Qualifikation - Was können Sie persönlich für sich tun?

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Was ist Qualifikation?

Fähigkeiten und Fertigkeiten, die eine Person am Arbeitsplatz anwendet, um Ihre Aufgaben zu bewältigen bezeichnet man als Kompetenzen [1]. Wichtig ist: Kompetenzen sind veränderbar [2]. Das bedeutet, wenn sich Anforderungen an Ihrem Arbeitsplatz verändern, können Sie Ihre Kompetenzen erweitern.

Passung von Qualifikation und Anforderungen

Kompetenzen können sowohl durch informelles als auch durch formelles Lernen erworben werden. Bei informellem Lernen wird außerhalb formaler Bildungseinrichtungen (z.B. Schulen) gelernt. Die Person lernt hier beispielsweise durch Erfahrungen oder im Austausch mit Kollegen und Kolleginnen. Qualifikation bezieht sich aber eher auf formelles Lernen. Hier werden der Person Lerninhalte organisiert und gezielt vermittelt, z.B. durch Seminare [3]. Daher ist Qualifikation häufig an Zertifikate und Zeugnisse geknüpft [4].
Die durch Qualifizierung erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten (Kompetenzen) helfen der Person, die Anforderungen ihres Arbeitsplatzes erfolgreich zu bewältigen. Dabei ist vor allem entscheidend, wie diese Inhalte Sie auf Ihre derzeitige Arbeit vorbereitet haben – d.h. die Passung von Qualifikation und Anforderungen. Qualifikation ist also das, was eine Person befähigen sollte, einen bestimmten Beruf auszuführen [5]. Qualifikation umfasst demnach die gute Vorbereitung auf die aktuelle Arbeitstätigkeit [6].
Folgende Qualifizierungsmaßnahmen gibt es beispielsweise [7]:

  • Während der Ausbildung werden notwendige berufliche Fertigkeiten und Fähigkeiten in Vorbereitung auf eine Tätigkeit vermittelt.
  • Zu einer Weiterbildung zählen alle Maßnahmen zum Erhalt, Ausbau und zur Vertiefung der Inhalte der beruflichen Ausbildung.
  • Eine Fortbildung ist eine Form der Weiterbildung. Es sind vom Arbeitgeber finanzierte Maßnahmen zum Erhalt oder Ausbau der bereits bestehenden Qualifikation.
  • Berufliche Umschulungen sollen auf eine neue berufliche Tätigkeit vorbereiten.
  • Auch Trainings sind eine Form der Weiterbildung. Hier handelt es sich um zeitlich kürzere Maßnahmen zum Ausbau der Kompetenzen oder Einstellungen.
  • Ein Seminar ist eine Trainingsmethode. Ein oder mehrere Kursleiter geben hier Inhalte „live“ an eine größere Anzahl an Teilnehmenden weiter.

Warum ist Qualifikation wichtig?

Die Theorie des Person-Environment-Fit (s. Video) beschreibt die Passung zwischen einer Person und ihrem Arbeitsumfeld. Mehr zu den verschiedenen Fit-Theorien erfahren Sie auch im Handout [9].
Laut dem Person-Job-Fit sind Personen mit einer hohen Passung zwischen Ihren Kompetenzen und den Anforderungen der Aufgabe eher zufrieden mit ihrer Arbeit [9].

Handout zu den Fit-Theorien

Passt die Qualifikation einer Person zu den Arbeitsanforderungen, nimmt die Person ihre Aufgaben weniger als Routinetätigkeiten wahr [10]. Das bedeutet, die Tätigkeit ist vielfältiger und anspruchsvoller. Das Erleben von Unterforderung oder Langeweile wird vermieden.
Aber nur 70% der Beschäftigten in Deutschland erleben tatsächlich eine solche Passung zwischen ihrem Abschluss und dem geforderten Abschluss der Tätigkeit. Ungefähr jede/r zehnte Mitarbeitende in Deutschland ist für seine/ihre Beschäftigung unterqualifiziert, da seine/ihre abgeschlossene Ausbildung nicht zu der passt, die normalerweise für die Tätigkeit erforderlich ist [10]. Unterqualifizierung kann verschiedene Ursachen haben. Einerseits ist es möglich, dass die bisherige Ausbildung die Person weniger gut auf die Aufgabe vorbereitet hat. Es kann aber auch sein, dass sich die Anforderungen der Arbeit geändert haben – z.B. durch die Digitalisierung. In jedem Fall fehlen dem oder der Mitarbeitenden bei einer Unterqualifizierung wichtige Fähigkeiten und Fertigkeiten, um die Aufgaben erfolgreich auszuführen [10]. Das kann negative Auswirkungen haben:

  • Die Arbeitszufriedenheit des oder der Mitarbeitenden sinkt [10].
  • Das Einkommen der Mitarbeitenden ist häufig geringer als bei einer Passung der Anforderungen und Kompetenzen [10].
  • Die Gefahr für Burnout ist erhöht [11].
  • Überforderung kann auftreten [8].
  • Es droht ein möglicher Verlust der Beschäftigungsfähigkeit [4].

Neue Herausforderungen durch die Digitalisierung

Digitalisierung ist gekennzeichnet durch die Umwandlung analoger Daten (Text, Bild, Ton) in digitale Daten [12]. Damit einhergehend verändern sich möglicherweise Strukturen und Prozesse in Ihrem Unternehmen [13]. Arbeitsaufgaben werden zunehmend mit modernen Informations- und Kommunikationstechnologien ausgeführt [12;14]. So arbeiten Sie möglicherweise häufiger mit Technologien, wie z.B. Computer, Telefone, Internet, Tablets oder digitalen Dateien [15].
An Mitarbeitende werden damit neue Anforderungen gestellt, die herausfordernd sein können [15;16]. Sie können dann das Gefühl haben, dass die Komplexität der neuen Technologien ihre Fähigkeiten übersteigt und befürchten, dass sie die nötige Qualifikation nicht erreichen können [17]. Die Förderung von Sach- und persönlichen Kompetenzen durch Qualifizierung kann hier einen kompetenten und selbstsicheren Umgang mit Technologien ermöglichen [17].

Was kann für Qualifikation getan werden?

Bei der Qualifikation liegt der Fokus darauf, durch formelles Lernen eine bessere Passung zu Ihrer aktuellen Arbeitstätigkeit herzustellen. Es soll vorausschauend auch für zukünftige Anforderungen qualifiziert werden [1]. Sollten Sie sich über Ihre aktuelle Stelle hinaus weiterentwickeln möchten, schauen Sie auf der Seite interne Karriereentwicklung nach passenden Maßnahmen.

Was fehlt Ihnen und was brauchen Sie dafür?

Reflexion der eigenen Passung, © Präventa

Im ersten Schritt ist es wichtig, Ihre eigenen Kompetenzen und Fähigkeiten einzuschätzen. Diese können Sie im Anschluss mit den Anforderungen vergleichen, die Ihre Arbeit an Sie stellt. Nur wenn Sie beschreiben können, in welchen Bereichen es keine Passung gibt, können Sie Maßnahmen erarbeiten. Dieses Arbeitsblatt kann Ihnen dabei helfen, die Anforderungen Ihrer Arbeitsaufgabe und Ihre eigene Qualifikation zu erfassen und deren Übereinstimmung zu prüfen. Wenn Ihnen das schwerfällt, können Sie andere Personen, z.B. Kollegen und Kolleginnen, um deren Einschätzung bitten. Mithilfe des Arbeitsblatts können Sie SMARTe Ziele erarbeiten. Diese Ziele dienen dazu, Ihnen klare Vorgehensweisen und Struktur zu geben. Zudem erhöhen sie die Motivation, auf das Ziel hinzuarbeiten. So erreichen Sie eher Ihre Ziele [18].

Eine andere Möglichkeit, Ihre eigenen Fähigkeiten in Vergleich zu den Anforderungen zu setzen, haben Sie in einem Karrierecoaching. Weitere Informationen dazu finden Sie hier. Coaching dient der persönlichen Entwicklung [19]. Die gecoachte Person kann ein berufs- oder karrierebezogenes Ziel bearbeiten und wird dabei unterstützt, sich selbst zu reflektieren und zu managen. Allerdings kann ein Coaching durchaus mit hohen Kosten verbunden sein. Sprechen Sie darüber vorher mit Ihrer Führungskraft.

Wie kommen Sie an Ihr Ziel?

Vorbereitung Gespräch mit der Führungskraft - Thema Wünsche und Ziele der eigenen Qualifikation

Erkundigen Sie sich auf Basis Ihrer Ziele zunächst über Maßnahmen, die in Ihrer Organisation angeboten werden: Gibt es z.B. interne Fortbildungsprogramme oder Seminare, die Sie besuchen können? Suchen Sie dazu auch das Gespräch mit Ihrer Führungskraft oder nutzen Sie Jahresgespräche, um Ihre Ziele darzustellen. Um ein solches Gespräch möglichst zielführend zu gestalten, können Sie dieses Arbeitsblatt nutzen. Sollten Sie innerhalb Ihrer Organisation kein passendes Angebot finden, können Sie auch bei externen Anbietern nach Optionen suchen. Hier kann schon eine Internetrecherche Ergebnisse liefern. Beispielsweise finden Sie auf der Seite KURSNET der Bundesagentur für Arbeit einen umfassenden Überblick von Qualifizierungsangeboten [20]. Möglicherweise kann Ihre Organisation Sie bei der Recherche und Auswahl von Maßnahmen unterstützen.
Häufig unterstützen Organisationen Weiterbildungen aber nur dann, wenn sie der Organisation einen Nutzen bringen. Überlegen Sie dazu im Vorfeld:

  • Wie kann ich die Inhalte der Weiterbildung in meiner täglichen Arbeit nutzen?
  • Wie kann ich mich persönlich durch die Weiterbildung weiterentwickeln?
  • Welche Vorteile hat das für die Organisation?

Fokussieren Sie dabei vor allem Kennzahlen, die Ihrer Organisation wichtig sind, wie beispielsweise Produktivität oder Qualitätsverbesserungen. Sprechen Sie anschließend mit Ihrer Führungskraft über Themen wie Finanzierung oder zeitliche Gestaltung der Weiterbildung.

Transfer der gelernten Inhalte sicherstellen

Durchgeführte Qualifikationen können, aber müssen nicht dazu führen, dass die Inhalte auch sicher angewendet werden [4]. Dieser Unterschied zwischen „Theorie“ und „Praxis“ entsteht durch Transferprobleme [7].
Beispiele für Transferprobleme sind [7]:

  • zu hoher (Zeit-)Aufwand bei der Anwendung der neu erlernten Inhalte sowie fehlende Ressourcen
  • mangelnde Passung zwischen Trainingsinhalten und Anforderungen der Tätigkeit
  • fehlende Unterstützung und Bestätigung bei der Anwendung der neu erlernten Inhalte durch Kolleginnen/Kollegen und Führungskräfte
  • ungeeignete Methode der Schulung (vor allem bei E-Learnings, wenn die Mitarbeitenden eine negative Einstellung zu neuen Technologien haben)

Um sicherzustellen, dass die Maßnahmen auch wirklich Effekte zeigen, müssen diese Transferprobleme berücksichtigt werden. Wertvolle Tipps zum Transfer finden Sie auf der Seite Wissensmanagement.

Quellen

[1] Kauffeld, S. & Grote, S. (2019). Personalentwicklung. In S. Kauffeld (Ed.), Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (3rd ed., pp. 167-210). Berlin, Germany: Springer-Verlag.
[2] Paulsen, H. F. K. & Kauffeld, S. (2019). Kompetenzmanagement in Organisationen: Ein Beitrag zur Laufbahnentwicklung. In S. Kauffeld & D. Spurk (Eds.), Handbuch Karriere und Laufbahnmangement (pp. 511-542). Berlin, Germany: Springer-Verlag. doi:10.1007/978-3-662-48750-1
[3] Dehnbostel, P. (2010). Betriebliche Bildungsarbeit: Kompetenzbasierte Aus- und Weiterbildung im Betrieb. Baltmannsweiler: Schneider-Verlag Hohengehren.
[4] Kauffeld, S. & Paulsen, H. (2018). Kompetenzmanagement in Unternehmen: Kompetenzen beschreiben, messen, entwickeln und nutzen. Stuttgart, Germany: Kohlhammer.
[5] Blickle, G. (2019). Anforderungsanalyse. In F. W. Nerdinger, G. Blickle, & N. Schaper (Eds.), Arbeits- und Organisationspsychologie (4th ed., pp. 573-600). Berlin, Germany: Springer-Verlag.
[6] Schulte, E.-M., Wittner, B., & Kauffeld, S. (2021). Ressourcen und Anforderungen (ReA) in der Arbeitswelt: Entwicklung und erste Validierung eines Fragebogens. Gruppe. Interaktion. Organisation. Zeitschrift für Angewandte Organisationspsychologie (GIO), 52, 405-415.
[7] Kauffeld, S. (2016). Nachhaltige Personalentwicklung und Weiterbildung. Berlin, Germany: Springer-Verlag. doi:10.1007/978-3-662-48130-1
[8] Caplan, R.D. (1983). Person-environment fit: Past, present, and future. In C. L. Cooper (Ed.), Stress research (pp. 35-78). New York, NY: Wiley.
[9] Kauffeld, S. & Grohmann, A. (2019). Personalauswahl. In S. Kauffeld, (Ed.), Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (3rd ed., pp. 139-166). Berlin, Germany: Springer-Verlag.
[10] Rohrbach-Schmidt, D. & Tiemann, M. (2010). (Mis-)Matching in Deutschland: Eine Analyse auf der Basis formaler Qualifikationen und Fähigkeiten von Erwerbstätigen. Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 1/2010, 34-38.
[11] Kauffeld, S., Ochmann, S., & Hoppe, D. (2019). Arbeit und Gesundheit. In S. Kauffeld (Ed.), Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (3rd ed., pp. 167-210). Berlin, Germany: Springer-Verlag.
[12] Brockhaus (2014). Digitalisierung. Verfügbar unter: https://brockhaus.de/ecs/enzy/article/digitalisierung
[13] Kauffeld, S. & Sauer, N. C. (2018). Vergangenheit und Zukunft der Arbeits- und Organisationspsychologie. In S. Kauffeld (Ed.), Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie für Bachelor (3rd ed., pp. 21-46). Berlin, Germany: Springer-Verlag.
[14] Börner, F., Kehl, C., & Nierling, L. (2017). Chancen und Risiken mobiler und digitaler Kommunikation in der Arbeitswelt (TAB-Arbeitsbericht Nr. 174).
[15] Mache, S. & Harth, V. (2020). Digitale Transformation in der Arbeitswelt und psychische Gesundheit. Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie, 70, 180-184. doi:10.1007/s40664-019-00369-3
[16] Gimpel, H., Lanzl, J., Regal, C., Urbach, N., Wischniewski, S., Tegtmeier, P., Kreilos, M., Kühlmann, T. M., Becker, J., Eimecke, J. & Derra, N. D. (2019). Gesund digital arbeiten?! Eine Studie zu digitalem Stress in Deutschland. Augsburg, Germany: Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT.
[17] Bretschneider, M., Drössler, S., Magister, S., Zeiser, M., Kämpf, D., & Seidler, A. (2020). Digitalisierung und Psyche – Rahmenbedingungen für eine gesunde Arbeitswelt. Ergebnisse des Projektes GAP. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 74, 63-75. doi:10.1007/s41449-020-00206-x
[18] Maier, G., Heckhausen, J. & Steinmann, B. (2018). Management persönlicher beruflicher Ziele. In S. Kauffeld & D. Spurk (Eds.), Handbuch Karriere und Laufbahnmanagement (pp. 1-25). Berlin, Germany: Springer. doi:10.1007/978-3-662-45855-6_6-1
[19] Kauffeld, S. & Gessnitzer, S. (2018). Coaching: Wissenschaftliche Grundlagen und praktische Anwendung. Stuttgart, Germany: Kohlhammer.
[20] Bundesagentur für Arbeit. KURSNET. Verfügbar unter: https://kursnet-finden.arbeitsagentur.de/kurs/

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