Überforderung - Was können Sie persönlich für sich tun?

From Praeventa
Jump to navigation Jump to search

Was ist Überforderung?

Erklärendes Video zum Person-Environment-Fit-Modell (kurz P-E-Fit-Modell) in Anlehnung an [3]

Unter Überforderung versteht man eine Form der Belastung, die durch ein Empfinden von Hilflosigkeit und Überanstrengung geprägt ist. Sie geht damit einher, dass Anforderungen an eine Person gestellt werden, denen sie nicht gerecht werden kann [1]. Aufgaben werden daher häufig als zu schwer empfunden [2]. Überforderung am Arbeitsplatz kann entstehen, wenn die Anforderungen einer Aufgabe nicht mit den Fähigkeiten eines Mitarbeitenden übereinstimmen oder dem Mitarbeitenden nicht ausreichend Ressourcen zur Bewältigung der Aufgabe zur Verfügung stehen. Das heißt Überforderung entsteht immer dann, wenn das Verhältnis zwischen Anforderungen und Ressourcen nicht passt. Dieser Zusammenhang wird im sogenannten Person-Environment-Fit-Modell [3] genauer beschreiben. Schauen Sie dazu das Video auf der rechten Seite an (klicken Sie zum Starten einfach auf das Bild und den Link im Text). Was sind dabei Anforderungen und Ressourcen?

  • Arbeitsanforderungen beinhalten alles, womit Mitarbeitende durch ihre Arbeit konfrontiert werden, also beispielsweise neue Aufgaben, lange Arbeitszeiten, die Zusammenarbeit mit Kollegen/innen, Kundengespräche, Abgabefristen und so weiter.
  • Ressourcen können alles sein, was dem Mitarbeitenden hilft seine Ziele zu erreichen. Dies kann soziale Unterstützung sein durch die Führungskraft, eigene Fähigkeiten wie zum Beispiel eine gute Merkfähigkeit, Autonomie durch viel Entscheidungsspielraum oder eine positive Arbeitsumgebung durch gute Stimmung im Unternehmen.

Überforderung kann von Zeitdruck bei der Arbeit abgegrenzt werden. Zeitdruck bedeutet, dass Mitarbeitende sehr viele Aufgaben in kurzer Zeit erledigen müssen. Dabei reicht die Zeit meistens nicht aus und es müssen Überstunden absolviert werden. Im Vergleich dazu geht es bei Überforderung nicht nur um zu wenig Zeit für die einzelnen Aufgaben, sondern auch darum, dass Mitarbeitende nicht das notwendige Wissen für eine Aufgabe haben und deshalb überfordert sind. Wenn Sie das Thema Zeitdruck interessiert, können Sie sich unter folgendem Link weiter zum Thema Zeitdruck.

Überforderung kann ebenfalls von Leistungsdruck abgegrenzt werden. Leistungsdruck bedeutet, dass Mitarbeitende ihre Aufgaben sehr gut und gleichzeitig sehr schnell erledigen müssen. Das heißt, die Mitarbeitenden müssen viel Energie in ihre Arbeit stecken, um erfolgreich zu sein. Mitarbeitende mit Leistungsdruck unterliegen hohen Anforderungen an ihre Arbeit. Auf der Seite zu Leistungsdruck finden Sie mehr zum Thema.

Fazit: Die Mitarbeitenden sollen also Aufgaben erledigen, die ihre Fähigkeiten oder ihr Wissen übersteigen und deshalb nur schwer zu bewältigen sind. Von Überforderung spricht man, wenn diese Situation häufiger auftritt [2]. Bevor wir Ihnen vorstellen, was Sie selbst tun können, um die Überforderung zu reduzieren, wird zunächst aufgezeigt, warum dieses Thema für die eigene Gesundheit so wichtig ist.

Warum ist es wichtig auf Überforderung zu achten?

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK [4] zeigt, dass Mitarbeitende zunehmend von Überforderung betroffen sind. Ein Viertel gab in einer Befragung an, den zu erledigenden Aufgaben auf Dauer nicht gewachsen zu sein. Dabei nehmen Mitarbeitende auch selbstschädigendes Verhalten in Kauf, in dem sie beispielsweise Pausen streichen oder viel Rauchen oder Kaffee trinken, um sich wach zu halten. Die Überforderung entsteht laut Angaben der Befragten durch die wachsenden Anforderungen im Unternehmen. Auch fehlende Ressourcen stehen mit Überforderung in Verbindung. Studien konnten beispielsweise im Bereich der Krankenpflege zeigen, dass ein Mangel an Unterstützung, geringer Entscheidungsspielraum sowie vergleichsweise wenig Zusatzzahlungen mit Überforderung zusammenhängen [5]. Generell ist Überforderung eine Form der psychischen Belastung, die allgemein zu Stress führen kann und damit negative Folgen auf Körperlicher- (z.B. hoher Blutdruck, Schlafstörungen, etc.), Psychischer- (z.B. Depression, Frustration, Unzufriedenheit) und Verhaltensebene (z.B. verminderte Leistungsfähigkeit, schlechte Konzentration, Fehlzeiten) mit sich bringt [6]. Es ist also sowohl im Interesse der Mitarbeitenden als auch der Organisation Überforderung zu vermeiden, psychischer Belastung vorzubeugen und negative Auswirkungen zu verhindern bzw. zu verringern.

Wie jede dauerhafte Belastung verursacht Überforderung psychischen und physischen Stress. Bei anhaltender Belastung über einen längeren Zeitraum kann es zu einer Reihe von ernsten gesundheitlichen Folgen kommen [7]. Die häufigsten Auswirkungen sind unter anderem [8]:

  • generelle Beeinträchtigungen des Wohlbefindens
  • psychosomatische und psychische Störungen, z.B. Magen-Darm-Krankheiten, Hautkrankheiten, Schlafstörungen oder Depressionen
  • Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Krankheiten
  • Burnout

Was kann gegen Überforderung getan werden?

Um geeignete Maßnahmen auswählen zu können, ist es wichtig genau zu hinterfragen, in welchen Situationen Überforderung bei Ihnen entsteht und woran dies liegt. Daher reflektieren Sie zunächst, welche Aufgaben Sie besonders herausfordern und überlegen Sie dann, welche Maßnahmen Ihnen persönlich am besten helfen können.

Welche Aufgaben fordern mich insbesondere heraus?

Das Flow-Modell

Flow-Modell nach Nakamura und Csikszentmihalyi (2014)

Aufgaben werden als überfordernd wahrgenommen, wenn deren Bearbeitung die Fähigkeiten und das Wissen von Mitarbeitenden übersteigen. Was dann emotional bei den Mitarbeitenden passiert, wird sehr schön in dem Flow-Modell auf der rechten Seite veranschaulicht [9]. Es zeigt welche Emotionen entstehen - je nachdem inwieweit die jeweiligen Fähigkeiten bzw. Kompetenzen einer Person mit der Herausforderung durch die Aufgabe zusammenpassen:

  • Übersteigt die Herausforderung durch die Aufgabe die eigenen Kompetenzen, sind die Aufgaben also überfordernd, entsteht Angst
  • Sind die Kompetenzen der Person (in dem Aufgabenbereich, den Sie übernehmen muss) und die Herausforderung der Aufgabe eher gering ausgeprägt, tritt Apathie auf, d.h. die Person wird teilnahmslos und gleichgültig
  • Entspannung tritt ein, wenn die Kompetenzen weit aus größer sind als sie für die Aufgabe benötigt werden
  • Sind sowohl Herausforderung als auch die Fähigkeiten der Person hoch, tritt der sogenannte Flow-Zustand ein. Flow bedeutet "Fluss" oder "fließen". Im Flow-Zustand arbeiten Menschen mit höchster Konzentration unter vollstem Einsatz an einer Aufgabe. Dabei wird die Tätigkeit selbst als belohnend erlebt und nicht das Endergebnis. Dieser Zustand wird von Personen als sehr befriedigend erlebt und wirkt sich auch positiv auf die Aufgabenerfüllung aus [9].

Reflexion der eigenen Tätigkeiten

Handout zur Reflexion der Überforderung, © Präventa

Das Flow-Modell bietet eine gute Grundlage, um sich über die eigenen Tätigkeiten Gedanken zu machen. In dem rechtsstehenden Reflexionshandout können Sie Ihre Tätigkeiten zunächst sammeln und anschließend danach sortieren, wie hoch Ihre Fähigkeiten in dem Bereich sind und wie herausfordernd die Aufgabe jeweils ist. Im nächsten Abschnitt werfen wir dann einen genaueren Blick auf die Aufgaben bei denen die Herausforderung durch die Aufgaben Ihre Fähigkeiten (noch) übersteigen.


Was kann ich für Maßnahmen ergreifen?

Maßnahmen bei Überforderung durch die Aufgaben

In einem ersten Schritt haben Sie sich mit diesem Reflexionshandout Ihre Tätigkeiten genauer angeschaut und Sie danach sortiert wie gut Ihre Fähigkeiten zu der Aufgabenschwierigkeit passen. Nun schauen Sie sich die Aufgaben genauer an, bei denen die Herausforderung durch die Aufgabe Ihre Kompetenzen überschreiten. Nutzen Sie dafür das untenstehende Maßnahmenhandout. Nachdem Sie die Tabelle ausgefüllt haben, werfen Sie nochmal einen Blick darauf. Suchen Sie sich eine Aufgabe aus der Tabelle aus. Wählen Sie am besten die Aufgabe aus, bei der Ihre Motivation besonders hoch ist und Sie überzeugt sind, dass Sie sich das Wissen bzw. die Fähigkeit aneignen können. Bearbeiten Sie für diese Aufgaben dann die Seite Qualifikation - dort erfahren Sie mehr dazu wie Sie am besten vorgehen, um sich das Wissen oder die Fähigkeit anzueignen.

Zusatzmaterial: Sie wollen sich gerne noch mit Tätigkeiten aus den anderen Bereichen im ersten Handout beschäftigen? Dann nutzen Sie auch gerne das Zusatzhandout. Hier geht es dann weniger um Überforderung. Ziel ist es ein Gleichgewicht zwischen den Aufgaben aus den verschiedenen Bereichen zu schaffen.

Maßnahmen bei anderen Ursachen für generelle Überforderung

Checkliste, © Präventa

Im Rahmen des Projekts "Präventa" bezieht sich Überforderung vor allem auf die Überforderung durch die Aufgabe. Im Alltag versteht man unter Überforderung aber einen Zustand der viele Ursachen haben kann [10]. Viele dieser Ursachen werden bereits im Rahmen anderer Seiten in diesem Wiki behandelt. Deshalb haben wir Ihnen hier eine Übersicht mit Verlinkungen zu den wichtigsten Maßnahmenseiten zur Verfügung gestellt. Um den Überblick nicht zu verlieren, nutzen Sie auch gerne die zur Verfügung gestellte Checkliste auf der rechten Seite.

Ursache Beschreibung
Zeitdruck Zeitdruck beschreibt das Gefühl, nicht genügend Zeit zu haben, um alle Aufgaben rechtzeitig erfolgreich erledigen zu können, so dass man sich gehetzt und überfordert fühlt. Zu Zeitdruck durch Überforderung kann es kommen, wenn notwendiges Wissen für eine Aufgabe fehlt und diese dementsprechend länger dauert oder nicht genug Ressourcen zum Umgang mit der Aufgabenmenge vorhanden sind. Maßnahmen bei Zeitdruck können das Identifizieren von Zeitdieben, die Anwendung von Zeitmanagementtechniken und das Bitten um Unterstützung sein.
Leistungsdruck Leistungsdruck bedeutet, dass an Ihre Arbeit sehr hohe Anforderungen gestellt werden. Beispielsweise müssen Sie sowohl sehr hohen Qualitätsanforderungen gerecht werden, als auch sehr schnell arbeiten. Dadurch müssen Sie viel Energie investieren, um Ihre Arbeit erfolgreich bewältigen zu können. Wenn die Aufgaben Ihr Wissen und Ihre Fähigkeiten übersteigen, kommt es schneller zu Leistungsdruck. Maßnahmen zum strukturierten Arbeiten und zum eigenen Verhalten (z.B. Gespräch mit der Führungskraft) können Leistungsdruck vorzubeugen.
Arbeitsunterbrechungen Unter Arbeitsunterbrechungen wird das zeitlich begrenzte Aussetzen der aktuellen Arbeitsaufgabe verstanden, ohne diese (oder deren Unterziele) abgeschlossen zu haben. Durch Überforderung kann es zu Arbeitsunterbrechungen kommen. Denkbar ist, dass dann Aufgaben unterbrochen werden, weil nachgeschaut werden muss, wie sie funktionieren.

Bei regelmäßigen Unterbrechungen der Arbeit, sollte geprüft werden, was die Ursachen sind.

Rollenkonflikte Verhaltenserwartungen werden an eine Rolle am Arbeitsplatz geknüpft. Stehen Rollen in Konflikt, durch widersprüchliche Informationen und Anforderungen, kann es zu Stress kommen. Beispielsweise werden verschiedene Anforderungen an eine Rolle gestellt oder eine Person soll die Erwartungen von zwei Rollen erfüllen. Rollenkonflikte können Überforderung verstärken oder verursachen. Zur Schaffung von Rollenklarheit kann eine Reflexion der eigenen Rollen sinnvoll sein.
Widersprüchliche Anforderungen Widersprüchliche Anforderungen bedeuten, dass man mit sich widersprechenden Aufgaben oder Erwartungen konfrontiert wird. Diese Aufgaben können von einer oder mehreren Personen kommen. Zudem fehlt es oft an nötigen Informationen, um die Aufgabe bearbeiten zu können.
Private Belastung Hohe private Belastungen entstehen, wenn der Alltag zu Hause sehr stressig ist und dort vielen Anforderungen nachgekommen werden muss. Genau wie hohe berufliche Anforderungen, können auch private Anforderungen Stress auslösen. Dauerhafter Stress sollte vermieden werden. Maßnahmen zur Verringerung von privaten Belastungen können Übungen zum Zeitmanagement oder zum Abschalten sein.

Maßnahmen um Folgen von genereller Überforderung entgegen zu wirken

Ausgleich Beschreibung
Entspannung Entspannung bedeutet "sich körperlich und psychisch für kurze Zeit von der Belastung durch anstrengende und angespannte Tätigkeit frei machen und neue Kraft schöpfen“. Das Gegenteil von Entspannung ist somit die Anspannung, von der man sich während einer Entspannungsphase frei macht. Ein Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung ist ganz normal, aber es muss darauf geachtet werden, dass die Entspannung sowohl im Arbeitsalltag als auch im Privatleben nicht zu kurz kommt. Entspannungstechniken sollen dabei helfen sich aktiv zu entspannen, Anspannung abzubauen und ein Gefühl von Ruhe und Gelassenheit zu erzeugen. Durch häufige Überforderung kann es zu ständiger Anspannung am Arbeitsplatz kommen. Dieser kann durch z.B. Progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training entgegengewirkt werden.
Achtsamkeit Achtsamkeit bedeutet mit den Gedanken im Hier und Jetzt zu sein und die Aufmerksamkeit voll und ganz auf das zu richten, was gerade passiert. Achtsamkeit trägt zu einem besseren Umgang mit Belastungen und Stress bei, welche aus Überforderung resultieren können. Maßnahmen zum Üben von Achtsamkeit können z.B. die „Body-Scan“ Übung oder die Atementspannung sein.
Private Unterstützung Private Unterstützung kann von allen Menschen aus dem Umfeld, also dem sozialen Netzwerk, kommen. Diese Unterstützung kann auf ganz verschiedene Weise geschehen: Manchmal hilft es schon, wenn jemand ein offenes Ohr hat oder man das Gefühl hat, sich auf jemanden verlassen zu können und nicht alleine zu sein. Private Unterstützung kann hilfreich sein beim Umgang mit Überforderung am Arbeitsplatz. Um einen gesunden Bekannten- und Freundeskreis zu haben, können Maßnahmen zum Aufbau und zur Pflege des sozialen Netzwerks hilfreich sein.

Quellen

[1] Dudenredaktion (Hrsg.). (2019). Überforderung. Duden online. Abgerufen von https://www.duden.de/rechtschreibung/ueberfordern
[2] Schulte, E.-M., Wittner, B., & Kauffeld, S. (2021). Ressourcen und Anforderungen (ReA) in der Arbeitswelt: Entwicklung und erste Validierung eines Fragebogens. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO), 52, 405-415.
[3] Caplan, R.D. (1983). Person-environment fit: Past, present, and future. In Cooper CL (Ed.), Stress research (S. 35-78). New York: Wiley.
[4] Böcken, J., Braun, B., & Meierjürgen, R. (Eds.). (2015). Gesundheitsmonitor 2015: Bürgerorientierung im Gesundheitswesen-Kooperationsprojekt der Bertelsmann Stiftung und der BARMER GEK. Verlag Bertelsmann Stiftung.
[5] Badura, B., Litsch, M., & Vetter, C. (Eds.). (2013). Fehlzeiten-Report: Psychische Belastung am Arbeitsplatz Zahlen, Daten, Fakten aus allen Branchen der Wirtschaft. Springer-Verlag.
[6] Wenchel, K. T. (2001). Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz. Bochum: Info Media Verlag.
[7] Schaper, N. (2014). Wirkungen der Arbeit. In F. W. Nerdinger, G. Blickle & N. Schaper (Hrsg.), Arbeits- und Organisationspsychologie (S. 517–539). Berlin: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-642-41130-4_28.
[8] Faltermaier, T. (2005). Gesundheitspsychologie (1. Aufl.). Stuttgart: Kohlhammer Verlag
[9] Nakamura, J. & Csikszentmihalyi, M. (2014). The Concept of Flow. In M. Csikszentmihalyi (Hrsg.), Flow and the Foundations of Positive Psychology (S. 239-263). Dordrecht: Springer. https://doi.org/10.1007/978-94-017-9088-8_16
[10] Techniker Krankenkasse. (2016). Entspann dich, Deutschland. TK-Stressstudie 2016. Hamburg: Techniker Krankenkasse.


Bildquellen


© Präventa