Zeitdruck - Was können Sie persönlich für sich tun?

From Praeventa
Jump to navigation Jump to search

Was ist Zeitdruck?

Enge Zeitvorgaben, zu spät mitgeteilte Informationen, fehlende Prioritäten, häufige Unterbrechungen, kurzfristige Deadlines – egal was die Ursache ist, Zeitdruck ist ein weit verbreitetes Phänomen [1]. Zeitdruck beschreibt dabei das Gefühl, nicht genügend Zeit zu haben, um alle Aufgaben rechtzeitig erfolgreich erledigen zu können, so dass man sich gehetzt und überfordert fühlt [2]. Um dennoch alles zu schaffen wird oft das Arbeitstempo erhöht oder es werden Überstunden gemacht [3]. Dabei zeigen Studien, dass sowohl schnelleres als auch längeres Arbeiten nicht zielführend sind [4]. Gleichzeitig gibt es viele mögliche Strategien, die – je nach Ursache – helfen können den Zeitdruck zu reduzieren und zu bewältigen. Bevor diese Strategien vorgestellt werden, wird zunächst aufgezeigt, warum dieses Thema für die eigene Gesundheit so wichtig ist.

Warum ist es wichtig, auf Zeitdruck zu achten?

Zeitdruck zählt neben Leistungsdruck, Monotonie, Multitasking und Unterbrechungen nicht nur zu den häufigsten Stressauslösern am Arbeitsplatz [1], sondern hat zahlreiche weitere negative Auswirkungen. So konnten Studien zeigen, dass Zeitdruck einhergeht mit…

  • … einer sinkenden Arbeitszufriedenheit und selbsteingeschätzten Gesundheit [5]
  • … einem langfristig erhöhten Risiko für stressassoziierte Erkrankungen (wie z.B. koronare Herzerkrankungen) [5; 6]
  • … einer stärkeren emotionalen Erschöpfung [7]
  • … einem niedrigeren Arbeitsengagement [8]
  • … einer geringeren emotionalen Bindung an die Organisation [9]
  • … einer höheren Kündigungsabsicht [9]

Gerade das Zeitmanagement fällt vielen schwer. Hier lassen sich zwei Hauptprobleme feststellen, deren Behebung zu weniger Stress und mehr Leistung führen: Das Entscheidungsproblem, welche Aufgaben zu erledigen und zu priorisieren sind und das Planungsproblem, bei dem der Zeitaufwand für Aufgaben unterschätzt wird [10; 11]. Daher ist es sowohl für Sie als Mitarbeitende, als auch für Ihr Unternehmen wichtig, Zeitdruck möglichst frühzeitig entgegenzuwirken, gutes Zeitmanagement zu betreiben und insbesondere langanhaltenden Zeitdruck zu vermeiden. Dadurch gewinnen Sie zusätzlich mehr Zeit für schöne Dinge, die Ihnen gut tun [12].

Was kann gegen Zeitdruck gemacht werden?

Je nach Ursache für den Zeitdruck können unterschiedliche Maßnahmen oder Strategien helfen den Zeitdruck zu bewältigen bzw. zumindest zu reduzieren. Als erstes ist es immer wichtig zu reflektieren, was Ihre ganz persönlichen Zeitdiebe sind. Darauf aufbauend geht es insbesondere darum für Sie persönlich geeignete Maßnahmen zur Vorbeugung von Zeitdruck zu identifizieren. Da sich allerdings Zeitdruck nicht immer ganz vermeiden lässt, finden Sie zudem Tipps und Hinweise wie Sie negativen Folgen von Zeitdruck vorbeugen können. In der folgenden Abbildung sehen Sie die Ihnen zur Verfügung stehenden Maßnahmen im Überblick.

Maßnahmenübersicht, © Präventa

Zeitdiebe identifizieren

Zeitdiebe identifizieren

Sie fragen sich immer, wo Ihre Zeit eigentlich bleibt? Sie brauchen länger für eine Aufgabe, als Sie es vor hatten? Vielleicht gibt es Umstände, Personen oder eigene Verhaltensweisen, die Ihnen unbemerkt Zeit stehlen. Stellen Sie sich zunächst die Frage: Was hält Sie von Ihren eigentlichen Aufgaben ab? Diese Zeitdiebe gilt es zu identifizieren, denn durch sie geraten wir unter Zeitdruck. Im folgenden Arbeitsblatt haben Sie die Möglichkeit, mehr über Zeitdiebe zu erfahren und Ihre eigenen festzuhalten.

Hier finden Sie zusätzlich eine Übersicht mit besonders häufig auftretenden Zeitdieben sowie Ansätzen, um diesen zu begegnen. Durch Klicken auf die möglichen Ansätze können Sie direkt zu den erläuterten Maßnahmen weiter unten springen.

Mögliche Zeitdiebe Mögliche Ansätze zur Vorbeugung Mögliche Ansätze für Folgen
Unterbrechungen durch Anrufe und Klopfen Störungsfreie Zeiten einrichten Entspannungstechniken
Mangelhafte Priorisierung Eisenhower-Prinzip, Prioritätenliste und Persönliche Leistungskurve ermitteln
Ablenkung durch Smartphone & E-Mail Störungsfreie Zeiten einrichten
Zu viele Aufgaben annehmen Nein sagen lernen
Unwichtige, nicht zielführende Aufgaben Delegieren oder Unterstützung erbitten


Vorbeugen von Zeitdruck

Zeitmanagementtechniken

Ihnen stehen verschiedene Ansätze zur Verfügung, um Ihre Arbeitszeit zu strukturieren und Aufgaben zu priorisieren. Die Anwendung von Zeitmanagementtechniken führt zu mehr Kontrolle über die eigene Zeit und dadurch zu weniger Stress sowie mehr Leistung [13]. Wenn Sie sich bereits sicher fühlen, dass Sie gut priorisieren können, reicht daraufhin die Erstellung einer Prioritätenliste, zum Beispiel mit Hilfe der ALPEN-Methode. Sollten Sie bezüglich einer Priorisierung Ihrer Aufgaben eher unsicher sein, nutzen Sie gerne das Eisenhower-Prinzip. Dieses ermöglicht eine flexible und spontane Priorisierung von Aufgaben. Zum Abschluss geht es darum, Ihre persönliche Leistungskurve zu ermitteln: Wann Sie wie konzentriert und produktiv arbeiten können. Mit diesen Maßnahmen wird somit den zwei bereits angesprochenen Hauptproblemen (Entscheidungs- und Planungsproblem) im Zeitmanagement begegnet. Im Folgenden finden Sie nähere Informationen und Arbeitsblätter zu den Möglichkeiten.


Prioritätenliste

Prioritätenliste

Sie wissen bereits, welche Aufgaben Vorrang haben? Sie benötigen nur eine Anleitung, um Ihre Aufgaben gut aufzulisten, um dann direkt loszulegen? Und Sie können Ihren Arbeitstag gut vorhersehen und wissen bei Arbeitsbeginn bereits, welche Aufgaben anstehen? Dann ist die Prioritätenliste eine geeignete Zeitmanagementtechnik.
Wenn Sie sich sicher sind, die Prioritäten Ihrer Aufgaben bereits einschätzen zu können, nutzen Sie gerne die folgende Vorlage, um eine Prioritätenliste zu erstellen. Diese kann zudem auch anhand der Erarbeitung des Eisenhower-Prinzips erstellt werden.

Sollten Sie sich noch etwas unsicher sein, kann die ALPEN-Methode bei der Erstellung einer Prioritätenliste helfen. Nehmen Sie sich hierzu ein leeres Blatt Papier und gehen Sie wie folgt vor [12]:

ALPEN-Methode, in Anlehnung an Seiwert (2009)
  • Aufgaben, Aktivitäten und Termine auflisten: Schreiben Sie zunächst alle anstehenden Aufgaben und Termine auf, die Sie erledigen wollen oder müssen
  • Länge der Tätigkeiten einschätzen: Notieren Sie dann hinter die jeweilige Aufgabe die Dauer, die Sie dafür veranschlagen
  • Pufferzeiten einplanen: Da Unvorhergesehens oft im Arbeitsalltag vorkommt, sollten Sie nur etwa 50-60% Ihrer Arbeitszeit fest verplanen und die restliche Zeit als Pufferzeit lassen
  • Entscheidungen treffen: Nun geht es darum, dass Sie aufgrund Ihrer begrenzten Zeit Priorisieren, Kürzen und/oder Delegieren müssen. Was müssen Sie selbst machen? Was können Sie abgeben? Was kann warten? Notieren Sie dies ebenfalls neben der jeweiligen Aufgabe – bspw. können Sie besonders wichtige Aufgaben mit Ausrufezeichen markieren, weniger wichtige einklammern. Um Ihre Aufgaben übersichtlich aufzulisten, können Sie im Anschluss das Arbeitsblatt zur Prioritätenliste nutzen. Wenn es Ihnen schwerfällt eine Entscheidung zu treffen, nutzen Sie am besten das Eisenhower-Prinzip, das wir im folgenden Abschnitt genauer vorstellen
  • Nachkontrolle durchführen: Am Ende Ihres Arbeitstages/-zeitraums schauen Sie, welche Aufgaben noch offen sind und übertragen Sie auf die nächste Liste


Eisenhower-Prinzip

Handout Eisenhower-Prinzip, in Anlehnung an Baus (2015)
Arbeitsblatt Eisenhower Prinzip, in Anlehnung an Baus (2015)

Sie sind sich noch unsicher, wie Sie Ihre Aufgaben richtig priorisieren? Außerdem kommen häufig neue, spontane Aufgaben hinzu, so dass Sie bei Arbeitsbeginn noch keinen festen Ablauf absehen können? Dann kann Ihnen das Eisenhower-Prinzip helfen. Das Eisenhower-Prinzip dient ebenfalls der Priorisierung von Aufgaben und ermöglicht zusätzlich eine flexible Einordnung von neuen Aufgaben. Lesen Sie sich zunächst das Handout durch. Dort finden Sie Informationen zur Vorgehensweise. Nachdem Sie die Vorgehensweise des Eisenhower-Prinzips kennengelernt haben, können Sie auf dem folgenden Arbeitsblatt Ihre eigene Priorisierung vornehmen.

Pareto-Prinzip, in Anlehnung an Seiwert (2009)

Bei der Priorisierung können Sie zusätzlich das Pareto-Prinzip im Hinterkopf haben. Dieses besagt, dass 20% der aufgewendeten Zeit für 80% der Ergebnisse verantwortlich sein kann, wenn sie richtig genutzt wird. D.h. Sie können bei jeder Aufgabe sehr viel Zeit sparen, wenn Sie kein absolut perfektes Ergebnis erzählen wollen oder müssen. Überlegen Sie daher immer genau: Bei welchen Aufgaben müssen Sie 100% leisten? Bei welchen reichen auch 80%? Das ist natürlich nie optimal, aber vielleicht ist es besser viele Aufgaben sehr gut (statt perfekt) zu schaffen, statt nur wenige perfekt. Denn in jedem Fall gilt: Wenn Sie zu viel zu tun haben, ist es nicht möglich ALLE Aufgaben perfekt zu erledigen.

Somit liegt es nach dieses 20:80 Verhältnisses an Ihnen, Ihre Zeit so zu planen, dass Sie die 20% der Aufgaben am höchsten priorisieren, die zu 80% der Ergebnisse beitragen. Erst dann erledigen Sie die 80% der anderen Aufgaben, die jedoch nur zu 20% der Ergebnisse beitragen [12].


Persönliche Leistungskurve ermitteln

Persönliche Leistungskurve, in Anlehnung an Seiwert (2009)

Kennen Sie das Gefühl, dass Sie sich - vielleicht nach dem Mittag oder aber auch am Nachmittag - nicht mehr konzentrieren können? Haben Sie schon für sich festgestellt, dass Sie zu bestimmten Uhrzeiten einfach motivierter und produktiver sind? Genau dieses Phänomen erfasst die Leistungskurve. Diese ist für jeden Menschen unterschiedlich, weshalb grob in Morgen- und Abendmensch unterschieden werden kann. Der Morgenmensch hat sein Leistungshoch von morgens bis zum Mittag und sollte in dieser Zeit die wichtigen Aufgaben (A-Aufgaben) erledigen. Erst dann sollte er die weniger anspruchsvollen Aufgaben (B- und C-Aufgaben) bearbeiten. Der Abendmensch hingegen hat sein Leistungshoch vom Nachmittag bis in den frühen Abend hinein und sollte daher die dringlichen Aufgaben vormittags erledigen und die wichtigen, anspruchsvollen erst nach dem Mittag. Und wie sieht Ihre persönliche Leistungskurve aus? Auf dem Arbeitsblatt haben Sie die Möglichkeit für sich aufzuzeichnen, wann Sie am leistungsfähigsten sind und können dies in Ihrer Tagesplanung berücksichtigen [12].


Verhaltensweisen

In diesem Abschnitt geht es nicht mehr um das Priorisieren von Aufgaben wie bei den Zeitmanagementechniken, sondern um konkrete Verhaltensweisen. Der Fokus liegt dabei darauf, wie Sie Aufgaben weitergeben oder ablehnen können, sich störungsfreie Zeiten einrichten und um Unterstützung bitten.

Delegieren

Handout Delegieren
Arbeitsblatt Delegieren

Wenn Sie Aufgaben nicht selbst erledigen können oder möchten (also bspw. wenn Sie mit dem Eisenhower Prinzip C-Aufgaben identifiziert haben), dann besteht die Möglichkeit, diese zu delegieren. Dies ist je nach eigener Rolle jedoch nicht immer so einfach. Daher können Sie in diesem Handout nachlesen, wie Sie dies richtig machen können. Anschließend haben Sie die Möglichkeit, die wichtigsten Punkte für die Delegation Ihrer Aufgaben auf diesem Arbeitsblatt festzuhalten.

Unterstützung erbitten
Sie haben nicht die Möglichkeit oder die Befugnis, Aufgaben an andere zu delegieren? Sie würden jedoch gerne Aufgaben abgeben? Dann haben Sie die Möglichkeit, Ihre Kollegen und Kolleginnen um Unterstützung zu bitten. Fragen Sie sie zum Beispiel, ob sie Ihnen eine Aufgabe abnehmen können. Wie das geht, erfahren Sie hier.
Auch Ihre Führungskraft kann Sie bei hohem Zeitdruck unterstützen. Vielleicht nicht unbedingt, indem sie Ihnen konkrete Aufgaben abnimmt, aber indem sie Ihnen zum Beispiel Rahmenbedingungen ermöglicht, die dem Zeitdruck entgegenwirken. Diese können ganz individuell sein - vielleicht dürfen Sie zum Beispiel in Absprache doch Aufgaben delegieren. Wie Sie Ihre Führungskraft um Unterstützung bitten können, finden Sie hier.

Störungsfreie Zeiten einrichten

© Präventa

Sie werden häufig bei Ihrer Arbeit unterbrochen? Das Telefon oder ein Klopfen an der Tür reißt Sie aus Ihrer Konzentration? Sie wünschten sich, in Ruhe arbeiten zu können? Genau darum geht es bei der Maßnahme, die störungsfreie Zeit oder auch "Stille Stunde" genannt, einzurichten.

Sägeblatt-Effekt, in Anlehnung an Seiwert (2009)

Das Phänomen des Sägeblatt-Effekts beschreibt die Auswirkungen ständiger Unterbrechungen auf Ihre Leistungsfähigkeit. Sobald eine Unterbrechung erfolgt, sinkt Ihre Leistungsfähigkeit rapide ab und Sie müssen Sie stückweise wieder aufbauen. Die Abbildung zeigt, dass dieser Verlauf dem eines Sägeblattes ähnelt [12]. Gerade, wenn Sie Aufgaben mit einer hohen Priorität aus Prioritätenliste oder Eisenhower-Prinzip bearbeiten, kann jede Form von Unterbrechung daher zu starkem Zeitdruck führen. Aus diesem Grund bietet es sich an, störungsfreie Zeiten für die Dauer der Aufgabenbearbeitung einzurichten. Ebenso ist es möglich, diese regelmäßig einzuführen, um alle liegengebliebenen Aufgaben abzuarbeiten, die Sie immer im Hinterkopf hatten. So könnte sich ein Sachbearbeiter zum Beispiel jeden Freitag von 11 bis 12 Uhr Zeit nehmen, um ungestört noch unbeantwortete Mails abzuarbeiten. Durch dieses feste Zeitfenster weiß der Sachbearbeiter an den anderen Tagen, dass er die Mails am Freitag bearbeiten kann und gerät nicht unter Zeitdruck, sofern es keine dringenden und wichtigen Nachrichten sind.

Wichtig ist, dass Sie Ihre störungsfreie Zeit Ihren Kollegen, Vorgesetzten, Kunden, Klienten oder auch Patienten transparent machen. Erklären Sie im Vorfeld offen und höflich, warum Sie für diesen Zeitraum nicht gestört werden wollen und bitten Sie um Verständnis und Respektierung Ihrer störungsfreien Zeit. Gemeinsam mit anderen können Sie so gegebenenfalls auch für beide Seiten passende Lösungen erarbeiten.

Im Folgenden finden Sie einige Anregungen für störungsfreie Zeiten und deren Umsetzung:

  • Wenn Sie einen einsehbaren (digitalen) Terminkalender haben, stellen Sie sich die störungsfreie Zeit als Termin ein und teilen diesen ggf. mit Ihren Kollegen und Kolleginnen.
  • Je nach den Umständen unter denen Sie arbeiten, kann auch ein Schild mit der Aufschrift "Stille Stunde" oder "Bitte nicht stören" helfen. Dieses kann dann an Ihren Stuhl, Tisch oder Ihre Bürotür angebracht werden.
  • Wenn Sie ein Telefon haben und Sie keine eingehenden Anrufe in Ihrer störungsfreien Zeit annehmen möchten (und müssen), dann können Sie dies mit Kollegen/Kolleginnen absprechen: Vielleicht können alle Anrufe an jemand anderen umgeleitet werden.
  • Stellen Sie falls nötig alle Benachrichtigungen an Handy und PC/Laptop für die Zeit aus, um nicht durch hereinkommende Mails oder weitere Benachrichtigungen abgelenkt zu werden.
  • Sollte Sie doch jemand in Ihrer störungsfreien Zeit kontaktieren, klären Sie zunächst ab, ob es dringend ist (zum Beispiel durch die Frage "Brennt es gerade? Oder können wir dies in einer Stunde/morgen klären?"). Wenn dies nicht der Fall ist, bitten Sie die Person höflich, nach Ihrer störungsfreien Zeit auf Sie zuzukommen. Je öfter Sie dies wiederholen, desto leichter wird es Ihnen mit der Zeit fallen, Ihre störungsfreie Zeit durchzusetzen [14]. Zusätzlich schulen Sie die störenden Personen, genau zu überlegen, ob und wann sie auf Sie zukommen und die zu besprechenden Punkte vorher gut zu strukturieren [14].

Und wenn eine Stille Stunde nicht möglich ist? Hinterfragen Sie für sich selbst bitte, ob so etwas wirklich nie möglich ist. Vielleicht können Sie ja mit Ihren Kollegen und Kolleginnen, Ihren Vorgesetzten oder Kunden einen Kompromiss finden. Denken Sie dabei immer an den Sägeblatt-Effekt: Für alle beteiligten hat es Vorteile, wenn Sie gemeinsam Lösungen finden. Vielleicht reichen Ihnen auch kleinere Zeitfenster oder Sie versuchen es mit einer zwei- bis dreiwöchentlichen Umsetzung. Oder Sie können im Team einen Rhythmus finden: Müssen Sie beispielsweise für Kunden oder Patienten jederzeit verfügbar sein, könnte Sie im Kollegium besprechen, dass pro Tag ein Kollege sich eine Stunde zurückziehen kann – dieser Kollege wird dann nur gestört, wenn alle anderen bereits im Einsatz sind. Und das wichtigste bei der Lösungsfindung ist: Wenn Sie für sich selbst gut vertreten können, warum Sie eine störungsfreie Zeit benötigen, dann können Sie dies anderen sicher auch besser verständlich machen.

Nein sagen lernen
Sie erhalten eine Anfrage für eine Aufgabe und möchten diese gerne aus zeitlichen Gründen ablehnen? Sie wissen jedoch nicht, ob Sie dies tun sollen und wenn ja, wie Sie wertschätzend Nein sagen? Zunächst sollten Sie Ihre privaten und beruflichen Ziele reflektieren. So können Sie für sich herausfinden, ob ein Nein in der jeweiligen Situation angemessen ist. Folgende Fragen liefern Anregungen dafür:

  • Wenn ich es zeitlich nicht schaffe privates und berufliches optimal zusammen zu bringen: Was ist mir dann derzeit wichtiger, meine private oder meine berufliche Entwicklung?
  • Wenn Sie diese Frage leicht beantwortet können – sehr gut: dann nehmen Sie die Aufgabe trotzdem an/ sagen „Ja“ oder eben nicht und sagen „Nein“ (s.u.).
  • Wenn Sie diese Frage nicht so leicht beantworten können, überlegen Sie:
    • Welche Auswirkungen hat es auf Ihr Privatleben, wenn Sie die Aufgabe annehmen (z.B. Überstunden, weniger Freizeit, Unzufriedenheit in der Familie, Ehe gefährden, …)? Und welche Auswirkungen hat es auf Ihr Berufsleben (positiven Eindruck hinterlassen und Engagement zeigen, Karrierechancen, Ansehen, …)?
    • Welche Auswirkungen hat es auf Ihr Privatleben, wenn Sie die Aufgabe ablehnen (z.B. Beziehung stärken, mehr Zeit für die Kinder, Hobbys, Freunde, …). Und welche Auswirkungen hat es auf Ihr Berufsleben (Karrierewege verbauen, geringeres Ansehen, …)?
    • Wenn Sie alle Auswirkungen betrachten: Welche sind Ihnen kurz-, mittel- und langfristig wichtig? Was ist demnach die für Sie persönlich beste Entscheidung?

Wenn Sie sich darüber im Klaren sind und in einer Situation eine Aufgabe ablehnen möchten, dann geht es nun darum, wie Sie dies wertschätzend tun können.
Auch ab und zu Nein zu sagen bedeutet umgekehrt, Ja zu wichtigeren Aufgaben zu sagen. Um sich auf die wichtigen Aufgaben konzentrieren zu können, ist es daher unabdingbar, dass Sie auch weniger relevante Aufgaben ablehnen. Nur durch das Setzen klarer Grenzen vermeiden Sie, durch zu viele Aufgaben unter Zeitdruck zu geraten [15].
Nein sagen fällt vielen Menschen schwer. Oft steckt dahinter die Angst, dass die Person dann weniger gemocht oder sogar abgelehnt wird. Sich nicht abgrenzen zu können hat jedoch negative Folgen für Wohlbefinden und Karriere. Dementsprechend ist es wichtig zu lernen, seine eigenen Grenzen zu setzen und dafür einzustehen. Dies soll nicht aggressiv passieren, sondern wertschätzend und professionell. Eine geeignete Methode ist die Sandwich-Methode. Hier wird wie bei einem Sandwich die Nein-Botschaft in zwei beziehungsorientierte Aussagen (Brothälften) verpackt. Dadurch wird das Nein "schmackhafter" und wertschätzender. In der folgenden Abbildung sehen Sie den Ablauf der Sandwich-Methode [15].

Sandwich-Technik, in Anlehnung an Baus (2015)


Wie in der Abbildung zu sehen haben Sie die Möglichkeit, jemanden vorzuschlagen, der die Aufgabe vielleicht übernehmen könnte. Damit bleiben Sie lösungsorientiert und zeigen ernsthaftes Interesse, dass die Aufgabe erledigt wird. Ist es hingegen eine Aufgabe aus der Kategorie 'Papierkorb' des Eisenhower-Prinzips, so sollten Sie dies (vorsichtig und wertschätzend) ansprechen. So sparen nicht nur Sie die Zeit für eine nicht notwendige Aufgabe, sondern auch die andere Person, die diese Aufgabe gegebenenfalls ausgeführt hätte.


Maßnahmen für Folgen von Zeitdruck

Stress und Zeitdruck lässt sich leider nicht immer vermeiden. Trotz allem können Sie in der Situation daran arbeiten, dass der Stress und Zeitdruck Sie nicht zu sehr belastet. Dafür benötigen Sie Maßnahmen, die Sie schnell und unaufwändig anwenden können. Dafür eignen sich vor allem Entspannungsübungen, die Entspannung und Erholung fördern sowie Stress abbauen.

Bitte beachten Sie: Einige Übungen können das Ausmaß psychischer Störungsbilder verstärken. Führen Sie die folgenden Übungen deshalb NICHT durch, wenn Sie an einer diagnostizierten Angst- oder Zwangserkrankung, einer schweren depressiven Episode, einer Persönlichkeitsstörung (wie z.B. Borderline), einer akuten Psychose oder einer postraumatischen Belastungsstörung leiden.

Diese Sofortmaßnahmen können Sie bei der Arbeit oder auch in Ihrer Freizeit durchführen. Die Übungen reichen von speziellen Atemtechniken über Progressive Muskelentspannung und Autogenem Training bis hin zur Achtsamkeit. Erfahren Sie hier mehr zu den Entspannungstechniken und wie die einzelnen Übungen durchgeführt werden.


Weiterführende Quick Wins, Ideen und Impulse

In Gesprächen mit Mitarbeitenden, Führungskräften und Experten aus der Praxis wurden zusätzliche Ideen und Impulse gesammelt. Diese spiegeln somit persönliche Erfahrungen aus der Praxis wieder, die nicht per se wissenschaftlich gesichert sind. Gern können Sie diese Ideen und Impulse als zusätzliche Inspiration nutzen.

  • Zeitpuffer für jeden Termin einplanen: Da die benötigte Zeit für Aufgaben häufig unterschätzt wird, sollten Sie immer etwas Puffer dafür einplanen [12].(siehe auch Zeitmanagementtechniken)
  • Struktur schaffen und To Do Listen führen: Durch das Aufschreiben und strukturieren Ihrer Tätigkeiten behalten Sie den Überblick und verzetteln sich nicht so leicht [12]. (siehe auch Zeitmanagementtechniken)
  • (Kurz-) Pausen machen: Mehr Pausen zu machen ist wichtig für die Leitungsfähigkeit. Aus Zeitinvestition in Pausen folgt späterer Zeitgewinn in Form höherer Leistungsfähigkeit [16; 17]. Hier können Sie auch gut eine kurze Entspannungs- oder Atemtechnik einbauen. (siehe auch Maßnahmen für Folgen von Zeitdruck und Erholung.

Quellen

[1] Lohmann-Haislah, A. (2013). Stress aktuell – Ergebnisse der Erwerbstätigenbefragung. In A. Lohmann-Haislah (Hrsg.), Stressreport Deutschland 2012: Psychische Anforderungen, Ressourcen und Befinden. (S.34-106). Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
[2] Immerfall, S. (2013). Zeitdruck als kulturübergreifender Stressor. In: Genkova P., Ringeisen T., Leong F. (Hrsg.), Handbuch Stress und Kultur. Wiesbaden: Springer.
[3] Schulte, E.-M., Wittner, B., & Kauffeld, S. (2021). Ressourcen und Anforderungen (ReA) in der Arbeitswelt: Entwicklung und erste Validierung eines Fragebogens. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO), 52, 405-415.
[4] Baethge, A., Vahle-Hinz, T., Schulte-Braucks, J. & van Dick, R. (2018). A matter of time? Challenging and hindering effects of time pressure on work engagement, Work & Stress, 32(3), 228-247, DOI: 10.1080/02678373.2017.1415998.
[5] Silla, I., & Gamero, N. (2014). Shared time pressure at work and its health-related outcomes: Job satisfaction as a mediator. European Journal of Work and Organizational Psychology, 23(3), 405–418. https://doi.org/10.1080/1359432X.2012.752898.
[6] Siegrist, J., Dragano, N. (2008). Psychosoziale Belastungen und Erkrankungsrisiken im Erwerbsleben. Bundesgesundheitsbl. 51, 305–312.
[7] Schaufeli, W. (2004). Job demands, job resources, and their relationship with burnout and engagement: A multi‐sample study. Journal of Organizational Behavior, 25, 293 - 315. 10.1002/job.248.
[8] Schmitt, A., Ohly, S., & Kleespies, N. (2015). Time Pressure Promotes Work Engagement. Journal of Personnel Psychology, 14, 28-36.
[9] Jamal, M., & Baba, V. V. (2003). Type A behavior, components, and outcomes: A study of Canadian employees. International Journal of Stress Management, 10, 39 – 50.
[10] Koch, C. J. & Kleinmann, M. (2002). A stitch in time saves nine: Behavioural decision-making explanations for time management problems. European Journal of Work and Organizational Psychology, 11(2), 199-217.
[11] Kahneman, D., & Tversky, A. (1979). Prospect theory: An analysis of decision under risk. Econometrica, 47, 263-291.
[12] Seiwert, L. (2009). Das 1x1 des Zeitmanagement: Zeiteinteilung, Selbstbestimmung, Lebensbalance. München: Gräfe und Unzer Verlag.
[13] Claessens, B. J. C., Eerde, van, W., Rutte, C. G., & Roe, R. A. (2007). A review of the time management literature. Personnel Review, 36(2), 255-276. https://doi.org/10.1108/00483480710726136.
[14] Janson, S. (2019). Zeitdiebe Effizient Bekämpfen: Nein sagen lernen ohne Skrupel, Neue Zeitmanagement-Tricks gegen Prokrastination & Ablenkung, Produktivität steigern statt Dauerstress & Zeitfallen: Best of HR - Berufebilder.de®.
[15] Baus, L. (2015). Wie realistische Zeitplanung funktioniert. In: Selbstmanagement: Die Arbeit ist ein ewiger Fluss. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-09593-2_14.
[16] Wendsche, J., & Lohmann-Haislah, A. (2018). Arbeitspausen gesundheits- und leistungsförderlich gestalten. Göttingen: Hogrefe.
[17] Kleinmann, M., & König, C. (2018). Selbst- und Zeitmanagement (Vol. 38). Hogrefe Verlag.


Bildquellen


© Präventa