Leistungsdruck - Was können Sie persönlich für sich tun?

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Was ist Leistungsdruck?

Leistungsdruck bedeutet, dass an ihre Arbeit sehr hohe Anforderungen gestellt werden. Beispielsweise müssen Sie sowohl sehr hohen Qualitätsanforderungen gerecht werden, als auch sehr schnell arbeiten. Oder es wird von Ihnen erwartet sehr genau und gründlich zu arbeiten – auch wenn die Arbeitsmenge sehr hoch ist. Dadurch müssen Sie viel Energie investieren, um Ihre Arbeit erfolgreich bewältigen zu können [1]. Es gibt viele mögliche Strategien, die – je nach Ursache – helfen können, den Leistungsdruck zu reduzieren und zu bewältigen. Bevor diese Strategien vorgestellt werden, wird zunächst aufgezeigt, warum dieses Thema für die eigene Gesundheit so wichtig ist.

Warum ist es wichtig, auf Leistungsdruck zu achten?

Umfragen zufolge ist in etwa jede dritte arbeitnehmende Person von Zeit- und Leistungsdruck betroffen [2]. Dabei zeigen zahlreiche Studien für Leistungsdruck am Arbeitsplatz vielfache negative Auswirkungen:

  • Hohe Arbeitsmengen und Leistungsdruck werden als wesentliche gesundheitsgefährdende Belastungsfaktoren angesehen [3]
  • Zu hoher Leistungsdruck führt dazu, dass selbst eigentlich einfache Aufgaben nicht mehr gut ausgeführt werden können [4]
  • Die Schlafqualität ist bei hoher Arbeitsintensität schlechter [3;5]
  • Die Erholungsfähigkeit ist eingeschränkt [6]
  • Das Risiko für Burnout und Depressionen ist erhöht, ebenso für körperliche Erkrankungen [3;6]

Um die Lebens- und Arbeitsqualität zu fördern, ist es daher wichtig, einen Umgang mit dem Leistungsdruck zu finden [2].

Was kann gegen Leistungsdruck gemacht werden?

Leistungsdruck kann mehrere Ursachen haben. Grundsätzlich liegt der Leistungsdruck darin begründet, dass viele Aufgaben in einer bestimmten Zeit erledigt werden müssen, wobei die Ansprüche an die Qualität der Arbeit hoch sind. Hierin verstecken sich somit zwei Ursachen: Einerseits ist es die begrenzte Zeit und andererseits sind es die (selbst- oder fremdgesetzten) Ansprüche an die Leistung, die den Leistungsdruck hervorrufen. Generell lassen sich zwei Umgangsformen mit diesen Ursachen unterscheiden: Perfektionismus und Pragmatismus. Während der Perfektionismus eher darauf ausgelegt ist, dass eine Person sich selbst und ihre Arbeitsweise optimiert (z.B. durch Überstunden), versucht der Pragmatismus die Anforderungen an die Arbeit anzupassen („60% reichen auch“). Zu starker Perfektionismus kann dabei jedoch zu einer Überlastung der Mitarbeitenden führen, zu hoher Pragmatismus hingegen dazu, dass Kunden-/Patienten- oder Unternehmensziele nicht mehr erreicht werden. Daher ist eine Mischung aus beiden Vorgehensweisen der richtige Weg [7].
Für beide Ursachen von Leistungsdruck finden Sie auf dieser Seite Maßnahmen, welche einen Kompromiss aus Perfektionismus und Pragmatismus darstellen. Daher stellen Sie sich bitte zunächst folgende Frage: Was sehen Sie für sich als hauptsächlichen Auslöser für Ihren Leistungsdruck?

  • Haben Sie das Gefühl, Ihre Zeit reicht für die Bearbeitung Ihrer Aufgaben nicht aus (so dass Sie um alles zu erledigen Überstunden machen müssen)?
  • Oder setzen Sie eher Ihre oder fremde Ansprüche an die Qualität Ihrer Arbeit unter Druck (z.B. immer 100% zu geben, egal bei welcher Aufgabe)?

Wenn Sie eher den zeitlichen Aspekt als Ursache sehen, dann können Ihnen vor allem Maßnahmen für strukturierteres Arbeiten helfen. Sehen Sie eher die Erwartungen an Ihre Arbeitsqualität als Hauptauslöser, beginnen Sie am besten mit den Verhaltens- und Gedankenmaßnahmen. Eine Kombination beider Ansätze ist hilfreich, beginnen Sie aber gerne mit dem Teil, den Sie als für sich ursächlicher identifiziert haben.

Da Leistungsdruck und Stress sich nicht immer vermeiden lassen, finden Sie zusätzlich auch noch Sofortmaßnahmen, um durch Achtsamkeits- und Atemübungen mit den negativen Folgen umzugehen.

Maßnahmenübersicht, © Präventa

Maßnahmen für strukturiertes Arbeiten

Sie haben für sich festgestellt, dass zu wenig Zeit die Ursache für Ihren Leistungsdruck ist? Viel, schnell und mit hoher Qualität zu arbeiten funktioniert nicht dauerhaft. Daher kann es auch bei Leistungsdruck helfen, Maßnahmen für ein strukturiertes Arbeiten umzusetzen, also am eigenen Zeitmanagement zu arbeiten. Es geht darum, den zeitlichen Druck aus Ihrer Arbeit zu nehmen und die Arbeitsmenge durch angemessene Priorisierung zu reduzieren so dass der Leistungsdruck vermindert wird. Daher finden Sie auf der Seite zu Zeitdruck Maßnahmen für folgende Bereiche:

  • Ihre persönlichen Zeitdiebe zu identifizieren
  • Ihre Arbeitszeit anhand Ihrer persönlichen Leistungskurve zu strukturieren
  • Aufgaben zu priorisieren, zu delegieren und gegebenenfalls auch zu streichen

Verhaltens- und Gedankenmaßnahmen

Sie haben für sich festgestellt, dass vor allem die an Sie gestellten Erwartungen der Grund für Ihren Leistungsdruck zu sein scheinen? Oder Sie würden gerne Aufgaben abgeben, ablehnen oder in Ruhe abarbeiten? Dann finden Sie im Folgenden Maßnahmen, die an Ihren Gedanken und Ihrem Verhalten ansetzen, um Ihren Leistungsdruck zu reduzieren.

Hinterfragen von Erwartungen und Ansprüchen

Sie haben das Gefühl, Sie müssen immer 100% bringen? Sie müssen die Aufgabe noch schnell fertigstellen, sonst ist Ihr Chef/Kollege/Kunde aufgeschmissen? Sie dürfen nicht eher gehen, bis nicht alles perfekt und fertig ist? Oder Sie haben den Eindruck, Ihnen darf nicht der kleinste Fehler unterlaufen und deshalb schauen Sie lieber nochmal alles gründlich durch? Hinter einem hohen Leistungsdruck stehen häufig solche und andere Erwartungen sowie Ansprüche an die eigene Arbeitsleistung. Aber woher kommen diese Erwartungen und Ansprüche?

  • Von Ihnen selbst:
    • Ist es Ihnen zum Beispiel sehr wichtig, für Ihre gute Arbeit Anerkennung zu bekommen? Oder hoffen Sie befördert zu werden?
    • Möchten Sie mit allen gut auskommen – auch wenn Sie dafür manchmal das Unmögliche möglich machen müssen?
  • Von Anderen:
    • Ihre Führungskraft liebt seine/ihre Arbeit und erwartet auch von allen Mitarbeitenden vollen Einsatz? Das bedeutet auch mal länger bleiben, flexibel sein und jederzeit alles zu geben?
    • Ihre Kollegen/innen geben ja auch immer alles und unterstützen Sie trotz vieler eigener Aufgaben? Dann wollen Sie das natürlich zurückgeben.
    • Ihre Kunden/Patienten sind auf Sie angewiesen – da gibt es einfach keinen anderen Weg, als das hinzubekommen?

Diese Fragen können Ihnen Anhaltspunkte dafür geben, ob die Erwartungen und Ansprüche eher aus Ihnen selbst heraus kommen oder eher von außen – oft ist es auch eine Mischung und wir passen uns an unser Umfeld an. Egal was dahinter steckt – in der Regel entscheiden wir irgendwann gar nicht mehr bewusst, was sinnvoll ist oder nicht, sondern wir handeln nach erlernten Mustern, um allen Erwartungen – von uns selbst und anderen – irgendwie gerecht zu werden. Dabei hinterfragen wir diese Erwartungen gar nicht mehr (Hat der Andere diese Erwartungen wirklich? Ergeben sie Sinn?) und verlieren dabei auch oft das Wesentliche aus dem Blick: Was sind unsere Ziele? Was ist uns wirklich wichtig im Leben? Und wie können wir dies nutzen, um Prioritäten zu setzen? Es ist somit wichtig, dass Sie um Ihre eigenen Ziele wissen sowie Ansprüche und Erwartungen hinterfragen, um dann Ihre Bedürfnisse zu erkennen und so Ihren Leistungsdruck zu reduzieren [8]. Reflektieren Sie daher mit folgendem Arbeitsblatt zuerst, was Ihnen besonders wichtig ist. Behalten Sie die Ergebnisse der Reflexion im Blick und wenden Sie sich nun Ihren wahrgenommenen Erwartungen und Anforderungen im Arbeitsalltag zu. Ein Beispiel: Ihre Führungskraft kann, Ihrer Wahrnehmung nach, den Anspruch an Sie stellen, jede Aufgabe, die Sie von ihr bekommen, sofort zu erledigen. Es kann aber auch sein, dass Sie denken, dass Ihre Führungskraft das von Ihnen erwartet. Welches von beiden es auch ist, es setzt Sie unter Druck, diese Leistung zu erbringen. Jedoch kann der Umgang mit den Erwartungen je nach Ursprung ein ganz anderer sein. Wenn die Erwartung, die Aufgabe sofort zu erledigen, von Ihrer Führungskraft kommt, können Sie zum Beispiel das Gespräch mit ihr suchen. Schreiben Sie ihr diese Erwartung aber nur zu, dann können Sie selbst daran arbeiten und diese Erwartung verändern. Das Beispiel zeigt, dass unsere Erwartungen zu einem Großteil unserer eigenen Einschätzung unterliegen. Damit sind sie nicht festgeschrieben, sondern veränderbar. So kann Ihre Erwartung „alles sofort erledigen“ zu „möglichst am selben Arbeitstag“ oder „bis mittags am darauffolgenden Arbeitstag“ abgeändert werden. Gerade wenn die Erwartung Ihre eigene ist, haben Sie einen größeren Spielraum in der Veränderung. Auf dem Arbeitsblatt finden Sie einige Fragen, die Sie dazu anregen sollen, Ihre Erwartungen zu reflektieren. Da es sich bei solchen Erwartungen häufig um monate- oder jahrelang entwickelte Denkmuster handelt, können Sie sich diese wie eine Brille vorstellen, die fest auf Ihrem Kopf sitzt. Durch diese Brille betrachten Sie alles um sich herum und nehmen so die Welt wahr. Wenn Sie diese nun vorsichtig absetzen, kann es sein, dass Sie etwas völlig Neues sehen oder nahezu das gleiche wie zuvor. Nehmen Sie sich daher Zeit und seien Sie ehrlich zu sich selbst, um Ihre Erwartungsbrille absetzen zu können. Auf dem Handout finden Sie ein fiktives Beispiel zum Hinterfragen von konkreten Erwartungen – schauen Sie sich dieses am besten als Beispiel an, bevor Sie selbst die Fragen im Arbeitsblatt beantworten.

Den Ansprüchen und Erwartungen gegenüber stehen die eigenen Bedürfnisse. Diese kommen von innen heraus wie zum Beispiel Hunger, Schlaf, Kommunikation und soziale Beziehungen sowie Erholung. Können Bedürfnisse gelebt werden, so erhöht sich auch die Lebensqualität und die Annäherung an unsere Ziele, während Ansprüche Stress verursachen und das Wohlbefinden dämpfen [9]. Wenn Sie einen guten Kompromiss zwischen Ihren Erwartungen, Ansprüchen und Ihren Bedürfnissen finden, können Sie Ihren Leistungsdruck und Stress reduzieren. Auf den vorherigen Arbeitsblättern haben Sie bereits Ihre Ziele ergründet und Ihre Erwartungen hinterfragen können. Sofern Sie eine neue Perspektive auf die wahrgenommenen Ansprüche eingenommen haben, können Sie Ihren Bedürfnissen mehr nachgehen. Sollten Sie jedoch weiterhin die hohen, belastenden Erwartungen an Sie sehen oder wurden diese vielleicht sogar direkt und explizit von Ihrer Führungskraft geäußert, dann gilt es nun einen Kompromiss zu finden zwischen diesen Erwartungen und Ihren Bedürfnissen sowie Zielen. Eine Möglichkeit dazu finden Sie auf dem Arbeitsblatt.


Gespräch mit der Führungskraft

Arbeitsblatt Gespräch

Sie können für sich keine tragbaren Kompromisse finden? Oder die an Sie gestellten Ansprüche und Erwartungen belasten Sie stark und Sie sehen selbst keinen Ausweg? Dann bietet es sich an, das Gespräch mit Ihrer Führungskraft zu suchen. Ziel eines solchen Gespräches ist, Ihre Führungskraft über Ihre aktuelle Situation zu informieren und gemeinsam mit ihr nach Lösungen zu suchen. Zusätzlich können wahrgenommene Erwartungen abgeklärt und gegebenenfalls richtiggestellt werden. Wichtig ist, dass Sie Ihre Führungskraft um einen Termin bitten und dieses Gespräch nicht zwischen Tür und Angel führen. Darüber hinaus haben Sie bitte immer im Hinterkopf, dass es hier nicht um Schuldzuweisungen geht (und in der Regel haben immer alle einen kleineren oder größeren Anteil an der Situation…), sondern um die Darstellung Ihrer aktuellen Situation und die Suche nach Lösungen zur Reduzierung Ihres Leistungsdrucks. Die Fragen und Ihre Antworten auf dem folgenden Arbeitsblatt können Sie nicht nur zur Vorbereitung, sondern auch zur Strukturierung des Gesprächs nutzen.

Pausen einhalten

Handout Pausengestaltung, © Präventa

Sie merken, dass Ihre Leistungsfähigkeit und Konzentration sinkt? Dann machen Sie eine (kurze) Pause. Denn Pausen tragen dazu bei, Stress abzubauen, die Erholung zu sichern, die Gesundheit zu erhalten und die Leistungsfähigkeit zu fördern. Dabei geht es nicht nur um lange Pausen (bspw. Mittagspause), sondern auch kurze Pausen während der Arbeitszeit – schon wenige Minuten können Ihre Konzentrations- und Leistungsfähigkeit wieder steigern. Dies ist insbesondere in Phasen mit hohem Leistungsdruck wichtig. Auf dem Handout finden Sie nähere Informationen für eine gute Pausengestaltung [10,11].

Delegieren

Handout Delegieren
Arbeitsblatt Delegieren

Wenn Sie Aufgaben nicht selbst erledigen können oder möchten (also bspw. wenn Sie mit den Maßnahmen für strukturierteres Arbeiten delegierbare Aufgaben identifiziert haben), dann besteht die Möglichkeit, diese zu delegieren. Dies ist je nach eigener Rolle jedoch nicht immer so einfach. Daher können Sie in diesem Handout nachlesen, wie Sie dies richtig machen können. Anschließend haben Sie die Möglichkeit, die wichtigsten Punkte für die Delegation Ihrer Aufgaben auf diesem Arbeitsblatt festzuhalten.

Unterstützung erbitten

Sie haben nicht die Möglichkeit oder die Befugnis, Aufgaben an andere zu delegieren? Sie würden jedoch gerne Aufgaben abgeben? Dann haben Sie die Möglichkeit, Ihre Kollegen und Kolleginnen um Unterstützung zu bitten. Fragen Sie sie zum Beispiel, ob sie Ihnen eine Aufgabe abnehmen können. Wie das geht, erfahren Sie hier.

Auch Ihre Führungskraft kann Sie bei hohem Leistungsdruck unterstützen. Vielleicht nicht unbedingt, indem sie Ihnen konkrete Aufgaben abnimmt, aber indem sie Ihnen zum Beispiel Rahmenbedingungen ermöglicht, die dem Leistungsdruck entgegenwirken. Diese können ganz individuell sein - vielleicht dürfen Sie zum Beispiel in Absprache doch Aufgaben delegieren. Wie Sie Ihre Führungskraft um Unterstützung bitten können, finden Sie hier.

Störungsfreie Zeiten einrichten

Schild Nicht stören, © Präventa

Sie werden häufig bei Ihrer Arbeit unterbrochen? Das Telefon oder ein Klopfen an der Tür reißt Sie aus Ihrer Konzentration? Sie wünschten sich, in Ruhe arbeiten zu können? Genau darum geht es bei der Maßnahme, die störungsfreie Zeit oder auch "Stille Stunde" genannt, einzurichten.

Sägeblatt-Effekt, in Anlehnung an Seiwert (2009)

Das Phänomen des Sägeblatt-Effekts beschreibt die Auswirkungen ständiger Unterbrechungen auf Ihre Leistungsfähigkeit. Sobald eine Unterbrechung erfolgt, sinkt Ihre Leistungsfähigkeit rapide ab und Sie müssen Sie stückweise wieder aufbauen. Die Abbildung zeigt, dass dieser Verlauf dem eines Sägeblattes ähnelt [12]. Gerade, wenn Sie Aufgaben mit einer hohen Priorität aus den Maßnahmen für strukturierteres Arbeiten bearbeiten, kann jede Form von Unterbrechung daher zu starkem Zeitdruck führen und Ihre Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, was in Leistungsdruck resultiert. Aus diesem Grund bietet es sich an, störungsfreie Zeiten für die Dauer der Aufgabenbearbeitung einzurichten. Ebenso ist es möglich, diese regelmäßig einzuführen, um alle liegengebliebenen Aufgaben abzuarbeiten, die Sie immer im Hinterkopf hatten. So könnte sich ein Sachbearbeiter zum Beispiel jeden Freitag von 11 bis 12 Uhr Zeit nehmen, um ungestört noch unbeantwortete Mails abzuarbeiten. Durch dieses feste Zeitfenster weiß der Sachbearbeiter an den anderen Tagen, dass er die Mails am Freitag bearbeiten kann und gerät nicht unter Zeitdruck, sofern es keine dringenden und wichtigen Nachrichten sind.

Wichtig ist, dass Sie Ihre störungsfreie Zeit Ihren Kollegen, Vorgesetzten, Kunden, Klienten oder auch Patienten transparent machen. Erklären Sie im Vorfeld offen und höflich, warum Sie für diesen Zeitraum nicht gestört werden wollen und bitten Sie um Verständnis und Respektierung Ihrer störungsfreien Zeit. Gemeinsam mit anderen können Sie so gegebenenfalls auch für beiden Seiten passende Lösungen erarbeiten.

Im Folgenden finden Sie einige Anregungen für störungsfreie Zeiten und deren Umsetzung:

  • Wenn Sie einen einsehbaren (digitalen) Terminkalender haben, stellen Sie sich die störungsfreie Zeit als Termin ein und teilen diesen ggf. mit Ihren Kollegen und Kolleginnen.
  • Je nach den Umständen unter denen Sie arbeiten, kann auch ein Schild mit der Aufschrift "Stille Stunde" oder "Bitte nicht stören" helfen. Dieses kann dann an Ihren Stuhl, Tisch oder Ihre Bürotür angebracht werden.
  • Wenn Sie ein Telefon haben und Sie keine eingehenden Anrufe in Ihrer störungsfreien Zeit annehmen möchten (und müssen), dann können Sie dies mit Kollegen/Kolleginnen absprechen: Vielleicht können alle Anrufe an jemand anderen umgeleitet werden.
  • Stellen Sie falls nötig alle Benachrichtigungen an Handy und PC/Laptop für die Zeit aus, um nicht durch hereinkommende Mails oder weitere Benachrichtigungen abgelenkt zu werden.
  • Sollte Sie doch jemand in Ihrer störungsfreien Zeit kontaktieren, klären Sie zunächst ab, ob es dringend ist (zum Beispiel durch die Frage "Brennt es gerade? Oder können wir dies in einer Stunde/morgen klären?"). Wenn dies nicht der Fall ist, bitten Sie die Person höflich, nach Ihrer störungsfreien Zeit auf Sie zuzukommen. Je öfter Sie dies wiederholen, desto leichter wird es Ihnen mit der Zeit fallen, Ihre störungsfreie Zeit durchzusetzen. Zusätzlich schulen Sie die störenden Personen, genau zu überlegen, ob und wann sie auf Sie zukommen und die zu besprechenden Punkte vorher gut zu strukturieren [13].

Und wenn eine Stille Stunde nicht möglich ist? Hinterfragen Sie für sich selbst bitte, ob so etwas wirklich nie möglich ist. Vielleicht können Sie ja mit Ihren Kollegen und Kolleginnen, Ihren Vorgesetzten oder Kunden einen Kompromiss finden. Denken Sie dabei immer an den Sägeblatt-Effekt: Für alle beteiligten hat es Vorteile, wenn Sie gemeinsam Lösungen finden. Vielleicht reichen Ihnen auch kleinere Zeitfenster oder Sie versuchen es mit einer zwei- bis dreiwöchentlichen Umsetzung. Oder Sie können im Team einen Rhythmus finden: Müssen Sie beispielsweise für Kunden oder Patienten jederzeit verfügbar sein, könnte Sie im Kollegium besprechen, dass pro Tag ein Kollege sich eine Stunde zurückziehen kann – dieser Kollege wird dann nur gestört, wenn alle anderen bereits im Einsatz sind. Und das wichtigste bei der Lösungsfindung ist: Wenn Sie für sich selbst gut vertreten können, warum Sie eine störungsfreie Zeit benötigen, dann können Sie dies anderen sicher auch besser verständlich machen.

Nein sagen lernen

Sie erhalten eine Anfrage für eine Aufgabe und möchten diese gerne aus zeitlichen Gründen ablehnen? Sie wissen jedoch nicht, ob Sie dies tun sollen und wenn ja, wie Sie wertschätzend Nein sagen? Zunächst sollten Sie Ihre privaten und beruflichen Ziele reflektieren. So können Sie für sich herausfinden, ob ein Nein in der jeweiligen Situation angemessen ist. Folgende Fragen liefern Anregungen dafür:

  • Wenn ich es zeitlich nicht schaffe privates und berufliches optimal zusammen zu bringen: Was ist mir dann derzeit wichtiger, meine private oder meine berufliche Entwicklung?
  • Wenn Sie diese Frage leicht beantwortet können – sehr gut: dann nehmen Sie die Aufgabe trotzdem an/ sagen „Ja“ oder eben nicht und sagen „Nein“ (s.u.).
  • Wenn Sie diese Frage nicht so leicht beantworten können, überlegen Sie:
    • Welche Auswirkungen hat es auf Ihr Privatleben, wenn Sie die Aufgabe annehmen (z.B. Überstunden, weniger Freizeit, Unzufriedenheit in der Familie, Ehe gefährden, …)? Und welche Auswirkungen hat es auf Ihr Berufsleben (positiven Eindruck hinterlassen und Engagement zeigen, Karrierechancen, Ansehen, …)?
    • Welche Auswirkungen hat es auf Ihr Privatleben, wenn Sie die Aufgabe ablehnen (z.B. Beziehung stärken, mehr Zeit für die Kinder, Hobbys, Freunde, …). Und welche Auswirkungen hat es auf Ihr Berufsleben (Karrierewege verbauen, geringeres Ansehen, …)?
    • Wenn Sie alle Auswirkungen betrachten: Welche sind Ihnen kurz-, mittel- und langfristig wichtig? Was ist demnach die für Sie persönlich beste Entscheidung?

Wenn Sie sich darüber im Klaren sind und in einer Situation eine Aufgabe ablehnen möchten, dann geht es nun darum, wie Sie dies wertschätzend tun können.
Auch ab und zu Nein zu sagen bedeutet umgekehrt, Ja zu wichtigeren Aufgaben zu sagen. Um sich auf die wichtigen Aufgaben konzentrieren zu können, ist es daher unabdingbar, dass Sie auch weniger relevante Aufgaben ablehnen. Nur durch das Setzen klarer Grenzen vermeiden Sie, durch zu viele Aufgaben unter Zeit- und Leistungsdruck zu geraten [12].

Nein sagen fällt vielen Menschen schwer. Oft steckt dahinter die Angst, dass die Person dann weniger gemocht oder sogar abgelehnt wird. Sich nicht abgrenzen zu können hat jedoch negative Folgen für Wohlbefinden und Karriere. Dementsprechend ist es wichtig zu lernen, seine eigenen Grenzen zu setzen und dafür einzustehen. Dies soll nicht aggressiv passieren, sondern wertschätzend und professionell. Eine geeignete Methode ist die Sandwich-Methode. Hier wird wie bei einem Sandwich die Nein-Botschaft in zwei beziehungsorientierte Aussagen (Brothälften) verpackt. Dadurch wird das Nein "schmackhafter" und wertschätzender. In der folgenden Abbildung sehen Sie den Ablauf der Sandwich-Methode [12].

Sandwich-Technik, in Anlehnung an Baus (2015)


Wie in der Abbildung zu sehen haben Sie die Möglichkeit, jemanden vorzuschlagen, der die Aufgabe vielleicht übernehmen könnte. Damit bleiben Sie lösungsorientiert und zeigen ernsthaftes Interesse, dass die Aufgabe erledigt wird. Ist es hingegen eine Aufgabe aus der Kategorie 'Papierkorb' der Maßnahmen für strukturierteres Arbeiten, so sollten Sie dies (vorsichtig und wertschätzend) ansprechen. So sparen nicht nur Sie die Zeit für eine nicht notwendige Aufgabe, sondern auch die andere Person, die diese Aufgabe gegebenenfalls ausgeführt hätte.

Maßnahmen für Folgen von Leistungsdruck

Stress und Leistungsdruck lässt sich leider nicht immer vermeiden. Trotz allem können Sie in der Situation daran arbeiten, dass der Stress und Zeitdruck Sie nicht zu sehr belastet. Dafür benötigen Sie Maßnahmen, die Sie schnell und unaufwändig anwenden können. Dafür eignen sich vor allem Entspannungsübungen, die Entspannung und Erholung fördern sowie Stress abbauen.

Bitte beachten Sie: Einige Übungen können das Ausmaß psychischer Störungsbilder verstärken. Führen Sie die folgenden Übungen deshalb NICHT durch, wenn Sie an einer diagnostizierten Angst- oder Zwangserkrankung, einer schweren depressiven Episode, einer Persönlichkeitsstörung (wie z.B. Borderline), einer akuten Psychose oder einer postraumatischen Belastungsstörung leiden.

Diese Sofortmaßnahmen können Sie bei der Arbeit oder auch in Ihrer Freizeit durchführen. Die Übungen reichen von speziellen Atemtechniken über Progressive Muskelentspannung und Autogenem Training bis hin zur Achtsamkeit. Erfahren Sie hier mehr zu den Entspannungstechniken und wie die einzelnen Übungen durchgeführt werden.

Quellen

[1] Schulte, E.-M., Wittner, B., & Kauffeld, S. (2021). Ressourcen und Anforderungen (ReA) in der Arbeitswelt: Entwicklung und erste Validierung eines Fragebogens. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO), 52, 405-415.
[2] Schulz-Dadaczynski, A. (2017). Umgang mit Zeit- und Leistungsdruck. Präv Gesundheitsf 12, 160–166. https://doi.org/10.1007/s11553-017-0582-5
[3] Nixon, A. E., Mazzola, J. J., Bauer, J., Krueger, J. R., & Spector, P. E. (2011). Can work make you sick? A meta-analysis of the relationships between job stressors and physical symptoms. Work & Stress, 25(1), 1–22. doi:10.1080/02678373.2011.569175.
[4] Baumeister, R. F. (1984). Choking under pressure: Self-consciousness and paradoxical effects of incentives on skillful performance. Journal of Personality and Social Psychology, 46(3), 610–620. https://doi.org/10.1037/0022-3514.46.3.610
[5] Rau R. (2012). Erholung als Indikator für gesundheitsförderlich gestaltete Arbeit. In B. Badura, A. Ducki, H. Schröder, J. Klose, M. Meyer (eds), Fehlzeiten-Report 2012. Fehlzeiten-Report, vol. 2012. Springer, Berlin, Heidelberg.
[6] Ahlers, E. (2015). Leistungsdruck, Arbeitsverdichtung und die (ungenutzte) Rolle von Gefährdungsbeurteilungen. WSI-Mitteilungen, 68(3), 194–201.
[7] Kratzer, N. (2016). Unternehmenskulturelle Aspekte des Umgangs mit Zeit- und Leistungsdruck. In B. Badura, A. Ducki, H. Schröder, J. Klose, M. Meyer (Hrsg.), Fehlzeiten-Report 2016. S.21-31. Wiesbaden: Springer.
[8] Baus, L. (2015). Selbstmanagement: Die Arbeit ist ein ewiger Fluss. Wiesbaden: Springer Gabler. https://doi.org/10.1007/978-3-658-09593-2_14.
[9] Maehrlein, K. (2017). Achtsamkeit ganz praktisch: Wie Sie bei sich bleiben, statt außer sich zu geraten (Dein Leben). Offenbach: Gabal.
[10] Wendsche, J., & Lohmann-Haislah, A. (2018). Arbeitspausen gesundheits- und leistungsförderlich gestalten. Göttingen: Hogrefe.
[11] Bundesanstalt für Arbeitsschutz, B. Arbeitsmedizin (BAuA)(2017). Arbeitsunterbrechungen und Multitasking täglich meistern. Abgerufen am.06.11.2019, von: https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Praxis/A78.pdf%3F__blob%3DpublicationFile%26v%3D13.
[12] Seiwert, L. (2009). Das 1x1 des Zeitmanagement: Zeiteinteilung, Selbstbestimmung, Lebensbalance. München: Gräfe und Unzer Verlag.
[13] Janson, S. (2019). Zeitdiebe Effizient Bekämpfen: Nein sagen lernen ohne Skrupel, Neue Zeitmanagement-Tricks gegen Prokrastination & Ablenkung, Produktivität steigern statt Dauerstress & Zeitfallen: Best of HR - Berufebilder.de®.


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