit haben [8].

Das kann z.B. bedeuten, dass Sie zusätzlich zur Durchführung einer Aufgabe auch die Planung, Steuerung und Kontrolle der Aufgabe mit übernehmen. Damit vergrößert sich Ihr Handlungsspielraum und Sie erhalten einen ganzheitlichen Arbeitsprozess statt nur einzelner Teilaufgaben [9]. Zum Job Enrichment gehört auch, dass Sie bei Problemen zunächst selbst Lösungen suchen, bevor Sie sich an Ihre Führungskraft wenden. Dies steigert Ihr Verantwortungsgefühl gegenüber der Aufgabe [6].

Sprechen Sie dazu mit Ihrer Führungskraft und erfragen Sie auch ihre Vorstellungen. Nicht immer geht es, mehr Verantwortung zu übernehmen. Deshalb sollten Sie zusammen realistisch prüfen, ob Job Enrichment in Frage kommt und in welchem Umfang bzw. zu welchem Zeitpunkt.

Schauen Sie sich zur Verdeutlichung von Job Enrichment das folgende Fallbeispiel an:

Anwendungsbeispiel Job Enrichment, in Anlehnung an [9]

Job Enlargement

Eine weitere Möglichkeit der Arbeitsumstrukturierung ist die Arbeitserweiterung (Job Enlargement). Ähnlich wie beim Job Enrichment ist das Ziel des Job Enlargements, den Aufgabenbereich von Mitarbeitenden zu vergrößern. Allerdings geht es hier nicht um einen größeren Handlungs- und Entscheidungsspielraum, sondern lediglich um eine Vergrößerung der Arbeitstätigkeit [10].

Das heißt, Sie übernehmen nicht unbedingt mehr Verantwortung oder Kontrolle, sondern erhalten neue, umfangreichere Aufgaben. So könnten Sie z.B. Tätigkeiten von Mitarbeitenden übernehmen, die schon (zu) viel zu tun haben. Kommen diese Aufgaben aus derselben Hierarchieebene, ist die Rede von Job Enlargement. Sind es jedoch herausforderndere Aufgaben, die vorher von hierarchisch höheren Mitarbeitenden erledigt wurden, handelt es sich in der Regel um Job Enrichment. Eine andere Möglichkeit für Job Enlargement ist, dass Sie neue Aufgaben bekommen, bei denen Sie mit anderen Mitarbeitenden zusammenarbeiten müssen. Durch die Interaktion ist somit mehr Koordination erforderlich und Sie erhalten neue Aufgabenbereiche.

Schauen Sie sich zur Verdeutlichung die folgenden beiden Fallbeispiele an:

Anwendungsbeispiel Job Enlargement, in Anlehnung an [9]
Ein Vorher-Nachher-Vergleich durch Job Enlargement, © Präventa und Freepik

Möglichkeiten für Job Enrichment und Job Enlargement

Möglichkeiten für Job Enrichment und Job Enlargement, © Präventa

Rechts in der Tabelle finden Sie ein paar Möglichkeiten für Job Enrichment und Job Enlargement am Beispiel der Berufsgruppen Arzt/ Ärztin und Pfleger/in.

Reflektieren Sie für Ihr eigenes Tätigkeitsfeld die folgenden Fragen:

  • Wo könnte ich mehr Verantwortung und Kontrolle übernehmen (Job Enrichmemt)?
  • Wo könnten meine Aufgabeninhalte vergrößert und mein Anforderungsniveau gesteigert werden (Job Enlargement)?

Job Rotation

Eine andere Form der Arbeitsumstrukturierung ist das Job-Rotation-Prinzip. Dabei rotieren Mitarbeitende systematisch von einem Aufgabenbereich zum nächsten [8]. Gewissermaßen tauschen Sie also Ihre Arbeitstätigkeiten reihum mit anderen Mitarbeitenden. Sie können dabei ganze Arbeitstage oder auch nur einzelne Stunden tauschen sowie entweder ganzheitliche Tätigkeiten oder nur einzelne Teilbereiche.

So lernen Sie neue Aufgaben kennen und können daran wachsen. Ihre Arbeit wird so vielfältiger und abwechslungsreicher. Bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten können so einseitige Belastungen vermieden werden. Zudem ermöglicht Job Rotation auch neue soziale Kontakte zu anderen Mitarbeitenden. Vertretungen bei Ausfällen, z. B. durch Urlaub oder Krankheit, sind leichter zu organisieren, da sich auch andere mit Ihren Aufgabenbereichen auskennen.

Schauen Sie sich das folgende Fallbeispiel zur Verdeutlichung an:

Anwendungsbeispiel Job Rotation, in Anlehnung an [9]

Gespräch mit Führungskraft

Arbeitsblatt: Mit Ihrer Führungskraft Lösungen finden, © Präventa

Sie haben nun erste Ideen, welcher der vorgestellten Ansätze Ihnen helfen kann? In der Regel ist es dann erforderlich mit Ihrer Führungskraft ins Gespräch zu kommen und ihre Ideen zu besprechen. Das Arbeitsblatt rechts soll Ihnen helfen, dieses Gespräch mit Ihrer Führungskraft vorzubereiten. Nutzen Sie zudem auch hier das von Ihnen ausgefüllte erste Arbeitsblatt zur Reflexion der aktuellen Situation.

Weiterführende Quick Wins, Ideen und Impulse

Abschließend finden Sie hier verschiedene Möglichkeiten und Tipps aufgelistet, wie Sie Ihren Arbeitsalltag selbstständig vielfältiger gestalten können. Nicht jeder Tipp muss unbedingt zu Ihren Wünschen passen. Wählen Sie die aus, die Ihnen am passendsten erscheinen.

Hilfreiche Tipps aus der Praxis:

  • Strukturieren Sie Ihren Arbeitsalltag um. Verteilen Sie Ihre Aufgaben so über den Tag, dass Sie im Wechsel verschiedene bearbeiten. Dadurch haben Sie Pausen von Aufgaben, die sich wiederholen. Legen Sie Zeiten fest, in denen Sie beispielsweise eher langweilige Aufgaben erledigen (z.B. Inventar zählen) und freuen Sie sich danach auf eine interessante Aufgabe, bei der Sie sich z.B. mit Ihren Kollegen und Kolleginnen austauschen.
  • Tauschen Sie sich mit Kolleginnen und Kollegen aus. Holen Sie sich Tipps von denen, die dieselbe Stelle wie Sie haben. Schildern Sie Ihre Situation und tauschen sich aus. Eventuell geht es ihnen ähnlich und Sie bekommen Ideen, wie Sie Ihren Arbeitsalltag vielfältiger gestalten können.
  • Eignen Sie sich weiterführendes Wissen an. Lernen Sie ein neues Computerprogramm kennen oder gewinnen Sie einen Einblick in andere Bereiche Ihres Unternehmens. Welche Aufgaben finden Sie spannend und welches Wissen ist dafür notwendig? Es gibt vielleicht Kollegen und Kolleginnen, deren Aufgaben Sie spannend finden. Sprechen Sie sie doch an. Darüber hinaus können Sie sich über Fortbildungsmöglichkeiten informieren.

Ergänzungen dazu und weitere Lernmöglichkeiten finden Sie auf der Seite Lernmöglichkeit.

Quellen

[1] Schulte, E.-M., Wittner, B., & Kauffeld, S. (2021). Ressourcen und Anforderungen (ReA) in der Arbeitswelt: Entwicklung und erste Validierung eines Fragebogens. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO), 52, 405-415.
[2] Smolka, K.M. (2020). Kündigungen frustrierter Ärzte belasten Gewinn. Frankfurter Allgemeine Zeitung. Abgerufen am 27.07.2020, von https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/klinikkette-helios-kuendigungen-frustrierter-aerzte-belasten-gewinn-16622924.html
[3] Van den Broeck, A., Vansteenkiste, M., De Witte, H., & Lens, W. (2008). Explaining the relationships between job characteristics, burnout, and engagement: The role of basic psychological need satisfaction. Work & Stress, 22, 277-294.
[4] Loukidou, L., Loan-Clarke, J., & Daniels, K. (2009). Boredom in the workplace: More than monotonous tasks. International Journal of Management Reviews, 11, 381-405.
[5] Schaper, N. (2019). Arbeitsplatzgestaltung in Produktion und Verwaltung. In F. Nerdinger, G. Blickle, & N. Schaper (Hrsg.). Lehrbuch Arbeits- und Organisationspsychologie (S. 411-432). Berlin, Germany: Springer.
[6] Hackman, J., & Oldham, G. R. (1980). Work redesign. Reading, MA: Addison-Wesley.
[7] Nerdinger, F. (1995). Motivation und Handeln in Organisationen. Eine Einführung. Stuttgart, Germany: Kohlhammer.
[8] Kauffeld, S., & Martens, A. (2019). Arbeitsanalyse und -gestaltung. In S. Kauffeld (Hrsg.). Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (3rd ed., pp. 261-299). Berlin, Germany: Springer.
[9] Kauffeld, S., & Martens, A. (2019). Arbeitsanalyse und -gestaltung. In S. Kauffeld (Hrsg.). Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (3rd ed., pp. 261-303). Berlin, Germany: Springer.
[10] Parker, S. K., Knight, C., & Ohly, S. (2017). The changing face of work design research: Past, present and future directions. In A. J. Wilkinson, N. Bacon, T. Redman, S. Snell (Hrsg.), The SAGE handbook of human resource management (2nd ed., pp. 402-413). London, Great Britain: Sage Publishing.


Bildquellen

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